Plasmafraktionierung
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Plasmafraktionierung ist ein Prozess zur Reinigung und Konzentrierung von Proteinen aus dem menschlichen Blutplasma. Dabei werden die unterschiedlichen Eigenschaften der verschiedenen Plasmaproteine hinsichtlich ihrer Löslichkeit bei wechselnden physikalischen oder chemischen Bedingungen genutzt. Es kommen beispielsweise die folgenden Bedingungen zur Anwendung: pH-Wert, Temperatur, Ionenstärke, Verhalten gegenüber Lösungsmitteln, Interaktion mit festen Trägersubstanzen. Plasmafraktionierung wird in Anlagen, die zur Verarbeitung von mehreren tausend Litern ausgelegt sind, also in industriellem Maßstab, durchgeführt. Aus den isolierten Proteinen hergestellte Produkte (Plasmaprodukte) dienen als Medikamente zur Behandlung von angeborenen und erworbenen Störungen der Blutgerinnung und der Immunabwehr, sowie bei Schocks durch großen Blutverlust oder bei schweren Verbrennungen und weiteren Krankheitszuständen.
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[Bearbeiten] Plasmagewinnung
Plasma für die Plasmafraktionierung wird meist durch Plasmapherese gewonnen. Aufgrund des hohen Bedarfs an Plasma von gesunden Spendern, wird diese Methode der Vollblutspende vorgezogen. Plasmapherese erlaubt kürzer Spendenintervalle und ein höheres Spendenvolumen. Die in einen Kunststoffbeutel entnommene Plasmaspende wird bei -25°C eingefroren und gelagert. Im Plasma gelöste Proteine sind verantwortlich für die Blutgerinnung, die Immunabwehr, den kolloidosmotischen Druck, den Stofftransport und weiter lebensnotwendige Aufgaben.
[Bearbeiten] Aufarbeitung
Mehrere tausend Plasmabeutel werden im noch tiefgefrorenen Zustand aufgeschnitten und gemeinsam in einem großen, temperierbaren Behälter langsam aufgetaut. Die Temperatur im so entstehenden Plasmapool beträgt etwa +1°C. Wie Judith Pool Mitte der 1960er Jahre fand, lösen sich dabei aber nicht alle im Plasma enthaltenen Proteine sofort wieder auf. Es bildet sich ein trüber Niederschlag (Kryopräzipitat), der durch Zentrifugieren vom übrigen Plasma getrennt werden kann. Der Überstand, das kryoarme Plasma, enthält nach diesem Arbeitsschritt noch zahlreiche Proteine und ist kein Abfallprodukt. Im Kryopräzipitat sammeln sich die für die Blutgerinnung wichtigen Proteine Faktor VIII, von-Willebrand-Faktor und Fibrinogen an. Die Geschwindigkeit und der Temperaturverlauf beim Auftauen entscheiden über die Qualität des Kryopräzipitats. Aus dem Kryopräzipitat werden die genannten Proteine durch weiter Fällungen und chromatographische Reinigungsschritte isoliert und durch Ultrafiltration ankonzentriert. Aus dem kryoarmen Plasma werden mit Hilfe der DEAE-Adsorption die Faktoren des Prothrombinkomplexes ( Faktor II, Faktor VII, Faktor IX und Faktor X) und durch QAE-Adsorption der C1-Inaktivator isoliert. Doch auch nach diesen Prozessschritten befinden sich nutzbare Proteine im kryoarmen Plasma, die durch Anwendung der Cohn-Fraktionierung gewonnen werden. Edwin J. Cohn hat dieses Verfahren in den 1940er Jahren entwickelt. Dabei wird dem kryoarmen Plasma Ethanol in immer höheren Konzentrationen zugefügt und die Temperatur unter 0°C abgesenkt. Bei einer Ethanolkonzentration von 8% wird unter anderem der Faktor XIII unlöslich und fällt in Form eines Niederschlags (Präzipitat) aus. Das Präzipitat kann durch Zentrifugation oder Filtration abgetrennt werden. Es ist ein stabiles Zwischenprodukt (Intermediat) und tiefgefroren einige Wochen lagerfähig. Zur Weiterverarbeitung wird das Präzipitat aufgetaut und in einem Puffer gelöst. Aus diesem wird dann durch Fällung und Chromatografie der Faktor XIII aufgereinigt. Aus dem Überstand der 8% Ethanolfällung wird durch Adsorption an ein Heparinharz Antithrombin III gewonnen. Durch weiteres hinzufügen von Ethanol präzipitieren bei einer Konzentration von 20-25% die Immunglobuline. Aus diesem Intermediat kann ein hyperimmunes Globin gewonnen werden. Durch geeignete Aufreinigung (z.B. Affinitätschromatographie) ist es aber auch möglich, spezifische Antikörper zu isolieren. So können passive Impfstoffe gegen viele Krankheitserreger bereitgestellt werden, wie zum Beispiel Hepatitis B, Diphtherie, Tetanus und Tollwut. Am Ende der Cohn-Fraktionierung wird die Konzentration des Ethanols auf 40-42% eingestellt. Dadurch wird Albumin unlöslich und kann abgetrennt werden.
[Bearbeiten] Sicherheit
Blutplasma augenscheinlich gesunder Spender dient als Ausgangsmaterial für die Plasmafraktionierung. Bereits durch die Auswahl geeigneter Spender soll das Risiko der Übertragung von Krankheiten von Anfang an minimiert werden. Aber wie jedes Material biologischen Ursprungs, birgt auch Plasma trotzdem das Risiko einer Krankheitsübertragung in sich. Jede einzelne Spende für sich und später der Plasmapool werden mit hoch empfindlichen Methoden auf Krankheitserreger, vor allem Hepatitis B und HIV, untersucht. Durch den Prozess der Plasmafraktionierung findet eine Abreicherung möglicherweise vorhandener Krankheitserreger statt. Eine komplette, sichere Eliminierung oder Inaktivierung kann das Verfahren jedoch nicht leisten. Deshalb müssen in der Plasmafraktionierung an geeigneten Stellen so genannte Virusinaktivierungsschritte, besonders zum Schutz vor Hepatitis B und HIV, aber auch anderen Krankheitserregern, enthalten sein. Etabliert ist seit den 1960er Jahren die Pasteurisierung bei +60°C über 10 Stunden und seit den 1990er Jahren zusätzlich die Nanofiltration. Voraussetzung für diese Maßnahmen sind hitzestabile Intermediate und im Fall der Nanofiltration eine ausreichende Verdünnung der enthaltenen Stoffe, deren Molekulargröße darüber hinaus auch klein genug sein muss. Doch trotz aller Bemühungen, bleibt immer ein Restrisiko.
[Bearbeiten] Effizienz des Verfahrens
Das Ziel der Plasmafraktionierung sind reine, konzentrierte Proteinlösungen, deren Funktion durch möglichst schonende Behandlung und Konservierung (meist Gefriertrocknung) erhalten bleiben soll. Teile des Verfahrens sind heute über 60 Jahre alt und in der Vergangenheit nur wenig verändert worden. Durch das immer knappe und teure Ausgangsmaterial kommt es zur Forderung nach einer effizienteren Durchführung der Plasmafraktionierung. So soll aus möglichst wenig Ausgangsmaterial immer mehr Produkt hergestellt werden (Ausbeutesteigerung). Doch dieser Forderung kann oft nur in einem engen Rahmen entsprochen werden. So können vermeintliche Verbesserungen im Herstellverfahren zwar dessen Reinheit erhöhen und die Ausbeute steigern, jedoch darf dabei kein Missverhältnis zu stabilisierenden Hilfsproteinen entstehen. Andernfalls kann die biologische Wirksamkeit der aktiven Proteine vermindert werden.
[Bearbeiten] Literatur
- A. Gröner, S.C. Martin, Viruseliminierung durch Reinigungsschritte während der Produktion von Plasmapräparaten. Die gelben Hefte 38: 81 (1998), http://www.diegelbenhefte.de/
- P.F.W Strengers, W.G. Van Aken u.a., Blut – Von der Magie zur Wissenschaft. Spektrum Akademischer Verlag (1996), ISBN 3-86025-364-6
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