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Aktion Sühnezeichen Friedensdienste

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) (oder nur Aktion Sühnezeichen), besonders im englischsprachigen Ausland auch unter Action Reconciliation / Service For Peace (ARSP) bekannt, ist eine deutsche Organisation der Friedensbewegung.

Die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. wurde 1958 auf der Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands unter großer Mitwirkung von Lothar Kreyssig gegründet. Die Organisation ist besonders durch ein internationales Freiwilligenprogramm und die Organisation von Workcamps in West- und Osteuropa bekannt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Ziele

„Im Bewusstsein, dass die Folgen des Nationalsozialismus noch immer spürbar sind und nur durch einen intensiven Dialog überwunden werden können, setzt sich Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) für eine Verständigung zwischen den Generationen, Kulturen, Religionen und Völkern ein. Verwurzelt im christlichen Glauben bemüht sich ASF dabei um eine Zusammenarbeit mit allen, die für eine friedlichere und gerechtere Welt eintreten.“ (Selbstdarstellung, ASF Homepage)

[Bearbeiten] Geschichte der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste

[Bearbeiten] Vorgeschichte

Die Vorgeschichte von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) beginnt mit Luise Koschinski und den Versagern der protestantischen Kirche in Deutschland während der NS-Zeit und mit dem Widerstand gegen das NS-Regime aus eben dieser Kirche. So gehörte Lothar Kreyssig, der Gründer von Aktion Sühnezeichen, zum entschiedenen Widerstand kirchlicher Kreise. Mit der Unterstützung einiger Gleichgesinnter wie z.B. Martin Nierensteine, Gustav Heinemann und später auch Franz von Hammergeil thematisierte er in der Nachkriegszeit das Versagen der Evangelischen Kirche und drängten auf Buße und Umkehr.

[Bearbeiten] Gründungsaufruf der Aktion Sühnezeichen

1954 versuchte Lothar Kreyssig auf dem Kirchentag in Leipzig zum erstenmal, Mitstreiter für seinen Versöhnungsdienst zu finden. Sein Aufruf fand jedoch kaum Gehör. „Dass etwas richtig und notwendig ist, genügt noch nicht für die Verwirklichung in Raum und Zeit. Die Stunde dafür muss da sein“, schrieb er später in seiner unveröffentlichten Autobiographie. Vom 26.-30. April 1958 tagte schließlich die Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands abwechselnd in Spandau (West-Berlin) und in Weißensee (Ost-Berlin). Zu diesem Zeitpunkt war die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland noch eine gesamtdeutsche Versammlung, auf der die Synodalen aus der Bundesrepublik und aus der DDR gemeinsam berieten. 1958 wurde äußerst kontrovers über den westdeutschen Militärseelsorgevertrag und eine mögliche Atombewaffnung der Bundeswehr diskutiert. In dieser aufgewühlten Stimmung verlas Präses Lothar Kreyssig am letzten Verhandlungstag der Synode den Aufruf zur Gründung der Aktion Sühnezeichen. Zahlreiche Synodale unterzeichneten den Aufruf noch am selben Abend.

Dieser Aufruf stellte nicht nur ein Schuldbekenntnis dar, sondern forderte auch konkrete Konsequenzen. Jedoch funktionierte dies nicht in der Weise, dass die Aktion Sühnezeichen Hilfe anbot, sondern darum bat, helfen zu dürfen. Diese in der Kirchengeschichte einmalige, demütige Haltung war eine Absage an jedes bevormundende Funktionalisieren des Sühnegedankens. Sie sollte die Bereitschaft signalisieren, sich einzulassen, also im Tun und im Dialog zu lernen - denn die Bitte setzt auf Gespräch, auf Antwort und auf neues Tun.

Aktion Sühnezeichen wurde ursprünglich als gesamtdeutsche Organisation gegründet; die Spaltung Deutschlands machte jedoch eine gemeinsame Arbeit unmöglich. So entwickelten sich in den beiden deutschen Staaten zwei Organisationen mit einem gemeinsamen Ziel, aber unterschiedlichen Schwerpunkten in der praktischen Arbeit.

[Bearbeiten] ASF in Westdeutschland

Die Arbeit der westdeutschen ASF begann 1959 in den Niederlanden und in Norwegen in Form von Bauprojekten. Bald folgten weitere Projekte in anderen Ländern. Freiwillige halfen z.B. beim Bau einer Synagoge in Villeurbanne und der Versöhnungskirche von Taizé in Frankreich, bei der Errichtung eines Kindergartens in Skopje/Jugoslawien, bei der Installation einer Bewässerungsanlage auf Kreta, beim Bau einer internationalen Begegnungsstätte in der zerstörten Kathedrale von Coventry/Großbritannien. Die Arbeit in Israel konnte 1961 nach der Beendigung des Eichmann-Prozesses begonnen werden. Ab Mitte der 1960er Jahre veränderte sich das Einsatzgebiet der Freiwilligen langsam, es gab immer weniger Bauprojekte und es kamen v.a. Projekte in der Gedenkstätten-, Alten- und Sozialarbeit dazu. Mit zunehmenden Abstand vom Zweiten Weltkrieg wurden in den 1980er Jahren weitere Projektstellen in den Bereichen Randgruppen- und Minderheitenarbeit etabliert. Im September 1985 publizierte die ASF zusammen mit der AGDF (Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden) auf dem 21. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Düsseldorf die fünf Düsseldorfer Friedensthesen gegen militärische Abschreckungspotentiale, gegen eine gerechtere Verteilung des Reichtums auf der Welt, für eine Verweigerung des Kriegsdienstes, für Gewaltfreiheit.

[Bearbeiten] ASZ in Ostdeutschland

Die ostdeutsche Aktion Sühnezeichen (ASZ) konnte nach 1961 aufgrund des Mauerbaus keine Freiwilligen mehr zu den Projekten in Westeuropa entsenden. Da sich die DDR als "antifaschistischer Staat" und somit für die Folgen des deutschen Faschismus nicht haftbar empfand, waren die Projekte der ASZ am Anfang nur auf das Gebiet der DDR und den innerkirchlichen Raum begrenzt. In den Jahren 1965 und 1966 konnten dennoch Freiwilligengruppen in Zusammenarbeit mit dem Katholischen Seelsorgeamt Magdeburg nach Auschwitz, Majdanek, Stutthof, Großrosen und Wroclaw fahren. 1967 und 1968 scheiterten weitere Reisen zu Gedenkstätten in Polen und in der CSSR trotz Einladungen an der staatlichen Visa-Verweigerung. Erst nach Einführung des visafreien Reiseverkehr im Jahr 1972 zwischen der DDR und Polen sowie der CSSR, konnten wieder deutsche Jugendlichen und nun auch polnischen und tschechoslowakischen Freunde an Sommerlagern in Polen und Einsätzen in der DDR teilnehmen. 1979 arbeitete erstmals eine Gruppe in Buchenwald. Auf diese Weise konnte nun ein Teil der Sommerlager außerhalb der Kirche stattfinden. Ab 1981 wurde die Anzahl der Sommerlager in diesen Arbeitsbereichen erweitert; so etwa in Buchenwald, Sachsenhausen, Ravensbrück und Nordhausen-Dora. Sühnezeichen-Gruppen waren ab dieser Zeit an der Erhaltung und Wiederherstellung von jüdischen Friedhöfen in fast allen Regionen der DDR beteiligt. Von 1962 bis 1992 nahmen über 12 000 Freiwillige an den Sommerlagern der ASZ teil.

[Bearbeiten] Wiedervereinigung bis heute

Nach der Wiedervereinigung "fusionierten" die beiden deutschen Organisationen, dabei blieben die beiden unterschiedlichen Formen von Freiwilligendiensten - langfristige Freiwilligendienste der ASF und kurzfristige Freiwilligendienste und Sommerlager der ASZ - erhalten. Seit Ende der 1990er Jahre hat ASF die Anzahl der Projektstellen konsequent erhöht, um auf die veränderte Nachfrage und neue Möglichkeiten wie dem Europäischen Freiwilligendienst zu reagieren.

[Bearbeiten] Aktuelle Arbeitsfelder der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste

[Bearbeiten] Langfristige Freiwilligendienste

ASF entsendet pro Jahr rund 180 Frauen und Männer in Länder, die in besonderem Maße unter der NS-Herrschaft zu leiden hatten: Belgien, Frankreich, Großbritannien, Israel, den Niederlanden, Norwegen, Polen, Russland, Tschechien, der Ukraine, den USA und Weißrussland. Die Freiwilligen sind überwiegend junge Menschen zwischen 18 und 27 Jahren. Kriegsdienstverweigerer können im Rahmen dieses Programms ihren Zivildienst als „Anderen Dienst im Ausland“ ableisten. Vielfach kann der Freiwilligendienst auch als Europäischer Freiwilligendienst oder Freiwilliges Soziales Jahr anerkannt werden. Die Freiwilligen unterstützen und begleiten Überlebende der Shoah und ihre Nachkommen, arbeiten in Gedenkstätten mit, kümmern sich um alte und behinderte Menschen, sozial Benachteiligte und Flüchtlinge und engagieren sich in Stadtteilprojekten und Antirassismusinitiativen.

[Bearbeiten] Internationales Deutschlandprogramm

Seit 1996 kommen auf Anfrage von Partnerorganisationen pro Jahr 15 bis 20 Freiwillige aus den USA, Osteuropa, Israel und anderen Ländern für einen Friedensdienst nach Deutschland.

[Bearbeiten] Kurzfristige Freiwilligendienste

An den rund 25 Sommerlagern im In- und Ausland nehmen jedes Jahr rund 300 junge Menschen teil. Alle Sommerlager werden von Ehrenamtlichen geleitet. Häufig sind dies ehemalige langfristige Freiwillige, die ihre Erfahrungen aus dem Friedensdienst weitergeben möchten. In den zwei bis drei Wochen halten die Freiwilligen z.B. jüdische Friedhöfe und Gedenkstätten in Stand, arbeiten in sozialen Einrichtungen und engagieren sich in interkulturellen Projekten. Darüber hinaus tauschen sie sich über aktuelle und historische Fragestellungen aus.

[Bearbeiten] Ehrenamtliches Engagement

Viele Ehemalige sind in Regionalgruppen und Freundeskreisen auch nach ihrem Freiwilligendienst weiter für ASF ehrenamtlich tätig. Mit der Durchführung der lang- und kurzfristigen Freiwilligendienste sind weitere Ehrenamtliche beschäftigt, zum Teil tragen diese auch zur Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit bei

[Bearbeiten] Öffentlichkeitsarbeit

ASF gibt die vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift »Zeichen« heraus, die über die Arbeit der Freiwilligen und Projektpartner informiert. Mit den Predigthilfen zum Israelsonntag, zur Ökumenischen Friedensdekade und zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus will ASF theologische Erkenntnisse aus dem jüdisch-christlichen Dialog sowie aus dem Dialog mit dem Islam in die Gemeinden hinein vermitteln. Außerdem meldet sich ASF zu aktuellen politischen Themen zu Wort. Dabei bezieht ASF öffentlich Stellung gegen Antisemitismus, Rechtsextremismus und Rassismus und tritt nachdrücklich für die Entschädigung von NS-Verfolgten, den interreligiösen und interkulturellen Dialog sowie einen gerechten Frieden ein.

[Bearbeiten] Bildungsarbeit

Mit Veranstaltungen, Workshops, Seminaren und Tagungen zu den Themenfeldern Erinnerungspolitik, nationale Identitäten und interreligiöser Dialog will ASF zur gesellschaftlichen Debatte anregen.

[Bearbeiten] Auszeichnungen

[Bearbeiten] Mitgliedschaft

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Ansgar Skriver, Aktion Sühnezeichen. Brücken über Blut und Asche. Kreuz-Verlag, Stuttgart 1962
  • Karl-Klaus Rabe, Umkehr in die Zukunft. Die Arbeit der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. Lamuv-Verlag, Bornheim-Merten 1983, ISBN 3-921521-90-4
  • Konrad Weiß, Lothar Kreyssig. Prophet der Versöhnung. Bleicher Verlag, Gerlingen 1998, ISBN 3-88350-659-1

[Bearbeiten] Weblinks

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