Sparifankal
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Sparifankal war eine Münchner Band, die ab 1972 auftrat und bekannt war für ihre politischen Texte in bairischem Dialekt. Vorausgegangen waren die Lyrikbände "warum nacha ned" und "friss wos i sog", die M. Fruth und C.-L. Reichert unter dem Pseudonym Benno Höllteuffel geschrieben und auf Platte veröffentlicht hatten. Julius Schittenhelm, der die Aufnahmen zur Lyrikplatte gemacht hatte, stellte den Kontakt zum "Rübelmusiker" T. Obermaier her. Sparifankal lebte und arbeitete als Kommune im Kontext der sozialen und politischen Bewegungen der Siebzigerjahre. (Freie Konzerte, Benefize für Indianer, Alternative Weihnachtsfeste, Rock-Seminare, Musik mit sog. "Behinderten" etc.) Von 1975 bis etwa Anfang 1980 lebte man auf einem Bauernhof im Landkreis Altötting, in Pleiskirchen im "Hoizland". Dann löste sich die Band auf. Die Gründungsmitglieder Carl-Ludwig Reichert und Tillmann Obermaier arbeiteten in der Folgezeit als Zündfunkmoderatoren und Journalisten. Jan Dosch war Mitbegründer des Freien Musikzentrums in München. Nach 18 Jahren Pause trat Sparifankal Ende 1999 wieder auf. Carl-Ludwig Reichert: "Das war im Kafe Kult und da haben wir dann halt gespielt, es waren schon ein paar Leute da und die haben sich köstlich amüsiert und gleich den Pogo getanzt und ich hab gedacht, die verarschen uns jetzt, die haben da die größte Gaudi. Und dann spiel ich das zweite Stück, "Da Braune Baaz", und das war schon irgendwie ein Erlebnis, wenn da so zehn Irokesen vor dir stehen und das mitsingen. Die kannten das auswendig, ich hab´ gedacht, ich werd nicht mehr! Witzigerweise hat uns ja schon Anfang der 70er Jahre der Roman Bunka (damals Embryo) als Punks bezeichnet. Das ist im Englischen einfach ein Schimpfwort, so eben wie Sparifankal 'ungezogenes Kind' oder 'Teufel' auf Bairisch heißt. Punk heißt 'ungezogener Typ', 'Penner', und so weiter."
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[Bearbeiten] Geschichte
Aus der Beilage zur ersten Platte: "...sprechen und singen wir besonders unsere jüngeren Landsleute an, um sie auf gesellschaftliche Realitäten im Spätkapitalismus, spezielle Variante Bayern, in der freundlichen Form eines Rock-Konzerts hinzuweisen... Unsere Gruppe besteht aus Frauen und Männern, die einen jeweils verfügbaren Teil ihrer organisatorischen, kreativen und emotionalen Enrergien für Sparifankal-Aktivitäten zur Verfügung stellen. Solche Aktivitäten sind unter anderem:
- 1. Das Bayern-Rock-Programm
Für Freizeitheime, Theater, Klubs, Spielzentren, Open-Air und am liebsten freie Konzerte...
- 2. Das Rübeln
Lustbetonte Nichtnurselbsterfahrung durch spontane Kollektiv-Improvisationen...
- 3. Medienproduktionen
Kollektiv erarbeitete und produzierte Sendungen für Rundfunkanstalten, Fernsehauftritte.
- 4. Medienkritische Seminare
Ausführung und Durchführung mit theoretischen und praktischen Übungen (Rollenspiele, Herstellen akustischer Produkte, spontane Musik) hauptsächlich zum Thema Pop-Musik und Verwertungszusammenhänge.
- 5. Kontakt- und Informationsarbeit
zwischen undogmatischen Einzelpersonen und Gruppen, die wie wir ein Interesse an der Veränderung versteinerter Verhältnisse fröhlich und kooperativ in die Praxis umzusetzen versuchen.
- 6.Erhaltung und Ausbau eines alten Bauernhofs
auf dem wir seit Oktober 75 wohnen. Wo? Natürlich in Bayern".
In manche Rocklexika haben sie es nicht geschafft, im Gegensatz zu Amon Düül II oder Ton Steine Scherben, obwohl sie den einen weder musikalisch noch den anderen in der Radikalität der Texte nachstanden. In einige, auch internationale, aber doch, z. B. Ehnert: Deutschrock oder A Crack In The Cosmic Egg.
Sparifankal waren Mitgründer des Labels Schneeball Records.
Im Sommer 2005 löste sich Sparifankal auf. C.-L. Reichert widmet sich seither der Band "Wuide Wachl".
[Bearbeiten] Platten
Die erste Platte "Bayern-Rock" erschien erst 1976, nachdem die Gruppe schon mehrere Jahre lang zusammen gearbeitet hatte, aufgenommen damals im Februar bei Konzerten im Theater K in München und im Jugendhaus Picnic in Erding. Die Themen reichen von Konsumzwang (da braune baaz) über ein Liebeslied (i mechd de gean amoi nackad seng) bis hin zum "bluus fo da peamanentn razzia": Ein Lied über Hausdurchsuchungen, die in den 70-er Jahren viele politisch orientierte WGs in beinahe regelmäßigen Zeitabständen auszuhalten hatten. Musikalisch konnten sie schon auf ihrer ersten Platte alle Register ziehen. Auffallend ist, dass alle Instrumente relativ gleichberechtigt nebeneinander spielen, was damals recht selten bei Bands der Fall war.
"Huraxdax Drudnhax" kam zwei Jahre später in die Läden. "Im Joar 2000 do weads uns no rechd grausn do wead uns no wos blian wamma uns ned rian..." So beginnt ein Zwiefacher, der ausmalt, wohin sich das Leben um die Jahrtausendwende entwickeln könnte. So weit daneben lagen Sparifankal 1978 gar nicht. Und sie spielen fast alle Lieder auf akustischen Instrumenten. Das war vor fast 30 Jahren auch nicht gerade üblich.
"Negamusi" ist ein Doppelalbum, das 1981 erschien. Die Seiten 3 und 4 wurden im legendären Circus Gammelsdorf aufgenommen. Auffallend war, dass viele alte Texte von 1969 und 1970 mit Musik von 1980/81 versehen wurden. Die Gruppe rockte in klassischer Besetzung mit Ulli Bassenge am Bass und Rudi Haunreiter am Schlagzeug los - aber als man die Platte kaufen konnte, da hatte sich Sparifankal schon aufgelöst.
Das (bisher) letzte Werk, die CD "dahoam is wo anders" von 2004 ist die ausgereifteste Platte der Band. Voller Spiellust musizieren die Musikanten Rock´n Roll und Blues. Die Texte sind dabei hoch aktuell: afghanistan, dahoam, i wach auf in da fria, oaschichtiga mo. Die Globalisierung wird verknüpft mit dem Privaten: Die Lage der Welt spiegelt sich in den eigenen vier Wänden wieder. Bei ruhiger, gefälliger Musik wird der Alltagshorror erzählt. Musikalisch lebt die CD von den 6 beteiligten hochkarätigen Musikern: Neben den "Urmitgliedern" Jan Dosch, Till Obermaier-Kotzschmar und C.-L. Reichert sind Sparifankal Ulli Bassenge sowie die "Neuzugänge" Roland Duckarm und Judy Seutter dabei. Besonders reizvoll sind der fast falsettartige Gesang von C.-L. Reichert, der sich mit dem getragenen Bariton von Till Obermaier-Kotzschmar abwechselt. Manchmal singen auch beide im Duett, so bei "klaubauf" und " i woas ned".
[Bearbeiten] Besetzung
- Ulrich Bassenge - Bass, Orgel, Gesang (auf 3,4)
- Jan Dosch - Bass, Gitarre, Okarina, Gesang (auf 1,4)
- Roland Duckarm - Schlagzeug (auf 4)
- Butze Fischer - Schlagzeug, Tablas, Kuhglocken (auf 2)
- Rudi Haunreiter - Schlagzeug, Perkussion (auf 3)
- Florian Laber - Bass, Gesang (auf 1)
- Stefan Liedtke - Gitarre, Banjo, Mundharmonikas, Maultrommel, Brummtopf (auf 2)
- Tillmann Obermaier - Gesang, Dulcimer, (Stahlfinger-)Gitarre, Kazoo, Dulcimer, Sulna (auf 1,2,3,4)
- Carl-Ludwig Reichert - Gitarre, 12-saitige Gitarre. Gesang, Posthorn (auf 1,2,3,4)
- Anton Seutter von Loetzen - Gitarre (auf 4)
- Günther Sonderwald - Schlagzeug, Triangel (auf 1)
[Bearbeiten] Alben
- 1. LP Bayern-Rock, 1976
- 2. LP Huraxdax Drudnhax, 1978
- 3. DoLP Negamusi, 1981
- 4. CD Dahoam Is Wo Andas, 2004
[Bearbeiten] Arbeiten von Carl-Ludwig Reichert
Musik: LP Dullijöh, 1982, Trikont
- Carl-Ludwig Reichert - Gitarre,Gesang
- Herbert Alois Kapfer - 12-saitige Slidegitarre, Bassmundharmonika
- Werner Herbert Eckl - Gitarre, Gesang, Hiasl, Mandoline, Chor
- Stefan Liedtke - Banjo, Raffele, Slideraffele, Chor, Maultrommel, Uata, 1-saitige Kniegitarre
- Bernhard Ludwig Jugel - Conga, Becken, Koffer, Kofferschlagzeug, Hände, Tomtom, Percussion, Schellenring, Brummtopf, Chor
- Ulrich Heinz Ludwig Bassenge - Kontrabass, Chor, Okarina, Kalimba, Percussion
Literatur:
- Blues
Geschichte und Geschichten. dtv premium. CD incl., 2. Aufl.
- Marieluise Fleisser. dtv portrait
- Frank Zappa. dtv portrait
- Lieber keinen Kompass als einen falschen.
A1 Verlag. München 1997 Biogafie des Schriftstellers Max Mohr
- anti. r.w. fassbinder - portrait
hoerverlag. München 1995
vergriffen:
- Die Ducks. Psychogramm einer Sippe. rororo 1481
- Vine Deloria, jr.: Nur Stämme werden überleben
(New Turf, new tribes) Übersetzung Claus Biegert und CLR. lamuv-Verlag
Weitere Arbeiten siehe Homepage