Réti-Eröffnung
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Bei der Réti-Eröffnung handelt es sich um eine Eröffnung des Schachspiels, benannt nach ihrem Erfinder Richard Réti. Sie sorgte um 1920 in der Schachwelt für Furore, da sie - damals sehr unkoventionell - nicht die sofortige Besetzung des Zentrums (die strategisch wichtigsten Felder d4, d5, e4, e5) durch Bauern zum Ziel hat.
Richard Réti begann in den 20er Jahren zahlreiche seiner Partien mit dem alten Zukertort-Zug 1. Sg1-f3, worauf zumeist mit 1. ... d7-d5 entgegnet wurde, um einen Bauern in das Zentrum zu stellen, was gemäß der klassischen Eröffnungstheorie (propagiert vor allem von Schachmeistern wie Siegbert Tarrasch) bereits einem Vorteil gleichkommen sollte. Nun führte Réti aber - anstatt des üblichen Zukertort-Zugs 2.d2-d4 - den aus Sicht der klassischen Theorie extravaganten Zug 2. c2-c4 ein, ein temporäres Bauernopfer, das die Entwicklung des Schwarzen behindern und seine Zentrumsstellung schwächen sollte.
Anfang bis Mitte des 20. Jahrhundert war diese Eröffnung noch sehr neu und unerforscht, Réti feierte mit ihr viele Erfolge und verfeinerte seine Strategie immer weiter. In einer berühmten Partie besiegte er mit seiner „Erfindung“ beim großen internationalen Turnier von New York 1924 sogar José Raúl Capablanca, den genialen Weltmeister, der vor dieser Niederlage zehn Jahre ungeschlagen war.
Heutzutage gilt die Eröffnung als eine gut erforschte und spielbare Variante, wenn auch die klassischen Züge 1. e2-e4 und 1. d2-d4 nachwievor mehr Anhänger haben.
[Bearbeiten] Varianten
Die übliche Spielweise von Réti lautet 1. Sg1-f3 d7-d5 2. c2-c4, und nun bleibt dem Schwarzen die Möglichkeit das (Schein-)Opfer anzunehmen (Weiß kann nach 2...d5xc4 mittels 3.Dd1-a4+ den Bauern unverzüglich zurückgewinnen, spielt aber normalerweise den viel feineren Zug 3.Sb1-a3, um die Dame nicht so früh ins Spiel zu bringen) oder abzuwarten, um sein Zentrum und seine Entwicklung nicht zu schwächen. Im zweiten Fall wird sich die Stellung den Konturen der Katalanischen Eröffnung annähern, da durch die Bauernkonstellation die Strategie beider Seiten vorgegeben ist. In vielen Fällen kann sich auch eine Stellung aus der Tarrasch-Verteidigung des Damengambits ergeben, ansonsten sind die Möglichkeiten zahllos. Spielt man als Schwarzer jedoch 2. ... d5-d4, ergeben sich andere Stellungsbilder. Schwarz wird mit 3. ... c7-c5 versuchen, sich Raumvorteil im Zentrum zu sichern (es entsteht eine Art Benoni-Verteidigung mit vertauschten Farben), und es entbrennt, da Weiß dem eine aktive Verhinderungsstrategie entgegenzusetzen hat, ein langer positioneller Kampf ums Zentrum.
Zwei der größten zeitgenössischen Kenner der Réti-Eröffnung in Deutschland sind die Meisterspieler Karl-Heinz Podzielny und Klaus Bischoff.