Vielborster
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Polychaeta | ||||||||||||
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Vielborster (Polychaeta) sind eine Klasse der Ringelwürmer (Annelida), deren Bauplan gegenüber der anderen traditionellen Ringelwurmklasse Clitellata meist als relativ urtümlich angesehen wird. Der Formenreichtum der Vielborster ist allerdings derartig groß, dass bislang keine Einigkeit darüber erzielt werden konnte, welche Vielborster-Gruppe eine urtümliche Merkmalszusammensetzung repräsentiert (siehe hierzu Abschnitt "Morphologie"). Vielborster haben ihren Namen von den zahlreichen Borsten, die an jedem Segment als Stützelemente und Fortbewegungsapparate dienen.
Vielborster leben bis auf wenige Ausnahmen im Meer. Hier besiedeln sie alle Lebensräume, so beispielsweise den freien Wasserkörper (Pelagial) als Teil des Zooplanktons, die Uferzonen und den permanent wasserbedeckten Bereich (Sublitoral). Es gibt frei bewegliche („Errantia“) und sessile Arten („Sedentaria“). Diese Untergliederung erfolgt nur noch rein funktionell, systematisch ist sie jedoch überholt. Die gut 10 000 beschriebenen Arten werden in bis zu 24 Ordnungen mit über 80 Familien eingeteilt. Auf morphologischer und molekularbiologischer Basis bestehen aber zur Zeit erhebliche Zweifel, ob die Vielborster eine Abstammungsgemeinschaft (Monophylum) bilden. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, muss auch die Monophylie der Ringelwürmer insgesamt in Frage gestellt werden.
Die Formenvielfalt der Vielborster muss im Zusammenhang mit der Besiedelung diverser Lebensräume verstanden werden. Hierbei wurden außerdem sehr unterschiedliche Strategien des Nahrungserwerbes entwickelt. Einige Formen sind Jäger und mit großen, gut funktionierenden Augen ausgestattet (zum Teil mit Linse), andere sind Aas- und Substratfresser oder Weidegänger, wieder andere, vor allem Sedentaria, filtrieren ihre Nahrung aus dem umgebenden Wasser. Besonders ungewöhnlich sind die Röhrenwürmer der Gattung Riftia, die ihre Nahrung in der lichtlosen Tiefsee durch symbiontische Archaeen beziehen, die ihrerseits ihre Energie chemotroph aus Schwefelwasserstoff (H2S) in der Umgebung hydrothermaler Quellen (Schwarzer Raucher) gewinnen. Riftia besitzt keinen Darm.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Diagnose
Als Beispiel für eine typische Vielborster-Organisation wird häufig die Gruppe der Nereiden genannt, etwa Platynereis dumerilii, eine besonders gut untersuchte Polychaetenart aus dem Mittelmeer, die seit Ende der 1990er Jahre auch als entwicklungsgenetischer Modellorganismus etabliert wurde.
[Bearbeiten] Morphologie
Vielborster sind primär segmentierte Tiere mit sekundärer Leibeshöhle (Coelom), diese typischen Ringelwurm-Merkmale können aber bei sehr spezialisierten oder verkleinerten Formen verloren gehen. Als höchstwahrscheinlich sehr urtümliches, gruppenspezifisches Merkmal besitzen die einzelnen Segmente paarige Anhänge (Parapodien) zur Fortbewegung, welche von zahlreichen chitinösen Borsten durchzogen sind. Die Chaetae genannten Borsten können als kurze Form oder als Schwimmborsten ausgebildet sein und dienen mit ihren diffizil ausgebildeten Spitzen als Halte- oder Paddelvorrichtungen. Eine weitere Borste ist die sogenannte Stützborste oder Acicula, die je nach Ausprägung des Parapodiums einzeln oder paarig, quasi als Innenskelett die Parapodien stützt. Polychaeten besitzen wie alle Ringelwürmer ein Hydroskelett. Anders als etwa Fadenwürmer haben sie jedoch einen flexibleren und besser beweglichen Hautmuskelschlauch: Unter der Epidermis liegt eine äußere Ring- und eine innere Längsmuskelschicht, die komplexer Bewegung ermöglicht. Die Mundöffnung liegt vom Prostomium verdeckt, im Metastomium. Der Schlund (Pharynx) ist hervorstülpbar und meist bezahnt (besonders bei räuberischen Arten). Das Darmrohr verläuft gerade durch die Segmente und endet mit der Afteröffnung im Pygidium, dem letzten Segment im Hinterende der Tiere. Ein weiteres typisches Merkmal sind die Nuchalorgane, bei denen es sich um paarige chemosensorische Einrichtungen im Kopfabschnitt handelt. Als Negativmerkmal ist im Vergleich zu der anderen traditionellen Ringelwurmklasse, den Clitellata, das Fehlen eines Clitellums zu nennen.
[Bearbeiten] Atmung und Blutgefäßsystem
- geschlossenes Blutgefäßsystem
- ein Dorsalgefäß und ein Ventralgefäß durchziehen den Körper in Längsrichtung und stehen durch Ringgefäße miteinander in Verbindung; das Rückengefäß ist kontraktil und wirkt als Herz.
- pro Segment befindet sich ein Paar Nephridien
- Zur Atmung sind oft, besonders bei größeren Arten, Kiemen ausgebildet. Diese sind meist als Anhänge an den Parapodien zu finden. Bei kleineren Arten genügt häufig die Haut- oder Darmatmung, so dass sie auf Kiemen verzichten können.
Sessile oder in Röhren lebende Arten haben teilweise Verhaltensweisen entwickelt, um die sauerstoffarme Umgebung durch Bewegung mit sauerstoffreicherem Wasser zu versorgen, oder sie haben besondere Kiemenstrukturen ausgebildet.
[Bearbeiten] Fortpflanzung
- pro Segment ist ein Paar Gonaden zu finden
- getrenntgeschlechtlich (selten Zwitter)
- Befruchtung geschieht außerhalb des Körpers
- Trochophora-Larve
[Bearbeiten] Nervensystem und Sinnesorgane
Am Kopfabschnitt sitzen Prostomium (Kopflappen) und Peristomium (Mundsegment). Dort befinden sich auch die Palpen (Tastorgane), Antennen und Augen, welche für das Auffinden der Nahrung notwendig sind. Am Prostomium sitzen chemische Sinnesorgane (Nuchalorgane). Das cephalisierte „Zentralnervensystem“ besteht aus dem Ober- und dem Unterschlundganglion welche über die Schlundkonnektive mit dem Bauchmark (oft lässt sich pro Segment ein Paar Ganglien finden) verbunden sind.
[Bearbeiten] Einige Beispiele
- Grüner Meerringelwurm (Nereis virens)
- Eusyllis blomstrandi
- Kiemenringelwurm (Scoloplos)
- Kotpillenwurm (Heteromastus)
- Osedax
- Palolowurm
- Platynereis dumerilii
- Riftia
- Sandpierwurm
- Seemaus (Aphrodita aculeata)
- Seeringelwurm (Nereis diversicolor)
- Wattwurm (Arenicola marina)
- Weihnachtswurm (Spirobranchus giganteus)
[Bearbeiten] Weblink
Commons: Vielborster – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |