Baldwin-Effekt
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Der Baldwin-Effekt beschreibt das Übergehen einer Charakteristik (meist Verhaltensweise) in das genetische Material einer Spezies.
Angenommen eine Charakteristik ist zunächst nicht in einer Population vorhanden, wird dann aber von einigen erlernt. Wenn nun dieses Charakteristikum nachfolgenden Generationen angeboren ist, spricht man vom Baldwin-Effekt. Zunächst hört sich das sehr nach Lamarckismus an, der Idee des direkten Übergangs von individuell Erlerntem in die Gene. Die Idee ist aber vielmehr, dass nachfolgende Generationen einen evolutionären Vorteil haben, wenn sie keine Energie (Zeit) zum Erlernen dieses Charakteristikums aufwenden müssen (langfristig können sich aber unter Umständen durch die verlorene Flexibilität Nachteile ergeben). Ob und in welchen Fällen der Baldwin Effekt aber in der natürlichen Evolution auftritt, wird noch immer kontrovers diskutiert.
Kommentar: Es geht dabei nicht um erworbene Charakteristika, sondern um erlernte Fähigkeiten, die denjenigen Individuen einen selektiven Vorteil verschaffen, die diese bereits angeboren besitzen und nicht erst erlernen müssen. Ist ebenfalls als genetische Assimilation bekannt. Klar, wenn meine Kinder schon von Geburt an Latein könnten (was ich erlernen musste), hätten sie einen Vorteil (und ich könnte mir Nachhilfestunden sparen). Leider ist es nicht so. Baldwin hat keinen Effekt.
Die erlernten Fähigkeiten werden keinesfalls von den Individuen, denen sie einen Selektionsvorteil verschaffen, "besessen". Vielmehr geht es darum, das Glück zu haben, der Fähigkeit, sie erlernen zu können, zunächst einmal genetisch näher zu sein.
Prinzip: Nehmen wir an, die Fähigkeit sei realisiert als ein Schema AABBAAA. Dann haben Individuen mit der Struktur AABBBAA einen Vorteil vor solchen mit der Struktur BBAABBB, weil sie die Fähigkeit nach sehr viel weniger Versuchen bereits beherrschen werden.
Der Selektionsprozess wird nun solange durchgeführt, bis tatsächlich ALLE Individuen mit AABBAAA zur Welt kommen - und somit der erlente Prozess eine Veränderung des Genoms bewirkt hat.
[Bearbeiten] Literatur
- James Mark Baldwin: A New Factor in Evolution. The American Naturalist 30, 441-51, 536-53., 1896
- Hinton, G.E. & Nowlan S.J. How learning can guide evolution. Complex Systems 1, 495-502., 1987