Akzeptierende Drogenarbeit
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Akzeptierende Drogenarbeit ist eine Beschäftigung mit Drogenkonsumenten im Rahmen der Sozialarbeit, bei der nicht die Entwöhnung der Süchtigen im Vordergrund steht, sondern die Verbesserung ihrer Lebenssituation bei gleichzeitiger Akzeptanz des Drogenkonsums.
siehe auchh Drogenkonsumraum
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[Bearbeiten] Grundlagen und Abgrenzung zur traditionellen Drogenarbeit
Der traditionellen, abstinenzorientierten Drogenarbeit liegt ein Ansatz zugrunde, der das gegenwärtige Drogenproblem in erster Linie auf die Wirkungsweisen der einzelnen sogenannten legalen und illegalen Drogen sowie auf die psycho - und soziopathologischen Persönlichkeiten der KonsumentInnen zurückführt.
Im Gegensatz dazu hat sich in den letzten Jahren ein alternativer Ansatz entwickelt, bei dem die Ursache des sich beständig verschlimmernden Drogenproblems primär in der Kriminalisierung der KonsumentInnen und den daraus resultierenden Folgeproblemen gesehen wird.
Die traditionelle Drogenhilfe verwendet das Bild eines linearen Abhängigkeitsmodells und die damit verbundene Idee des verstärkten Leidensdruckes als Motivationsgrundlage zu einer abstinenten Lebensführung. Der akzeptanzorientierte Arbeitsansatz basiert auf der Feststellung, dass es keine identischen drogal - biographischen Entwicklungsverläufe gibt. DrogengebraucherInnen werden daher nicht als per se krank und behandlungsbedürftig betrachtet, sondern Selbstverantwortlichkeit und Handlungskompetenz zugesprochen.
Der akzeptanzorientierte Ansatz fordert ein Umdenken, das die Problemdefinitionsgewalt an die Betroffenen zurückgibt, d.h. dass die KonsumentInnen nicht Objekte professioneller, kurativer (sozial)pädagogischer Hilfsmaßnahmen bleiben, sondern als Persönlichkeiten mit einem Recht auf Selbstbestimmung wahrgenommen werden - auch wenn die KonsumentInnen Entscheidungen für Drogenkonsum und von der Norm abweichende Lebensstile treffen. Hilfestellung - aus professioneller Sicht - kann nur ein Resultat der Reflexion des eigenen "Ichs" sein _ akzeptieren, dass "ein schönes Gefühl" auch(!) ein Resultat einer Droge sein kann... es geht nicht darum, jemanden zu bekehren oder zu heilen; es geht um Chancen, welche zu verteilen sind!
[Bearbeiten] Zielsetzungen akzeptanzorientierter Drogenarbeit
"Das vordringlichste Ziel akzeptierender Drogenarbeit ist ausdrücklich nicht die Abstinenz. Drogenkonsumenten haben ein Recht auf Menschenwürde, selbst wenn sie nicht ihren Drogenkonsum aufgeben wollen oder können" (Stöver/Herwig - Lemp)
Akzeptanzorientierte Drogenarbeit zieht nicht darauf ab, drogenfreie Hilfsangebote einzuschränken oder gar abzuschaffen, sondern versteht sich als Erweiterung und Diversifikation des Angebotsspektrums, um der Heterogenität des in allen Kulturen existierenden Phänomens Drogenkonsum Rechnung zu tragen.
Sie verfolgt das Ziel, die Lebensbedingungen der KonsumentInnen unabhängig von Ausstiegs - und Abstinenzmotivation zu normalisieren und zu verbessern (Minimierung des Leidensdrucks)
DrogengebraucherInnen soll, sowohl durch Hilfe zur Selbsthilfe, als auch durch subjektbezogene, bedarfsorientierte Unterstützungsangebote die selbstbestimmte Entwicklung menschenwürdiger Lebensperspektiven ermöglicht werden. Hierbei ist es unerlässlich, die Kompetenz der Betroffenen kooperativ in die Angebotsentwicklung mit einzubeziehen, um Bedarfsorientierung und Lebensweltnähe zu sicherzustellen.
Auf übergeordneter drogenpolitischer Ebene steht das Ziel im Vordergrund durch sachorientierte, entdramatisierende Öffentlichkeitsarbeit für ein pluralistisch strukturiertes bedarfsgerechtes akzeptanzorientiertes Drogenhilfesystem einzutreten.
Akzeptanzorientierte Drogenarbeit bedeutet auch, aktiv an der Gestaltung der Drogenpolitik mitzuwirken mit den Zielen Entkriminalisierung, Achtung der Menschenwürde von DrogenkonsumentInnen und Verzicht auf Klientelisierung und Unterstellung grundsätzlicher Behandlungsbedürftigkeit.
[Bearbeiten] Umsetzung akzeptanzorientierter Drogenarbeit
Der Ansatz der Akzeptanz wird in niedrigschwelligen Einrichtungen umgesetzt, die mittlerweile in jeder größeren Stadt in Deutschland zu finden sind.
Beispiele:
Kontaktladen
Ein Kontaktladen ist eine Art Café, das sich an KonsumentInnen illegaler Drogen richtet. Angebote ziehen sich von praktischen Alltagshilfen (Spritzenvergabe und Spritzentausch, safer - use - Beratung, Versorgungsangebote im Bereich Ernährung und Körperhygiene, ambulante Wundversorgung), über Angebote im psychosozialen Bereich (Gespräche im informellen Setting, Kriseninterventionen, zieloffene Beratung) bis hin zu Angeboten im Bereich der Selbsthilfe (Vermittlung alternativer Konfliktstrategien, Einbeziehung der KonsumentInnen in die Organisation der Einrichtung, Vermittlung von Informationen aller Art).
Notschlafstelle
Eine Notschlafstelle bietet obdachlosen bzw. wohnungslosen KonsumentInnen illegaler Drogen eine Schlafmöglichkeit. Zudem umfasst das Angebot Gelegenheit zur regelmäßigen Ernährung und Hygiene, die Überwachung der Vitalfunktionen mittels regelmäßiger Rundgänge, Spritzentausch und safer use - Beratung, Beratung, Begleitung und Vermittlung.
Drogenkonsumraum / Druckraum
In einigen deutschen Städten gibt es mittlerweile die Möglichkeit für DrogenkonsumentInnen, in einem Raum unter Aufsicht von Ärzten/ Krankenschwestern die Drogen zu injizieren. Das Angebot ermöglicht es, unter hygienischen Bedingungen, frischen Utensilien und ohne Stress zu konsumieren und so die Krankheitsübertragung von z.B. HIV oder Hepatitis auszuschließen und bei eventuellen Überdosen medizinisch eingreifen zu können.
Peer Group Projekte
Unter anderem in Hamburg (Eclipse), Berlin (Eve & Rave) und Frankfurt (Alice-Project) gibt es sogenannte Peer Group Projekte. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht Aufklärungs- und Beratungsarbeit auf Partys, größeren Musikveranstaltungen, aber auch in Schulen. Dabei sind die Angebote an den Bedürfnissen innerhalb der entsprechenden Jugendkulturen ausgerichtet. Es werden objektive Informationen über die verschiedenen Substanzen und Safer Use Hinweise bereitgestellt und Beratungsgespräche vor Ort geführt und gegebenenfalls an weiterführende Drogenberatungsstellen verwiesen. Zudem werden kostenlos Kondome, Ohrenstöpsel und auch Vitamin- und Mineralstofftabletten verteilt, sowie Erste Hilfe Maßnahmen durchgeführt. Oft sind deren Mitarbeiter der einzige Bezugspunkt speziell für Jugendliche mit problematischen Konsummustern. Das szenenahe bzw. lebensweltbezogene Konzept in Bezug auf die Party-Szene entspricht dem ”Lebensweiseansatz”, der vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) betont wird: „Mit dem Lebensweiseansatz trat der Einbezug des lebensweltlichen oder subkulturellen Kontextes der Adressaten in den Vordergrund. Unabhängig von einem Risiko oder Suchtpotential werden Zielgruppen nach ihren unterschiedlichen Lebenswelten, -weisen oder -stilen differenziert, unter Berücksichtigung der jeweiligen Belastungs- oder Protektivfaktoren, Ritualisierungen von Konsum, symbolischen Bedeutungen von Substanzen, sozialen Netzen oder Risikokompetenzen.“ (BMG: „Aktionsplan Drogen und Sucht“, November 2003).
[Bearbeiten] Literatur
- Schneider, Wolfgang: Leitlinien akzeptanzorientierter Drogenhilfe und menschenwürdiger Drogenpolitik, 1995
- Gerlach, Ralf/ Engemann, Stefan: Zum Grundverständnis akzeptanzorientierter Drogenarbeit, 1995
- Sozialamt der Stadt Zürich: Konzept der Kontakt - und Anlaufstellen für Drogenabhängige. 1988
- Stöver, H. (Hrsg.): Akzeptierende Drogenarbeit - Eine Zwischenbilanz. Freiburg: Lambertus 1999
[Bearbeiten] Weblinks
- http://www.akzept.org/ - Verband für Akzeptierende Drogenarbeit e.V.
- http://www.alice-project.de/ - Peergroup Projekt Frankfurt
- http://www.eclipse-online.de/ - Partydrogen Projekt Hamburg
- http://www.eve-rave.net/ - Partydrogen Projekt Berlin
- http://www.akzeptierende-eltern.de/ Bundesverband der Eltern und Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit e.V.
- http://www.archido.de