Zwei-Klassen-Medizin
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Ein Zwei-Klassen-Medizin ist ein Gesundheitssystem, in dem die medizinische Versorgung eines Patienten abhängig von dessen sozialer Lage ist.
Zwar ist in Deutschland je nach Leistungsanbieter eine unterschiedliche Behandlung von Privatpatienten/Selbstzahler gegenüber Kassenpatienten möglich, jedoch korrelierte die Lebenserwartung schon immer mit dem sozialen Status, selbst bei gleichem Zugang zu medizinischen Leistungen. Die Unterschiede zwischen bestimmten sozialen Schichten können sich in Form von kürzeren Wartezeiten beim Arzt oder besserer Unterbringung und Verpflegung im Krankenhaus niederschlagen, jedoch auch im besseren Zugang zu medizinischen Leistungen von Patienten in der Stadt im Vergleich zum Land. Ebenso spielt der Zugang zu medizinischen Informationen eine Rolle. Zunehmend schwierig wird die genaue Definition einer medizinischen Kernversorgung, da im Zuge der Gesundheitsreformen immer mehr Therapien, Medikamente und Untersuchungen, die die privaten Krankenversicherungen noch bezahlen, nicht mehr von den gesetzlichen Krankenkassen getragen werden. Kritiker sehen gar den Grundsatz des sozialstaatlichen Gesundheitssystems, dass jeder Patient zumindest Anspruch auf die medizinisch notwendige Versorgung hat, gefährdet.
Der Begriff der Zwei-Klassen-Medizin wird häufig von den Medien als plakativer Alarmbegriff oder von den Gegnern der beschriebenen Entwicklung als politischer Kampfbegriff verwendet. Stimmen, die die gegenwärtige Entwicklung des Gesundheitssystems befürworten, bestreiten meist das Ausmaß der Zwei-Klassen-Medizin.
Außerdem besteht in Deutschland ein Trennung der Beitragssolidarität in 2 Klassen. Wer über der Versicherungspflichtgrenze verdient, muss sich nicht mehr gesetzlich versichern und trägt im Fall seines Ausscheidens auch nicht mehr mit seinem sonst fälligen Höchstbeitrag zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung bei. Der entgangene Beitrag verteuert die Beiträge für die übrigen GKV-Mitglieder, die ein niedrigeres Durchnittseinkommen und ein höheres Krankheitsrisiko haben. So besteht die Solidarität nur jeweils innerhalb zweier unterschiedlicher Gruppen.
Die privat Versicherten werden nach Risiko selektioniert und können daher relativ mehr pro Gesundheitsleistung für ihre Versorgung verwenden, was den Anschein erweckt, die PKV wäre leistungsfähiger. Der Staat stützt diese Trennung, indem er das Beihilfesystem für Beamte so organisiert hat, dass es sich für Beamte nicht rechnet, der gesetzlichen Krankenversicherung beizutreten. Die anfänglichen Einsparungen bei den Beiträgen reichen jedoch nicht aus, die ständig steigenden Ausgaben bedingt durch den medizinischen Fortschritt zu decken. Ein heute 35-jähriger kann damit rechnen, dass sich sein Beitrag bis zur Rente mindestens verdreifacht. So rät die Zeitschrift Finanztest von dem in jungen Jahren eingesparten Geld im Vergleich zur gesetzlichen Versicherung, einen Kapitalstock zu bilden, der so groß ist, dass der Privatversicherte davon im Rentenalter 25 Jahre lang zwei Drittel des Beitrags bezahlen kann. Tue er das nicht, drohe die Gefahr, dass er wegen klammer Kasse in einen billigeren Tarif mit weniger Leistungen und höheren Selbstbehalten wechseln muss, oder im Extremfall in den künftigen Basistarif zurückgestuft wird. Denn im Schnitt verdoppeln sich die Beiträge zur privaten Krankenversicherung alle zwölf Jahre.
So bleibt jemanden in Deutschland der über der Beitragsbemessungsgrenze liegt nur die Wahl ständig steigender Beiträge der privaten Krankenversicherung oder ständig sinkender Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu akzeptieren.