Politainment
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Politainment (Kontamination aus den Wörtern Politik und Entertainment) bezeichnet die Verknüpfung von Politik und Unterhaltungskultur. Dabei sind laut dem Medienwissenschaftler Andreas Dörner zwei Ebenen feststellbar:
- Unterhaltendende Politik: Politische Akteure greifen auf Instrumente und Stilmittel der Unterhaltungskultur zurück, um ihre Ziele zu verwirklichen.
- Politische Unterhaltung: Die Unterhaltungsindustrie verwendet gezielt politische Figuren, Themen und Geschehnisse, um so ihre Produkte interessant und attraktiv zu gestalten.
Als typisches, gleichwohl gescheitertes, Beispiel für die Ebene der unterhaltenden Politik gilt die so genannte "Swimmingpool-Affäre" des ehemaligen Verteidigungsministers Rudolf Scharping. Der SPD-Politiker versuchte über einen Bericht in der "Bunten", sein als spröde geltendes Image zu verändern, indem er sich mit seiner Lebensgefährtin Gräfin Pilati im Swimmingpool auf Mallorca ablichten ließ. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung war allerdings unglücklich gewählt, da Scharping unmittelbar darauf Bundeswehrsoldaten auf einen Auslandseinsatz nach Mazedonien schicken musste.
Als Beispiel für politische Unterhaltung kann unter anderem die "Lindenstraße" herangeführt werden. Immer wieder werden in der Serie Bezüge zur aktuellen Politik hergestellt oder gesellschaftlich umstrittene Themen wie Homosexualität oder AIDS aufgegriffen.
Die Beimengung von Unterhaltungselementen in die politische Rede bzw. die politische Berichterstattung, in politisches Agieren insgesamt, wird oft als bedenklich bewertet, da allzuleicht konkrete Inhalte und Aussagen der ansprechenden Aufmachung weichen. Diese kulturkritische Warnung gilt darum hier genau wie für die Phänomenen Infotainment und Edutainment. Eine positivere Option ist es, Politainment als eine Konsequenz aus weitverbreiteter Politikverdrossenheit zu verstehen, die tatsächlich dazu dient, dem Durchschnittsbürger Politik wieder näher zu bringen. Grundsätzlich schließen sich Information und Unterhaltung nicht aus. Allerdings gibt es Anzeichen, dass Politainment eher zu einer Verflachung des allgemeinen politischen Bewusstseins führt, da die Grenzen zum populären Journalismus der Boulevardpresse zunehmend unscharf werden.
[Bearbeiten] Literatur
- Dörner, Andreas Politainment. Politik in der medialen Erlebnisgesellschaft Frankfurt: Fischer TB, 2001 ISBN 3518122037
- Renger, Rudi Populärer Journalismus. Nachrichten zwischen Fakten und Fiktion Innsbruck u.a.: Studien Verlag, 2000 ISBN 3706515288
- Renger, Rudi/Wiesner, Christian (2002). Politik in Boulevardmedien. In. Fabris, Hans Heinz/Renger, Rudi/Rest, Franz (Hrsg.). Bericht zur Lage des Journalismus in Österreich. Ein Qualitäts-Monitoring – Erhebungsjahr 2001. Universität Salzburg, Fachbereich Kommunikationswissenschaft, 59-63.
- Renger, Rudi (2002). Politikentwürfe im Boulevard. Zur Ideologie von Tabloid-Formaten. In: Schicha, Christian/Brosda, Carsten (Hrsg.): Politikvermittlung in Unterhaltungsformaten. Medieninszenierungen zwischen Popularität und Populismus. Münster-Hamburg-London: Lit Verlag, 223-232