Abseilen
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Abseilen ist der Abstieg einer Person von einem Berg oder Fels mit Hilfe eines Seils. Man unterscheidet zwischen Selbstabseilen und Fremdabseilen, letzteres wird allerdings meist als Ablassen bezeichnet. Abseilen wird entweder beim Klettersport benötigt (unter anderem beim Klettern, Canyoning oder Caving), oder für bestimmte berufliche Anwendungen in Industrie und Gewerbe (zum Beispiel für Montagearbeiten an Masten oder für Rettung und Bergung, ebenso auch im militärischen Bereich).
Im Laufe der Jahrzehnte sind beim Bergsteigen und Klettern verschiedene Abseiltechniken entwickelt worden. Zunächst wurde das Seil in verschiedenen Formen um den Körper gelegt, seit den 70er Jahren wurden zunehmend eigens entwickelte Geräte und Karabiner verwendet. Allen Methoden ist aber gemeinsam, dass sie die Brems- und Reibungswirkung ausnutzen, die durch die mehrfachen Windungen des Seils entsteht.
Das Wort Abseilen stellt den eher seltenen Fall eines Germanismus dar. Im englischen Sprachraum hat sich das Wort Abseiling fürs Abseilen ebenfalls weitgehend durchgesetzt.
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[Bearbeiten] Abseilen mit dem Abseilachter
Die beim Klettern meist verbreitete Abseiltechnik benutzt den Abseilachter. Zur Standardausrüstung gehören dabei neben dem Abseilachter ein Kletterseil, ein Klettergurt und Karabiner. Beim Selbstabseilen wird normalerweise das Seil im Doppelstrang an einer Abseilöse, einem Ring oder Karabiner eingehängt, dabei ist darauf zu achten, dass beide Seilenden bis zum Boden oder dem nächsten Standplatz reichen. Mit einem Seil von 50 Meter Länge kann als Doppelstrang also maximal 25 Meter abgeseilt werden. Alternativ kann auch am Einfachseil abgeseilt werden, dieses wird dazu mittels Knoten und Karabiner an Ring oder Öse oder natürlichen Sicherungspunkten befestigt. Allerdings kann das Seil dabei nicht nach dem Abseilen von unten abgezogen werden, Abseilen am Einfachseil ist daher nur möglich, wenn auch nach dem Abseilen jemand das Seil wieder von Ring oder Öse lösen kann.
Zum Einbinden werden bei Verwendung des Seils im Doppelstrang beide Seile durch die größere Öffnung der Abseilacht und anschließend hinter die kleinere Öffnung gelegt. Der Achter wird anschließend mit einem Karabiner, am besten ein Halbmastwurf-karabiner, am Klettergurt befestigt. Bei unsicheren Kletterern kann eine weitere Sicherung in Form einer Prusikschlinge verwendet werden, diese wird unterhalb des Abseilachters um den Doppelstrang des Seils gelegt und mit einem Karabiner in der Beinschlaufe des Hüftgurts befestigt. Dabei sollte die Prusikschlinge nicht zu lang sein, sonst besteht die Gefahr, dass sie in den Abseilachter hineingezogen wird.
[Bearbeiten] Halbmastwurfsicherung (HMS)
Die Halbmastwurfsicherung wurde vom Schweizer Werner Munter entwickelt (der Knoten heißt im Englischen deshalb auch "Munter Hitch"). Die Reibung des Seils über einen Karabiner wird zur Bremswirkung genutzt. Falls kein Abseilachter zur Verfügung steht, kann auch mit dem HMS abgeseilt werden. Es gibt noch eine Vielzahl anderer Abseilgeräte.
[Bearbeiten] Technische Abseilgeräte

Seit den 1990er Jahren wurden weitere technische Abseil- und Bremsgeräte entwickelt, die meist für bestimmte Anwendungszwecke optimiert wurden. Beispiele dafür sind Sicherungsplatten, das TRE Sirius, das Petzl Grigri oder das Petzl Reverso. Ob diese Geräte die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen, bleibt abzuwarten.
Bei Einsätzen von polizeilichen oder militärischen Spezialeinheiten werden Personen aus Hubschraubern abgeseilt, um schnell einen Einsatzort zu erreichen, ohne den Hubschrauber landen zu müssen. Hierbei gibt es grundsätzlich zwei Arten des Abseilens:
- Fast Roping
- Hierbei werden an einem ausschwenkbaren Galgen dicke Seile abgelassen, an denen die Einsatzkräfte, einer nach dem anderen – je nach Seillänge können drei bis vier Personen dicht nacheinander am Seil hinabgleiten – ohne weitere Sicherung hinabrutschen. Es handelt sich dabei um Spezialseile, die wegen der großen Reibungswärme auf der Seiloberfläche aus vielen kleinen Seilen verseilt wurden. Die hinabrutschenden Einsatzkräfte tragen besondere Handschuhe oder umwickeln ihre Handschuhe mit Klebeband, das dann als Opferschicht beim Hinabgleiten verbraucht wird. Das Seil wird nach Absetzen des letzten Mannes abgeworfen, damit der Hubschrauber manövrierfähig bleibt. So können aus einem Black Hawk in etwa 30 Sekunden 14 Mann aus beiden Türen abgesetzt werden.
- Speed Rappeling
- Mit einem speziellen Abseilgerät, welches einhändig bedienbar ist, setzt sich jede Person mit einem eigenen festen Seil aus dem Helikopter ab, hierbei wird das ablaufende Seil in einem Leinenbeutel am Bein des Abseilenden geführt, um ein Verheddern zu verhindern. Diese Art des Absetzens sieht spektakulär aus und ermöglicht das gleichzeitige Absetzen von mindestens sechs Einsatzkräften. Nach der Landung trennt der Hubschrauber alle Seile.
Grundsätzlich bedürfen beide Absetzarten besonderer Ausbildung, in Deutschland ist die Ausbildung und die Einsatzausbildung stark reglementiert und darf nur von Sondereinsatzkräften betrieben werden, die Auflagen der Berufsgenossenschaft sind sehr restriktiv und engen eine weitreichende Ausbildung somit ein.
Diese Art zum Verbringen der Einsatzkräfte wird besonders beim Boarding von Schiffen durch die Marine eingesetzt. Indem er nicht landen muss ist der Hubschrauber kürzer einem möglichen Angriff ausgesetzt und behält gleichzeitig seine Manövrierfähigkeit. Diesen Umstand machen sich auch die Landstreitkräfte beim Absetzen von Truppen in bebautem Gelände zu nutze.
[Bearbeiten] Historische Entwicklung
Die allerersten Alpinisten seilten sich ab, indem sie die Reibung des Seils am Körper nutzten. Zunächst wurde dazu der sogenannte Kletterschluss verwendet. Dazu "führt man das Seil an der Innenseite des einen Kniees, dann an der Wade, an der Außenseite des Fußknöchels entlang und über die Fußspanne desselben Beines; den Fuß beugt man dabei stark nach oben. Dann tritt man mit dem anderen Fuß an der Stelle wo es über die Fußspanne läuft, darauf. Der aufgesetzte Fuß muss das Seil möglichst nach der Spanne des anderen Fußes hin (von dessen Zehen weg) drücken." (Rudolf Fehrmann, Der Bergsteiger in der Sächsischen Schweiz, Dresden 1908) Eine Weiterentwicklung war der Dülfersitz, bei dem das Seil um einen Oberschenkel und über die Schulter läuft. Seit Erfindung des Abseilachters sind diese Methoden nicht mehr gebräuchlich.