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Tunnelratte

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Als Tunnelratten wurden US-amerikanische, australische und neuseeländische Soldaten bezeichnet, die im Vietnamkrieg die unterirdischen Tunnel der Vietcong „gesäubert“ haben. Manche dieser Tunnel waren kaum größer, als eine Person breit war, so dass es eine anstrengende und gefährliche Arbeit war. Die Soldaten waren keine Elitesoldaten, sondern wurden anfangs per Befehl dazu eingeteilt, später suchte man sich Männer dafür aus, die eine gewisse Begabung für diese Tätigkeit aufwiesen. Ihnen wurden zwar die Grundregeln des vietnamesischen Tunnelbaus erklärt, aber dies war mehr eine Ausbildung vor Ort, quasi „learning by doing“.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Entstehung und Grundlage

Die US-Infanterie hatte das Problem in Vietnam schnell erkannt: Immer wieder schlugen die Vietcong per Hinterhalt zu, anscheinend aus dem Nichts kommend und waren ebenso schnell wieder verschwunden. Als die Patrouillen verstärkt wurden, fand man schließlich kleine Löcher oder Falltüren in Bodenwellen oder Hügeln, die sehr gut getarnt waren. Ganze Gruppen von Soldaten wurden dort hineingeschickt und fanden aus vielen Gründen den Tod. So waren manchen Tunneleingänge Attrappen, die mit einer Sprengfalle ausgestattet waren (booby traps). Durch die Röhrenwirkung reichte dann eine Granate aus, um alle in dem Tunnel zu töten. War es ein echter Tunnel, so gerieten viele US-Soldaten bei Feinkontakt in Panik und schossen unkontrolliert um sich, wobei sie nicht selten mehr Kameraden töteten als Gegner.

Der Vietcong maß dem Anlegen von guten Tunnels sehr viel Beachtung bei, so wurden z. B. viele Verzweigungen eingebaut, die die gegnerischen Soldaten irreführen und in Fallen kriechen/laufen lassen sollten. So entstanden entgegengesetzt der Befehlskette Spezialisten, die alleine die Tunnel erkunden und ggf. feindliche Truppen bekämpfen mussten. Im weiteren Verlauf wurden dazu Leute ausgesucht, die sich aufgrund eines bestimmten Profils dafür am besten eigneten. Als sich diese Tunnelratten als recht erfolgreich erwiesen, begann man damit, jeder größeren Patrouille eine Tunnelratte zuzuteilen, bzw. ein Mitglied des Zuges dazu auszubilden. Dabei wurde diesen die Grundstrukturen von Vietcongtunneln beigebracht, spezielle Fortbewegungsformen, Anschleichen und das Zurechtfinden in solchen Anlagen.

[Bearbeiten] Einsatz

Fand eine Patrouille solch einen Zugang, so legte der Spezialist seine Ausrüstung nahezu komplett ab und kroch in das Erdloch, in der Regel nur mit einer Pistole und ein paar Handgranaten bewaffnet. Es ist ein Gerücht, dass diese Soldaten in irgendeiner Form spezielle Messerkämpfer waren. Kampfmesser dienen schon seit dem Zweiten Weltkrieg überwiegend dazu, Schnüre zu durchschneiden, Pfähle anzuspitzen oder Dosen zu öffnen, weniger dazu, Gegner zu töten. In manchen Fällen benutzte er eine Taschenlampe mit Rot- oder Grünfilter, dies wurde aber seltener verwendet, da dies die Vietcong im Tunnel hätte warnen können. Die Tunnel waren, wenn man den US-Soldaten rechtzeitig erkannte, gut zu verteidigen, weil die einzelnen „Räume“ des Systems oft nur mit schmalen Durchgängen verbunden waren. Diese konnte man meist nur auf dem Boden kriechend durchqueren, somit war die Tunnelratte verloren, wenn sie entdeckt wurde. Auf der anderen Seite hatte der US-Soldat den Vorteil, viel Schaden unter den Vietcong anzurichten, wenn er unbemerkt blieb. Waren in einem Raum mehrere Vietcong anwesend, so reichte eine Granate, um alle Personen auszulöschen. Fand er im ganzen System keine Feinde vor, so konnte er dennoch meist wichtige Unterlagen sicherstellen, selbst das System mit Sprengfallen versehen oder Waffen- und Munitionslager in die Luft sprengen. Ging bei einem dieser Einsätze etwas schief, so verlor die Squad oder das Platoon „nur“ einen Mann, anstatt wie zuvor gleich mehrere.

[Bearbeiten] Hintergrund

Die Tunnelsysteme in Vietnam waren äußerst verzweigt, manchmal waren ganze Landstriche untertunnelt. Wer eine Reise nach Vietnam macht, kann sich diese in einer Führung genauer ansehen. Es waren nicht einfach „Erdlöcher“ sondern glichen den Katakomben in Rom oder anderswo. Dazu gab es immer mehrere Zugänge, so dass es nicht ausreichte, einfach eine Granate in den Eingang zu werfen. Selbst wenn dieser dann zugeschüttet gewesen wäre, gab es immer noch mindestens zwei andere Zugänge zu dem angeschlossenen System. Durch geschickten und klugen Tunnelbau waren auch die Räume untereinander immer mehrmals miteinander verbunden, aber immer mit so geringen Ausmaßen wie nötig. So hätte auch ein Artilleriebeschuss nicht viel gebracht, weil vielleicht eine Kammer zugeschüttet worden wäre, das System an sich aber weiter bestanden hätte. Nur durch den Einsatz von Soldaten, die diese erkundeten war es möglich, notfalls auch mit einer groß angelegten „Säuberungsaktion“, diese Systeme auszuheben. Auch Flammenwerfer waren hier nicht von großen Nutzen, da ihre Mitnahme im Dschungel sehr heikel war und auch nur bis zur ersten Kammer reichten, die meist extra für die Abschwächung feindlicher Mittel angelegt worden war.

[Bearbeiten] Erfolg

Der Einsatz der Tunnelratten war für sich gesehen ein Erfolg, hatte man doch das Übel der Hinterhalte am Schopf gepackt und wirksam bekämpfen können. Es lag nicht in erster Linie an den Bodentruppen, weshalb die USA letztlich den Krieg in Vietnam verloren haben. Die Tunnelratten erreichten beim Vietcong Angst und vor allem nahmen sie ihnen das Gefühl, in ihren Tunneln vor den US-Truppen sicher zu sein. Mit Täuschungsanlagen wurde seitens des Vietcong versucht, dieser Sache Herr zu werden, allerdings war der Aufwand dafür zu groß. So mussten Wachen aufgestellt werden und die Systeme sicherer gemacht werden, was unterirdisch sich immer für beide Seiten auswirkte. Tunnelratten hoben zwar alleine keine Kompanien aus, aber erwarben mindestens weitreichende Erkenntnisse über ein System in einem Gebiet. Mit diesen Informationen konnten dann Einsätze der Infanterie besser geplant und durchgeführt werden. Allerdings beachtete der Stab diese Erfolge zu wenig, ebenso wie den Einsatz von Kampftrupps mit Hubschraubern. Hätte man sich dieser, von einem Stabsoffizier einmal als ...feige Einsätze auf dem Niveau derer, die wir bekämpfen... bezeichnet, Methoden mehr zugewandt, wäre es für die Vietcong sicher schwieriger geworden. Aber das Pentagon und die oberen Kommandeure vor Ort beharrten eher auf groß angelegte Bombereinsätze und Taktiken aus dem Korea- und Weltkrieg.

[Bearbeiten] Weiterer Verlauf

Seit Vietnam hatten die US-Amerikaner keinen Krieg mehr, der derartige Spezialisten benötigte. Alle kriegerischen Auseinandersetzungen danach fanden auf der Oberfläche statt, erst mit Enduring Freedom in Afghanistan hatten sie wieder mit Tunnelsystemem zu tun. Diese waren aber anders konstruiert und z.T. Jahrhunderte alt. Diese waren außerdem mit denen in Vietnam nicht zu vergleichen, da sie zwar auch weitverzweigt waren, aber in erster Linie als Rückzugsort galten und weniger, um als Start- und Endstationen von Hinterhaltangriffen zu dienen. Zusätzlich war der technische Fortschritt der US-Amerikaner derart weit, dass sie mit speziellen Smart Bombs (Bunkerknackern etc.) diese Tunnelsysteme komplett ausbrennen können, vor allem, weil diese in Afghanistan hauptsächlich in Berggestein geschlagen sind und nicht wie in Vietnam, im Dschungel eingegraben. Allerdings werden heute noch bei der US-Army noch immer Soldaten für diese Aufgabe ausgebildet, wenn sie auch nicht mehr zum Einsatz kommen.

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