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Bremsen (Radsport)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Der Ausdruck Bremsen bezeichnet im Radsport-Jargon im Gegensatz zum Bremsen im Sinne „negativer Beschleunigung“ ein taktisches Manöver.

Im engeren Sinne bedeutet Bremsen: Angriffe der Gegner stören bzw. das Tempo des Hauptfeldes verschleppen. Tatsächlich gibt es unzählige kleine Manöver, die dazu beitragen, gegnerische Aktionen zu unterbinden. Das Ziel ist bei allen Aktionen das gleiche: Versuche der eigenen Mannschaft, Fahrer mit Vorsprung ins Ziel zu bringen, sollen damit unterstützt – Versuche der Gegner möglichst vereitelt werden.

Auf gar keinen Fall aber ist es erlaubt, die Bremsen bei diesen Manövern zur Hilfe zu nehmen. Dies würde die Sicherheit aller Fahrer gefährden und ist daher strengstens „verboten“. Wie bei anderen taktischen und strategischen Manövern kommen natürlich auch hier die „ungeschriebenen Gesetze“ des Radsports zur Anwendung, in den Wettfahrbestimmungen beispielsweise des BDR wird man das obige „Verbot“ wie alle anderen hier angesprochenen Regeln vergeblich suchen.

[Bearbeiten] Spielarten beim Bremsen

Im Profiradsport sowie bei den großen Amateurrennen, aber auch verstärkt im Frauen- und Juniorenbereich treten die Fahrer in Teams an, so dass es bei Eintagesrennen nicht unbedingt darauf ankommt, dass ein bestimmter Fahrer das Rennen gewinnt oder weit vorne landet: Hauptsache, einer von der eigenen Mannschaft ist „dabei“. Anders ist die Situation, wenn bei Amateurrennen vereinzelt Fahrer gleichen Teams angehören und einander unterstützen oder womöglich sogar einzelne, miteinander freundschaftlich verbundene Fahrer einander helfen, was, wenn es einen bestimmten Rahmen überschreitet, als illegitim angesehen wird.

Bei den einzelnen im folgenden aufgelisteten Manövern ist jeweils durch ein in Klammern gesetztes „(g)“ (= „Gefährdung der Gegner möglich“) beziehungsweise ein „(nP)“ (= nicht Profis) gekennzeichnet, dass das betreffende Manöver am Rande des Erlaubten liegt beziehungsweise bei den Profis nicht angewendet wird.

  • Beschatten des gegnerischen Fahrers: Ein Fahrer mit guten Sprinterqualitäten (Eintagesrennen) bzw. mittlerer bis guter Platzierung im Gesamtklassement (Rundfahrten) wird dazu abgestellt, sich ständig in der Nähe eines aussichtsreichen gegnerischen Fahrers aufzuhalten und bei einem Angriff mitzugehen. Auswirkung: Der gegnerische Fahrer wird seine Angriffe regelmäßig abbrechen, wenn er den „Beschatter“ an seinem Hinterrad bemerkt, weil er sonst einem Gegner eine gute Platzierung bzw. eine Verbesserung im Gesamtklassement ermöglichen würde. Varianten: Bricht der oder brechen die Angreifer den Angriff nicht ab, kann der „Beschatter“ sich an der Führungsarbeit der entstehenden Ausreißergruppe beteiligen oder diese verweigern, je nachdem, welche Ziele sein Team verfolgt.
  • Führungsarbeit Stören (eingeschränkt nP): Dieses Manöver kommt sowohl in Ausreißergruppe als auch Verfolgergruppen und im Peloton zur Anwendung. In allen Fällen geht es darum, gegnerische Fahrer aufzuhalten, ob sie einen Vorsprung herausfahren, den Vorsprung der eigenen Kameraden verringern oder als Verfolgergruppe zur Spitze aufschließen möchten. Hierzu mischt sich der Fahrer unter die ersten 10 bis 15 (im Hauptfeld) bzw. beteiligt sich an der Führungsarbeit der Ausreißer-/Verfolger-Gruppe. Kommt er in die Führung, verschleppt er das Tempo oder bringt durch Scheinangriffe Unruhe in die Gruppe, so dass sie „nicht läuft“. Im Profi-Straßenrennsport kommt die Taktik in dieser Form sehr selten zum Einsatz: Stattdessen verweigert der Fahrer einfach die Führungsarbeit, fährt aber am Ende der Gruppe, was bereits ausreicht, um für die Gruppe ein „Bremsklotz“ zu sein. Im Peloton zieht sich die Mannschaft aus der Führungsarbeit zurück, bleibt aber im vorderen Renndrittel, um die etwaige Bildung von Verfolgergruppen zu vereiteln.
  • Scheinangriffe: Sie gehören zur „hohen Kunst“ der Radsport-Taktik, da sie im ungünstigsten Falle das Gegenteil bewirken können. Richtig vorgetragen, verschleppen auch sie letztlich das Tempo des Feldes und in Ausreißergruppen und gehören damit zu den Bremstaktiken. Sowohl diese Taktik als auch das Beschatten demonstrieren, dass es sich beim Bremsen keineswegs um eine kräfteschonende Arbeit handelt – Radrennfahrer sagen deshalb: „Richtig Bremsen ist Knochenarbeit!“
  • Die hundert kleinen Tricks: Neben diesen drei wichtigsten Bremstaktiken gibt es zahlreiche kleine Tricks, die hauptsächlich im Amateur-Radrennsport Verwendung finden. So kann man das Hauptfeld besser beschäftigen und gleichzeitig zügeln, wenn man eine Verfolgergruppe nicht sofort stellt, sondern nur im Auge behält, denn solange die Gruppe „unterwegs“ ist, werden alle Mannschaften, die Fahrer in dieser Gruppe haben, das Tempo des Pelotons nicht erhöhen. Natürlich gibt es auch Tricks, die eher bedenklich sind: Zur falschen Seite ablösen (g, nP) ist beispielsweise geeignet, die Arbeit einer Verfolgergruppe zu stören, kann aber schlimmstenfalls zu Stürzen führen. Absichtlich langsam durch Kurven fahren (nP) ist bei Rundstreckenrennen bisweilen eine gern verwendete Taktik, aber ebenfalls nicht ganz ungefährlich.

[Bearbeiten] Eine strittige Frage: Darf ein „Bremser“ sprinten?

Eine Frage, die auch nach den „ungeschriebenen Gesetzen“ nicht eindeutig zu beantworten ist und bisweilen sogar bei den Profis für Diskussionsstoff nach dem Rennen sorgt, ist die, ob ein Fahrer, der sich zu Bremser-Zwecken viele Kilometer nur am Ende einer Spitzengruppe aufgehalten hat, in den Schlußsprint der Gruppe eingreifen darf oder nicht. Generell gilt die Regel „Wer nicht führt, darf nicht spurten!“, doch es sind Konstellationen möglich, in denen dies nicht gilt. Hat eine Mannschaft A beispielsweise eine hohe zahlenmäßige Überlegenheit und Mannschaft B hat nur „einen Mann zum Aufpassen“ mitgeschickt, während ihr Kapitän im Hauptfeld festsitzt, wird man dem einen Fahrer der Mannschaft B, der selbstverständlich jegliche Führungsarbeit verweigern darf, nicht übel nehmen, wenn er um den Sieg mitspurtet. Allerdings haben solche „Aufpasser“ bei wichtigen Rennen selten den Sieg errungen.

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