Netzschutz
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Der Netzschutz ist die Technik, die dazu dient, das elektrische Energieübertragungsnetz vor den Auswirkungen von Fehlern (Kurzschluss, Erdschluss) in einzelnen Netzteilen zu schützen. Die Netzschutzgeräte messen über Stromwandler den Strom und eventuell auch die Spannung (mittels Spannungswandler) und müssen den Fehlerfall vom Normalbetrieb unterscheiden. Wenn der Fehlerfall festgestellt wird, dann wird der dazugehörige Leistungsschalter ausgeschaltet und somit das fehlerhafte Netzteil vom restlichen Versorgungsnetz getrennt. Dieses bleibt so vor den Auswirkungen des Fehlers geschützt.
In Deutschland werden in Mittel- und Hochspannungsnetzen üblicherweise Distanzschutzgeräte oder UMZ-Schutzgeräte eingesetzt. Bei vorhandenen Nachrichtenwegen werden auch Leitungsdifferentialschutzgeräte genutzt. Diese sind im Gegensatz zu den Distanz- und UMZ-Schutzgeräten streng selektiv (Schutzbereich zwischen den Stromwandlern auf den beiden Seiten).
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[Bearbeiten] Schmelzsicherung
Die klassische Schmelzsicherung ist eigentlich der einfachste und effektivste Schutz von allen. Allerdings sind ihm Grenzen gesetzt, wenn es um die Abschaltleistung geht. Er benötigt keine Hilfsenergie wie die weiter unten stehenden Systeme.
[Bearbeiten] UMZ-Schutz
Bei einem UMZ-Schutz (unabhängiger Maximalstromzeitschutz) wird beim Überschreiten eines eingestellten Strombetrages, z. B. 400 Ampere, nach Ablauf der zugehörigen Verzögerungszeit ein Signal zum Ausschalten des Leistungsschalters erteilt. Die Verzögerungszeit ist unabhängig vom tatsächlich fließenden Strom, das heißt es ist egal, ob z. B. nun 450 Ampere oder 4500 Ampere fließen. (englisch: definite time-delay overcurrent protection)
[Bearbeiten] UMZ-R-Schutz
Bei diesem Schutz wird zusätzlich zum Strom auch die Netzspannung ausgewertet und ein möglicher Netzfehler bekommt nun eine Richtung. Damit lassen sich Fehler in Vorwärtsrichtung und in Rückwärtsrichtung bezogen auf den Relaiseinbauort unterscheiden. Diese Fehler können dann mit unterschiedlichen Zeiten aus dem Netz geschaltet werden. Damit lässt sich in einfach vermaschten Netzen mit einfachen Schutzgeräten gutes selektives Verhalten erreichen.
[Bearbeiten] AMZ-Schutz
Der abhängige Maximalstromzeitschutz arbeitet nach dem Überschreiten eines eingestellten Ansprechstromes. Nach der Überschreitung ist die Auslösezeit eine Funktion des tatsächlich fließenden Fehlerstromes. Bei den heutigen digitalen Relais lassen sich dort verschiedene Auslösecharakteristiken einstellen. Bei einem Vergleich mit Schmelzsicherungen kommt der AMZ-Schutz prinzipiell sicherlich am Nächsten. Auch hier ist die resultierende Auslösezeit abhängig vom Fehlerstrom und es gibt auch hier verschiedene Charakteristiken.
[Bearbeiten] Distanzschutz
Der Distanzschutz benötigt zum fehlerfreien Einmessen von Fehlern ebenfalls Strom und Spannung. Aus diesen beiden Größen wird dann im Fehlerfall die Impedanz (Scheinwiderstand) berechnet. Jedem Widerstandswert ist dabei eine Auslösezeit zugeordnet. Moderne digitale Distanzschutzrelais bieten mehrere Auslösezeiten. Fehler, die näher an der Messstelle des Distanzschutzes liegen, werden daher schneller abgeschaltet als weiter entferntere Fehler. Auch hier ist die Richtung des Fehlers erkennbar und so kann ein Fehler in Vorwärtsrichtung mit z.B. 0,12 Ohm mit einer Zeit von 0,05 sec aus den Netz geschaltet werden, während bei der gleichen betragsmäßigen Impedanz von 0,12 Ohm in Rückwärtsrichtung der Fehler mit 1,5 sec. aus dem Netz geschaltet wird.
[Bearbeiten] Trafo-Differentialschutz
Für den Schutz von Transformatoren werden Transformatordifferentialschutzgeräte genutzt. Bei einem Trafodifferentialschutz werden die Ströme der Oberspannungs- und der Unterspannungsseite ermittelt. Die Ströme werden dann auf eine Bezugsseite des Transformators umgerechnet. Nun sollte - unter Berücksichtigung des Übersetzungsfaktors - die Summe der zufließenden Ströme gleich der Summe der abfließenden Ströme sein. Wird diese Grundforderung nicht eingehalten, neigt der Schutz zum Auslösen.
Aufgrund der Fehler der Stromwandler ist immer ein geringer messtechnischer Fehlerstrom vorhanden. Um auch bei Fehlern außerhalb des Transformatorbereiches sicher und selektiv auf den Fehler reagieren zu können, werden in den Schutzgeräten einige Berechnungen angestellt (Bilden von Stabilisierungs- und Differentialströmen, Ermittlung von Einschaltvorgängen anhand von Oberwellen etc.). Zusätzlich als Reserveschutz für den Umspanner sind auch Distanz- und/oder UMZ-Schutzgeräte am Umspanner mit im Einsatz.
[Bearbeiten] Leitungs-Differentialschutz
Der Leitungsdifferentialschutz funktioniert nach dem gleichen Grundprinzip wie der Trafo-Differentialschutz. Allerdings wird hier ein Nachrichtenweg genutzt, um den Messwert des Stromes von der einen Seite der Leitung zur anderen Seite zu übertragen. Somit kennen beide Schutzgeräte den eigenen und den Strom der Gegenstelle. Wird hier eine Differenz festgestellt, werden über die zugeordneten Leistungsschalter die Leitung abgeschaltet.
Digitale Schutzeinrichtungen können bei Ausfall des Nachrichtenweges meistens noch als UMZ-Schutz betrieben werden. Allerdings fehlt dann die strenge Selektivität des Leitungsdifferentialschutzes. Zusätzlich als Reserveschutz für die Leitung sind auch Distanz- und/oder UMZ-Schutzgeräte auf beiden Seiten der Leitung mit im Einsatz.
[Bearbeiten] Sammelschienenschutz
Nach dem Messprinzip des bewerteten Stromvergleichs vom Differentialschutz arbeitet auch der Sammelschienenschutz. Dieser schützt Sammelschienen mit extrem kurzen Auslösezeiten. Bei digitalen Sammelschienenschutzsystemen wird üblicherweise bereits nach 15 ms ein Fehler erkannt und der Sammelschienenbereich sammelschienenselektiv abgeschaltet.
Im Bereich der Mittelspannungsanlagen findet man gelegentlich einfache Sammelschienenschutzsysteme vor (rückwärtige Verriegelung). Hierbei werden die Schutzeinrichtungen der Leitungsabgänge genutzt, um eine Auslösestufe am Umspannerschutz zu blockieren. Diese Art des Schutzes setzt voraus, dass kein Kurzschlussstrom aus dem Netz in Richtung Sammelschiene fließt.
[Bearbeiten] Unterfrequenzschutz
Bei dem Unterfrequenzschutz wird die Netzfrequenz als Messgröße gemessen und bewertet. Sollte die Netzfrequenz aufgrund eines Leistungsdefizites sinken, werden nach einem dreistufigen Entlastungsplan einzelne Regionen gezielt ausgeschaltet, um ein Gleichgewicht zwischen erzeugter und genutzter Leistung wieder herzustellen. Siehe auch Unterfrequenz.
[Bearbeiten] Überfrequenzschutz
In diesem Fall ist die abgenommene Netzleistung kleiner als die aktuell erzeugte und eingespeiste Leistung der Maschinensätze. Nun wird die Leistung in die Rotationsenergie der Generatoren geliefert und diese werden beschleunigt. Beim Überschreiten einer festgelegten Frequenz erfolgt eine Warnung bzw. eine automatische Abschaltung des Maschinensatzes. Auch hier ist es das Ziel mit der Abschaltung die Maschine zu schützen und einen stabilen Zustand im Netz wieder herzustellen.