Alexandrine Tinné
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Alexandrine Pieternella (Petronella) Françoise Tinné (* 17. Oktober 1835 in Den Haag; † 1. August 1869 in der libyschen Sahara) war eine niederländische Abenteurerin und Afrikaforscherin.
[Bearbeiten] Reise zum Oberlauf des Nil
Bereits Alexandrines Mutter führte ein unstetes Leben und war mit ihrer kleinen Tochter alljährlich mehrere Monate auf Reisen. Alexandrine träumte davon, die Quellen des Nils zu entdecken. Sie lernte Arabisch und machte sich 1861 den Warnungen zum Trotz über Syrien und Palästina auf nach Kairo, von wo aus sie sich 1862 auf den Weg nach Süden machte. Begleitet wurde sie von ihrer Mutter, ihrer Tante und einigen Naturwissenschaftlern. Die Expedition sollte nilaufwärts auf John Hanning Speke treffen und sich dann gemeinsam auf den Weg zu den Nilquellen machen. Als Speke nicht am vereinbarten Treffpunkt eintraf, machte sich Tinné mit ihren Leuten alleine auf den Weg. Auf dem Landweg stieß sie in die damals kaum erforschten Regionen im Kongo und im Nordwesten des heutigen Kongo vor. Der Expedition fehlte es an Trägern und Lebensmitteln und nach mehreren Malariaanfällen brach Alexandrine Tinné die Reise ab und machte sich im September 1862 auf den Rückweg nach Kairo.
Gleich nach ihrer Rückkehr begann sie die Erforschung des Gazellenflusses zu planen. Mit 65 Leibwächtern und 40 Maultieren, beladen mit Geschenken für die Einheimischen (Glasperlen, Spielzeug und Kleidung), machte sie sich auf den Weg. Gemeinsam mit ihrer Mutter und Tante beobachtete sie die Natur und schrieb ihre Beobachtungen nieder. Pflanzen wurden gesammelt und gezeichnet und in Herbarien abgelegt. Als ihre Mutter an einem plötzlichen Fieber verstarb, brach Alexandrine auch diese Forschungsreise ab.
[Bearbeiten] Die Sahara-Expedition
Danach bereiste Alexandrine Tinné das Mittelmeer mit einem Schiff, konnte sich jedoch lange nicht zu einer neuen Expedition überwinden. Sie machte sich selbst verantwortlich für den Tod ihrer Mutter. 1867 verlegte sie ihren Wohnsitz von Kairo nach Algier.
Erst im Jahr 1869 stellte sie eine neue Expedition zusammen, um als erste Europäerin die Sahara zu durchqueren. Von Tripolis aus drang sie mit ihrem Gefolge tief in die libysche Sahara ein. In Murzuq traf sie mit dem deutschen Arzt und Forschungsreisenden Gustav Nachtigal zusammen. Dieser überredete Alexandrine, den von zu Hause ausgerissenen sächsischen Gymnasiasten Gottlieb Adolf Krause, der sich der Expedition angeschlossen hatte, nach Tripolis zurückzuschicken. Die eingeborenen Tuareg sicherten ihr Unterstützung und Geleitschutz für die weitere Reise zu. Als in der Nähe von Murzuq unter ihren Treibern Streit ausbrach, versuchte sie zu schlichten und wurde dabei von einem Targi tödlich verletzt. Erst nach einigen Tagen wurde sie von herbeigerufenen Soldaten gefunden und in der Wüste begraben. Die Motive der Mörder seien Christenhass und Raubgier gewesen, denn in den großen Wasserkanistern hätten die Tuareg Gold vermutet. Soweit die allgemein in der Literatur zu findende Darstellung. Die beiden Afrikaforscher Erwin von Bary und der Sprachwissenschaftler Gottlieb Adolf Krause, der als Achtzehnjähriger von Murzuq aus zurück nach Deutschland geschickt worden war, stellten später genauere Untersuchungen an, die aber von der Geschichtsschreibung vollständig ignoriert wurden, weil die Version von den räuberischen Nomaden bestens in das europäische Afrikabild unmittelbar vor der Aufteilung des "schwarzen Kontinents" passte. Die beiden Reisenden fanden dabei heraus, dass die Forscherin und ihre europäischen Begleiter Opfer einer politischen Intrige geworden waren: Tinné reiste unter dem Schutz des alten Anführers der nördlichen Tuareg (Kel Ajjer), Ikhenukhen, dessen Ansehen aber stark angeschlagen war. Jüngere Stammesführer versuchten ihn zu verdrängen, indem sie ihn einerseits als Marionette der Europäer hinstellten, andererseits als greisen Schwächling diffamierten. Um zu beweisen, dass er nicht einmal mehr in der Lage sei, seine Schutzbefohlenen sicher durch das Ajjer-Land zu geleiten, planten sie den Überfall auf die holländische Expedition, den sie später damit zu rechtfertigen suchten, dass sie Tinné und ihre Begleiter als christliche Spione ausgaben. Ihr politisches Ziel erreichten die Mörder jedoch nicht, denn der Mord an einer Frau, die unter dem Schutz der Stammesgemeinschaft reiste, war ein unverzeihliches Vergehen gegen den Ehrenkodex der Tuareg.
[Bearbeiten] Literatur
- Literatur von und über Alexandrine Tinné im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Peter Kremer, "Die Erforschung der Sahara", in (Heinrich-Barth-Gesellschaft), Tuareg - Herren der Sahara. Düsseldorf 1988.
- Wilfried Westphal: Tochter des Sultans. Jan Thorbecke Verlag, Stuttgart, 2002. ISBN 3799501053
Personendaten | |
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NAME | Tinné, Alexandrine Pieternella Françoise |
KURZBESCHREIBUNG | niederländische Entdeckerin und Afrikaforscherin |
GEBURTSDATUM | 17. Oktober 1835 |
GEBURTSORT | Den Haag |
STERBEDATUM | 1. August 1869 |
STERBEORT | libysche Sahara |