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Arp-Schnitger-Orgel Hamburg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Schnitger-Orgel in Hamburg
Schnitger-Orgel in Hamburg

Die Arp-Schnitger-Orgel in der St.-Jacobi-Kirche in Hamburg von 1693 ist ein zu Weltruhm gelangtes Denkmal norddeutsch-barocker Orgelbaukunst.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Werkaufbau

Die Orgel hat 60 Register, darunter 15 Zungenstimmen, mit insgesamt ca. 4000 Pfeifen. Aus dem Vorgängerinstrument übernahm der Orgelbaumeister Arp Schnitger 14 Register, von denen das älteste aus dem Jahre 1512 stammt. Der Spieltisch hat vier Manuale und Pedal. Die Werke haben die Bezeichnungen Hauptwerk, Oberwerk, Rückpositiv, Brustwerk und Pedal. Der Prospekt der Arp-Schnitger-Orgel von St. Jacobi prägte den Gattungsbegriff des Hamburger Prospekts. Charakteristisch dafür ist der symmetrische Aufbau von Pedaltürmen und Ecktürmen, durchbrochen von Flachfeldern, um einen großen Mittelturm des Hauptwerks.

[Bearbeiten] Von den Weltkriegen zum Wiederaufbau

1917 mussten die Prospektpfeifen an die Heeresverwaltung abgegeben werden, um daraus Konservendosen für die Front zu machen. Dieser Eingriff minderte den Nimbus des Instruments jedoch nicht. Hans Henny Jahnn entdeckte nach dem Ersten Weltkrieg den Wert dieser Orgel zusammen mit seinem Freund Gottlieb Harms und setzte sich unter großen persönlichen Opfern und Schwierigkeiten durch den Kirchenvorstand für die Instandsetzung dieser Orgel ein, dies in enger Zusammenarbeit mit dem Orgelbaumeister Karl Kemper aus Lübeck. Mit der Durchführung der Ugrino-Konzerte trieb er finanzielle Mittel für dieses Vorhaben auf.

Hans Henny Jahnn verkündete von hier aus 1925 zusammen mit Albert Schweitzer und Christhard Mahrenholz die Prinzipien der Orgelbewegung, die eine Rückbesinnung auf die Klangideale des Barock forderte.

Nach der Vernichtung der großen Schwesterinstrumente von St. Katharinen und dem Lübecker Dom lagerte man die Pfeifen, Windladen und Schnitzarbeiten 1943 in einen Bunker unter dem Kirchturm aus. Dadurch blieben 85 % des alten Bestandes erhalten. Die Sicherung von Kulturgütern vor den Bombenangriffen war seinerzeit riskantes Unterfangen, da man Gefahr lief, sich dem Vorwurf des Defaitismus auszusetzen. Das Orgelgehäuse sowie der Spieltisch verblieben in der Kirche und wurden ein Raub der Flammen.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Orgel provisorisch im Südschiff der Kirche wieder aufgestellt. Nach der Fertigstellung der Instandsetzungsarbeiten des Hauptschiffs wurde sie in einem neuen Gehäuse mit neuem Spieltisch wiederaufgebaut und am 29. Januar 1961 in einem Gottesdienst eingeweiht. Dieser Wiederaufbau fand aber mit einigen Kompromissen statt, die der alten Klangsubstanz aber durchaus gerecht wurden. Nach rund 25 Jahren, die überragenden Klangqualitäten der Orgel waren in über 150 Orgelkonzerten einem sehr großen Zuhörerkreis durch den seinerzeit amtierenden Großmeister am Spieltisch Heinz Wunderlich vermittelt worden, wurden Schwächen spürbar, sodass man sich entschloss, Jürgen Ahrend mit der Restaurierung der Orgel zu beauftragen. Dieser hatte sich zuvor schon mit positiv beurteilten Restaurierungen anderer Orgeln von Huß und Arp Schnitger einen Namen gemacht. Es ist aber ein bleibendes Verdienst der Orgelbauwerkstatt Kemper, Lübeck, die Orgel vor der drohenden Pneumatisierung Ende der 1920er Jahre durch den seinerzeit amtierenden Organisten Carl Mehrckens und den Orgelsachverständigen Theodor Cortum gerettet zu haben.

Zunächst wurde jede historische Pfeife vom Groninger Orgelexperten Cor Edskes nach etwa 30 Merkmalen beschrieben, um die Restaurierung auf möglichst sichere Grundlagen zu stellen. Der Spieltisch wurde nach einem originalen Vorbild Schnitgers rekonstruiert. Dabei war von besonderer Bedeutung, dass man kurz zuvor auf dem Dachboden über der Kirche die alten Registerschilder wiedergefunden hatte. Die großen Zungenbecher der Posaune 32' konnten konstruktionsbedingt ihr eigenes Gewicht nicht tragen und wurden mit Kupfermanschetten versehen. Die Prospektpfeifen, darunter der Prinzipal 32', wurden neu gegossen. Dazu musste Jürgen Ahrend eigens die Decke seiner Werkstatt öffnen. Die Legierung des Metalls der Prospektpfeifen war jedoch unbekannt. Dabei kam den Restauratoren der Zufall zur Hilfe: Auf einer alten Pfeife entdeckten sie einen Flicken, von dem man annahm, dass er ein Abfallprodukt der alten Prospektpfeifen sein könnte, wie sie normalerweise beim Stimmen solch großer Pfeifen ohne weiteres entstehen. Dieser wurde analysiert und ergab eine Legierung aus fast reinem Zinn, die beim Neuguß der Prospektpfeifen verwendet wurde. Des Weiteren waren nach dem zweiten Weltkrieg die originalen Windladen von Kemper in veränderter Anordnung wieder aufgebaut worden, ein Umstand, der von den Restauratoren rückgängig gemacht wurde. Anhand der Abmessungen der Windladen und der Mensuren der Pfeifen konnte auch der Winddruck annähernd bestimmt werden. Das Ergebnis war die Wiedergewinnung einer historischen Orgel in alter Klangqualität. Als problematisch hat sich die modifizierte mitteltönige Stimmung erwiesen. Ein Teil des Orgelwerks ( Triosonaten) von J. S. Bach kann seither auf der Orgel nicht mehr interpretiert werden. Gelegentlich wird die Orgel nach ihrer Restaurierung als zu laut empfunden. Es sei hierbei aber darauf hingewiesen, dass man Vergleiche mit anderen Schnitgerorgeln durchgeführt hat, bei denen die Eingriffe durch Krieg und Wiederaufbau nicht so gravierend waren. Erkenntnis dieser organologischen Vergleiche ist, dass Schnitger alle seine Pedalwerke, an die grundsätzlich keine anderen Werke gekoppelt werden konnten, für den heutigen Geschmack als zu „leise“ und bei gekoppelten Manualen wenig tragfähig gelten. Dies ist aber ein Phänomen, das aber nicht bei allen Schnitger-Orgeln auftritt. Der Eindruck, dass der Principalchor zu laut ist, liegt in St. Jacobi wohl eher an der Abtrennung der Seitenschiffe durch Glaswände in den Arkaden, ein Umstand, der aus vielfacher Sicht einer dringenden Überprüfung bedarf.

Schließlich wurde das Schnitzwerk restauriert, Fehlendes ergänzt und mit Blattgold neu vergoldet, darunter auch die Schleierbretter, die Engelsfiguren auf dem Rückpositiv, die Davidsstatue und die Engelsputten am Hauptwerk.

Die Gesamtkosten betrugen fünf Millionen Deutsche Mark. Anhand der organologischen Befunde und der handwerlichen Erfahrung des Restaurators geht man heute im allgemeinen davon aus, dass der heutige Klang weitestgehend dem der Zeit Schnitgers entspricht.

Das Gehäuse, welches nach dem Krieg angefertigt worden war, wurde der Gemeinde St. Georgen in Wismar überlassen und wird dort Verwendung finden, sobald der Wiederaufbau der Kirche dort abgeschlossen ist.

[Bearbeiten] Disposition

Nach der Restaurierung 1993:

Werck CDEFGA-c3 Oberpositiv CDEFGA-c3 Rückpositiv CDE-c3 Brustpositiv CDEFGA-c3 Pedal C-d1
Principal 16' (JA) Principal 8' (AS/JA) Principal 8' (JA) Principal 8' (Fri) Principal 32' (JA/AS)
Quintadehn 16' (Fri/AS) Rohrflöht 8' Gedackt 8' (Sch/Fri) Octav 4' (AS/JA) Octava 16'
Octava 8' (Sch/AS) Holtzflöht 8' Quintadehna 8' (Sch/Fri) Hollflöth 4' Subbaß 16'
Spitzflöht 8' Spitzflöht 4' Octava 4' (Fri/AS) Waldtflöht 2' Octava 8'
Viola di Gamba 8' (Leh) Octava 4' (Sch) Blockflöht 4' (Sch/Fri) Sexquialtera 2f. (Fri/AS) Octava 4' (Fri)
Octava 4' (Sch/AS) Nasat 3' Querpfeiff 2' (Fri/JA) Scharff 4-6f. Nachthorn 2'
Rohrflöht 4' (Sch/AS) Octava 2' (Fri) Octava 2' (Fri/AS) Dulcian 8' Rauschpfeiff 3f. (Fri/AS)
Flachflöht 2' (JA) Gemshorn 2' (Sch/Fri) Sexquialtera 2f. (Fri/AS) Trechter Regal 8' Mixtur 6-8f. (Fri/AS)
Rauschpfeiff 2f. (Sch/AS) Scharff 4-6f. (Fri/JA) Scharff 6-8f. (Fri/JA) Posaune 32'
Super Octav 2' Cimbel 3f. (AS/JA) Siffloit 11/2' (Fri) Posaune 16'
Mixtur 6-8f. (Fri/AS) Trommet 8' Dulcian 16' Dulcian 16'
Trommet 16' (Fri/AS) Vox humana 8' Bahrpfeiffe 8' (AS/JA) Trommet 8'
Trommet 4' (AS/JA) Trommet 8' (Leh/JA) Trommet 4'
Cornet 2'
Falls das Register nicht komplett von Arp Schnitger ist, sind in Klammern die Erbauer angegeben.
(Sch = Scherer, Fri = Gottfried Fritzsche, AS = Arp Schnitger, Leh = Johann Jakob Lehnert, JA = Jürgen Ahrend)
  • Koppeln: Brustpositiv / Werck, Oberpositiv / Werck

[Bearbeiten] Literatur

  • Karl-Heinz Göttert, Eckhard Isenberg: Orgelführer Deutschland. Bärenreiter, Kassel 2001, ISBN 3-7618-1347-3
  • Heimo Reinitzer (Hg.), Die Arp Schnitger-Orgel der Hauptkirche St. Jacobi in Hamburg, Christians Verlag
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