Zwölftafelgesetz
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Das Zwölftafelgesetz (lat. Leges duodecim tabularum) ist eine um 450 v. Chr in Rom entstandene Gesetzessammlung, die in zwölf hölzernen Tafeln auf dem Forum Romanum ausgestellt war.
Die Schaffung des Zwölftafelgesetzes markiert den Höhepunkt der frühen Auseinandersetzungen zwischen Patriziern und Plebejern in der Römischen Republik. In der nachfolgenden Zeit wurden sie vielfach ergänzt und ausgebessert.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Vorbilder & Einflüsse
- Gesetzgebung des Solon 594 v.Chr.
- Gesetze des Minos auf Kreta
- Gesetze des Drakon
- spätetruskisches und frührömisches Gewohnheitsrecht
Entstehung
Lange Zeit wurden die Gesetze Roms nur mündlich überliefert. Jedoch waren nur wenige im Stande und befugt, den über Generationen hinweg zusammengetragenen Schatz an Gesetzen zu überschauen und auszulegen; in Rom war es wohl das Kollegium der Pontifices.
Allmählich begannen sich ganze Volksteile darüber zu empören, der Willkür weniger Rechtswahrer (Juristen) hoher Abkunft ausgeliefert zu sein. Schließlich führten Ständekämpfe dazu, dass (angeblich 451 v. Chr.) eine Kommission von 10 Männern das Gesetz auf 10 Bronzeplatten festschrieb. Es wird über dieses so genannte „Decemvirat“ (lat. decem viri: zehn Männer) berichtet, dass aus dem Prätor, den beiden amtierenden Konsuln, drei Gesandten nach Griechenland und vier weiteren Männern, die jedoch nur dazu dienten, auf die symbolische Zahl zehn zu kommen, bestand. Ob dies zutrifft, ist vollkommen unklar.
Die 10 Tafeln wurden auf der Rednerbühne des Forums ausgestellt. Die darin enthaltenen Regelungen hatten jedoch offensichtlich noch Lücken, weswegen noch im selben Jahr zwei weitere Tafeln hinzukamen. Wie sich schon aus der Zusammensetzung des Decemvirats erahnen lässt, orientierte man sich dabei an griechischen Vorbildern, etwa den solonischen bzw. drakonischen Gesetzen Athens. Doch die „fremden“ Gesetze wurden nur dort übernommen, wo man es für unbedingt notwendig hielt.
In erster Linie waren die 12 Tafeln die Fixierung altrömischer Rechtsgrundsätze. An sich wäre das noch nichts Besonderes gewesen (der babylonische König Hammurapi ließ schon im 17. Jahrhundert v. Chr. Gesetze in Stein hauen), doch die Römer begründeten die erste Wissenschaft vom Recht. Die Römer selbst bezeichneten sie deshalb als Grundlage ihres gesamten Rechtslebens (fons omnis publici privatique iuris, Livius. Auf deutsch in etwa: Quelle des gesamten öffentlichen und privaten Rechts). Des Weiteren galten sie für alle römischen Bürger, unabhängig der sozialen Zugehörigkeit.
Obwohl die Tafeln selbst nicht allzu lang überdauerten – sie wurden während der Eroberung Roms von den Galliern 387 v. Chr zerstört – wurden Teile ihres Gedankenguts bis heute bewahrt und finden sich z. B. im Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Grundgesetz und in der Europäischen Verfassung wieder.
[Bearbeiten] Inhalt und Überlieferung
Die 12 Tafeln waren inhaltlich auf die Bedürfnisse des damaligen Agrarstaates zugeschnitten. Sie beinhalteten unter anderem Regelungen bezüglich Prozessordnung, Vollstreckung, Erb-, Nachbarschafts-, Verkehrs- und Deliktsrecht. Dabei nahmen die Regelungen von Zivilprozessen den breitesten Raum ein.
Nicht geregelt wurde jedoch die politische Ordnung des Gemeinwesens samt Gerichtsverfassung, also nur das ius civile. Lückenhaft war auch, dass wichtige Definitionen vorausgesetzt anstatt explizit erwähnt wurden. Statt zu verallgemeinern oder eine Vielzahl von Möglichkeiten durch Definitionen aufzufangen, wurde eher ein konkreter Fall erläutert. So war zum Beispiel auf Tafel 6 penibel aufgeführt, dass ein gestohlener Balken, der bereits wieder verbaut war, nicht eigenmächtig entfernt werden durfte. Besonders detailliert und wortreich waren Regelungen, die einem Schutzzweck dienten, wie z. B. das Verfahren mit einem Schuldner, den das Gesetz, wie noch näher erläutert, vor inhumaner Behandlung schützen wollte.
Da die Tafeln selbst zerstört wurden, lassen sie sich nur ungefähr anhand von Zitaten, die z. B. Cicero liefert, rekonstruieren. Die gebräuchlichste Rekonstruktion ist hierbei die von Schöll aus dem Jahre 1866. Wie nun die Regelungen im Einzelnen auf die Tafeln verteilt waren, lässt sich nur vage vermuten. Fest steht aber, dass jede der 12 Tafeln ein an sich abgeschlossenes Ganzes behandelte. Außerdem wurde es später erneuert und verbessert.
[Bearbeiten] Form und Stil
- altlateinische Formen: em für eum, escit für erit, faxsit für fecerit
- typischer Satzbau: Protasis - Apodosis. Auf einen Wenn-Satz, der den Tatbestand festlegt (Protasis), folgt ein Hauptsatz (Apodosis), welcher die diesem Tatbestand entsprechende Bestimmung beinhaltet.
- die Subjekte (z.B. Kläger/Angeklagter) sind häufig zu ergänzen.
- häufige Verwendung des Imperativ II (z. B. ito)
- lapidar eindringliche Kürze der Rechtstexte
- häufig konkrete Fälle anstelle von Verallgemeinerungen und Definitionen
Beispiel
SI IN IUS VOCATUR, ITO. NI IT, ANTESTAMINO: IGITUR EM CAPITO.
Wenn (der Kläger den Beklagten) vor Gericht ruft, muss (der Beklagte) dorthin gehen. Wenn er nicht geht, soll er im Beisein des Beklagten (einen Dritten) zum Zeugen anrufen.
[Bearbeiten] Überlieferung & Nachwirkung
Noch zu Ciceros Jugendzeit lernte man in den Schulen den Gesetzestext. Die Zwölftafelgesetzgebung genoss zu allen Zeiten der römischen Geschichte ein überragendes Ansehen und sie wurde als das eigentliche Grundgesetz gefeiert, auf dem alles private und öffentliche Recht des Staates beruhte. Das Zwölftafelgesetz blieb bis zum Ende des römischen Reiches in Kraft und beeinflusste weitere Rechtswerke wie z.B. die Digesten und das Corpus iuris. Die Tafeln selbst wurden bei einem Gallierbrand 387 v.Chr. zerstört. Die antiken Quellen sind u.a. Cicero, Festus, Gellius, Plinius d.Ä. und die Iuristen Gaius und Ulpian.
[Bearbeiten] Literatur
Ausgaben:
- Düll, Rudolf: Das Zwölftafelgesetz, 1. Aufl. Mün 194: Heimeran; 6. Aufl. München u.a. 1989: Artemis (Sammlung Tusculum).
- Düll, Rudolf: Das Zwölftafelgesetz : Texte, Übersetzungen und Erläuterungen, 4., verb. Aufl. München 1971: Heimeran, ISBN 3-7765-2087-6
- Flach, Dieter: Das Zwöltafelgesetz. Leges XII tabularum, Darmstadt 2004: Wissenschaftliche Buchgesellschaft (Texte zur Forschung 83).
Sekundärliteratur:
- Fögen, Marie Theres: Römische Rechtsgeschichten. Über Ursprung und Evolution eines sozialen Systems, Göttingen 2002: Vandenhoeck & Ruprecht (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 172).
- Flach, Andreas: Fortgeltung des Zwölftafelrechts, Frankfurt am Main u.a. 2004: Peter Lang.
- Humbert, Michel (Hrsg.): Le dodici tavole: dai decemviri agli umanisti, Pavia 2005: IUSS Press.
- Kaser, Max: Römisches Privatrecht, C.H.Beck Verlag München, 1983
- Krefeld, Heinrich, Res Romanae, Cornelsen Verlag, Berlin, 1997
- Liebs, Detlef: Römisches Recht: Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 1993
[Bearbeiten] Weblinks
- Originaltext der Zwölf Tafeln auf Lateinisch
- Roman Law Library by Yves Lassard & Alexandr Koptev.