Wesensglieder

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In der Nomenklatur der Anthroposophischen Weltanschauung werden als Wesensglieder verschiedene Ebenen des menschlichen Wesens benannt. Es existieren verschiedene Schemata, nach denen vier, sieben oder neun Wesensglieder unterschieden werden. Generell werden dabei über den physischen Leib hinaus, der allein mit den gewöhnlichen Sinnen wahrgenommen und naturwissenschaftlich untersucht werden kann, weitere „übersinnliche“, seelische oder geistige Wesenskomponenten postuliert, welche durch übersinnliche Forschungsmethoden erkennbar sein sollen.

Das einfachste, viergliedrige Schema entspricht der traditionellen Unterscheidung der vier „Reiche“: der Mineralien, der Pflanzen, der Tiere und der Menschen. Es ist auch vergleichbar mit der ontologischen Schichtenlehre Nicolai Hartmanns, die eine anorganische, eine organische, eine seelische und eine geistige Schicht unterscheidet. Der hauptsächliche Unterschied zu diesen Anschauungen besteht darin, dass die anthroposophische Wesensgliederlehre für die höheren Schichten oder Ebenen eine übersinnliche Erkenntnis für sich in Anspruch nimmt.

Für die organische und die seelische Komponente dieses viergliedrigen Schemas übernahm Rudolf Steiner (1861-1925), der Begründer der Anthroposophie, Bezeichnungen aus der hinduistisch geprägten Theosophie: Ätherleib und Astralleib. Synonym sprach er jedoch auch vom Lebensleib und vom Empfindungs- oder Seelenleib. Inhaltlich sind diese Begriffe mit den älteren theosophischen und hinduistischen Anschauungen verwandt, aber nicht identisch. Das vierte, nur dem Menschen zukommende Wesensglied nannte Steiner „Ich“. Tiere haben dieser Lehre zufolge kein Ich, sondern nur die drei leiblichen Wesensglieder. Pflanzen besitzen einen physischen und einen ätherischen Leib, Mineralien (und überhaupt alles Tote) nur den physischen.

Im siebengliedrigen und im neungliedrigen Schema wird der Begriff „Ich“ durch eine weitere Untergliederung in seelische und „geistige“ Wesensglieder ersetzt. Dabei entspricht „seelisch“ etwa dem, was durch innere Selbstbeobachtung als das eigene seelische Innenleben erfahrbar ist. Die „geistigen“ Wesensglieder hingegen werden als heute gewöhnlich noch kaum entwickelte höhere Ebenen des Bewusstseins dargestellt. „Geist“ hat in dieser Terminologie also eine erheblich andere Bedeutung als im sonstigen Sprachgebrauch.

Die höheren Wesensglieder (d.h. alle außer dem physischen Leib) sollen für „geistige“ Wahrnehmungsorgane erkennbar sein. Diese Organe könnten sich bei einzelnen Menschen spontan entwickeln, seien aber auch durch eine systematische Schulung (der anthroposophische Schulungsweg) gezielt entwickelbar. Bei dieser höheren Erkenntnis unterschied Steiner drei Stufen, welche er Imagination, Inspiration und Intuition nannte. (Auch diese Worte haben hier eine ganz andere Bedeutung als im sonstigen Sprachgebrauch.)

Daneben wurden von Anthroposophen spezielle Untersuchungsmethodiken entwickelt, die aufgrund der behaupteten Eigenschaft des Ätherischen, sich auf strömende Flüssigkeiten gestaltend auszuwirken, Qualitäten ätherischer Wirkungen sichtbar machen sollen („bildschaffende Methoden“: Empfindliche Kristallisation nach E. Pfeiffer, Steigbildmethode, Tropfbildmethode). In diesen sollen auch die Auswirkungen der höheren Wesensglieder (Astralleib und Ich-Organisation) auf den Ätherleib sichtbar werden. Deshalb werden insbesondere die Kristallisationsmethode und die Steigbildmethode - mit verdünntem Blut durchgeführt - zur Hilfestellung bei der Diagnostik von Krankheitszuständen und Krankheitsdynamik im Bereich der Anthroposophischen Medizin herangezogen. Diese bildschaffenden Methoden sind jedoch auch unter Anthroposophen umstritten und werden auch in der Anthroposophischen Medizin eher nur am Rande verwendet.