Christoph Luxenberg
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Christoph Luxenberg ist das Pseudonym eines deutschen (nach anderer Vermutung libanesischen, mit einem Deutschen zusammenarbeitenden) Semitisten, dessen Identität unbekannt ist (Stand 2007; zur L.-Identität vgl. auch Christoph Luxenberg in der NL-Wikipedia). Mit seiner anonymisierten, aus offenbar begründeter Angst vor dem gewalttätigen "Zorn" gewisser muslimischer Kreise gewählten Verfasserangabe erschien im Jahr 2000 eine Abhandlung mit dem Titel Die syro-aramäische Lesart des Koran - Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache, die im deutschsprachigen Raum unter anderem durch Rezensionen in der «Neuen Zürcher Zeitung» (2001) und der Zeit (2003) einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Die Arbeit ist, nach Angabe des Autors im Vorwort, die Veröffentlichung eines „Bruchteil[s] umfangreicherer Untersuchungen zur Sprache des Koran“ und soll der Forschung „Anstöße zu einer ersten Diskussion über die Methoden und die daraus folgenden inhaltlichen Deutungen des Korantextes“ ermöglichen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Das Buch
In der Diskussion um Mündlichkeit und Schriftlichkeit der frühen Koranüberlieferung, nimmt Luxenberg im Gegensatz zur traditionellen islamischen Ansicht eine fehlende Kontinuität des mündlichen Teils an. Da sowohl die diakritischen Punkte zur genauen Unterscheidung der Konsonanten als auch die Vokalzeichen (siehe Arabisches Alphabet) erst im Laufe der ersten drei Jahrhunderte des Islam eingeführt wurden, geht er von einer Fehllesung zahlreicher ursprünglich aramäischer Ausdrücke durch Exegeten aus, die diese nicht mehr als solche erkannten und denen das mündliche Korrektiv fehlte. Durch diese Fehllesungen, so Luxenberg, seien die vielen unklaren Stellen des Korans – deren Existenz auch andere Gelehrte nicht bestreiten – erst entstanden, für die Luxenberg nun alternative syro-aramäische Lesarten anbietet.
Die Orientalistik nimmt zwar seit langem sowohl aramäische sprachliche als auch christlich-jüdische religiöse Einflüsse auf den frühen Islam, eine ansonsten aber im Kern zutreffende Darstellung der Koranentstehung durch die islamische Historiographie an. Luxenberg geht hingegen regelrecht von einer physisch vorhandenen aramäischen Vorlage des Korans aus. Er leitet das arabische Wort qur'ān (قرآن) über eine vermutete Schreibung qɘryān (قرين) von aramäisch qɘryānā «Lektionar» her und setzt die Bibel der syrisch-aramäischen Christen mit der Urschrift gleich, auf die der Koran Bezug nimmt – ähnlich wie die Lektionare der christlichen Kirchen sich auf die Bibel beziehen, ohne mit ihr identisch zu sein.
Der Koran ist im Islam das Zentrum des Glaubens und es ist seit dem Ende der Mu'tazila Dogma, dass er in «klarer arabischer Sprache» als unverfälschte Wiedergabe einer unerschaffenen, bei Gott befindlichen Urschrift offenbart worden sei. Da Luxenbergs Arbeit dieses Dogma hinterfragt, fallen die muslimische Reaktion auf seine Arbeit zum Teil wütend aus (siehe Weblinks).
Anders sieht seit einem Symposium des «Wissenschaftskollegs zu Berlin» im Januar 2004 die Lage in der deutschsprachigen Orientalistik aus. Die verfestigten Gräben zwischen «Traditionalisten» und «Skeptikern» scheinen nun aufgeweicht, und das wichtige Desideratum einer «kritischen Koranausgabe» soll wieder in Angriff genommen werden. Luxenbergs Lesungsvorschläge müssen im Einzelfall geprüft werden, erst dann kann sich erweisen, in wie weit sie zutreffen und ob sie für einen Paradigmenwechsel tatsächlich ausreichen.
[Bearbeiten] Literatur
- Christoph Luxenberg: Die syro-aramäische Lesart des Koran, ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache. Das Arabische Buch, Berlin 2000, Verlag Hans Schiler, Berlin 2004 (2.Aufl.). ISBN 3-86093-274-8, ISBN 3-89930-028-9
- Christoph Luxenberg: Weihnachten im Koran. in: imprimatur. Trier, 2003,1 ISSN 0946-3178, auch in:
- Christoph Burgmer (Hrsg.): Streit um den Koran - Die Luxenberg-Debatte, Standpunkte und Hintergründe. Verlag Hans Schiler, Berlin 2004. ISBN 3-89930-067-X
- dto. 3. erweiterte Auflage. Verlag Hans Schiler, Berlin 2006, ISBN 3-89930-145-5
- Christoph Luxenberg: Der Koran zum 'islamischen Kopftuch'. in: imprimatur. Trier 2004,2. ISSN 0946-3178
- Christoph Luxenberg: Neudeutung der arabischen Inschrift im Felsendom zu Jerusalem. in: Karl-Heinz Ohlig, Gerd R. Puin (Hrsg.): Die dunklen Anfänge - Neue Forschungen zur Entstehung und frühen Geschichte des Islam. Verlag Hans Schiler, Berlin 2005. ISBN 3-89930-128-5
[Bearbeiten] Weblinks
[Bearbeiten] Presseberichte
- Wie aramäisch ist der Koran? in: Neue Zürcher Zeitung. Zürich 3. Februar 2001 (der erwähnte Artikel der Neuen Zürcher Zeitung). ISSN 0376-6829
- Keine Huris im Paradies. in: Die Zeit. Hamburg 2003,21 (der Artikel aus der ZEIT). ISSN 0044-2070
- Deutschlandfunk am 19. September 2004 (28 minütiges Interview vom Deutschlandfunk mit Luxenberg gesendet am 19. September 2004).
- Interview Christoph Luxenbergs mit Alfred Hackensberger. in: Süddeutsche Zeitung. München 24. Februar 2004, S.15 (gelöscht wegen Urheberrechtsverstoßes). ISSN 0174-4917
- Interview Christoph Luxenbergs mit Edith Kresta. in: die tageszeitung (taz). Berlin 2004,7331 (10. April 2004), S.21. ISSN 0931-9085
[Bearbeiten] Wissenschaftskolleg zu Berlin
[Bearbeiten] Rezensionen
[Bearbeiten] Von Original-Homepages
- R.A.C. Kroes: ‘Missionary, dilettante or visionary? A review of Ch. Luxenberg: "Die Syro-Aramäische Lesart des Qur'an’", 2004.
- Robert R. Phenix Jr. and Cornelia B. Horn in: Hugoye. Journal of Syriac Studies. 6.2003,1 (Jan.). ISSN 1097-3702
(Englisch)
[Bearbeiten] Von Seiten Dritter
Die folgenden Rezensionen sind auf den Websites der entsprechenden Zeitschriften nicht vorhanden. Ihre Authentizität ist deshalb nicht gewährleistet.
- Michael Marx: "Was ist eigentlich der Koran?". Berlin 2004 (Zusammenfassung der Konferenz zu Christoph Luxenbergs Buch, die in Berlin vom 21. bis 25. Januar im Wissenschaftskolleg stattfand, deutsch).
- Michael Marx, Nicolai Sinai: Historische Sondierungen und methodische Reflexionen zur Korangenese - Wege zur Rekonstruktion des vorkanonischen Koran. (ausführl. Bericht der Organisatoren des Berliner Symposions, deutsch).
[Bearbeiten] Islamische Reaktionen
Personendaten | |
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NAME | Luxenberg, Christoph |
KURZBESCHREIBUNG | Pseudonym eines deutschen Semitisten, dessen Identität aber bis jetzt unbekannt ist |