Die Wand
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Die Wand ist ein Roman der Schriftstellerin Marlen Haushofer, der 1962 in Gütersloh und 1963 in Wien erschien.
Der dritte und erfolgreichste Roman der Autorin beschreibt das Leben einer Frau, die in aller Radikalität von der Zivilisation abgeschnitten wird.
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[Bearbeiten] Inhalt
Die namentlich nicht benannte Erzählerin in Die Wand reist mit ihrer Kusine und deren Ehemann zum Wochenende auf eine Jagdhütte. Während das Ehepaar dann des Abends noch in die Gaststätte eines nahegelegenen Dorfes ziehen, bleibt die Erzählerin und Protagonistin allein in der Hütte, um am nächsten Morgen festzustellen, dass sie immer noch alleine ist. Auf ihrer Suche nach den beiden bemerkt sie, dass sie durch eine unsichtbare Wand von der Außenwelt abgeschnitten wurde.
Während ihrer Exkursionen stellt die Heldin des Romanes nun fest, dass ein nicht weiter bezeichnetes Unglück wahrscheinlich alle, zumindest aber alle ihr durch die Wand sichtbaren Lebewesen getötet hat, sie mithin durch die Wand geschützt und gleichzeitig eingesperrt ist. Da das Areal, das von der Wand umschlossen wird, sich aber über ein ganzes Tal hinaus erstreckt, lernt die so Isolierte nun allmählich, sich von den verbliebenen Vorräten und den Erzeugnissen des Waldes und der Felder zu ernähren. Zu der Sorge um ihre eigene Existenz kommt dabei bald die Sorge um verschiedene Tiere, die ihr zulaufen: Ein Hund, eine Katze und eine Kuh gesellen sich zu der Erzählerin, die aus der Retrospektive dann auf verbliebenen Kalenderblättern ihre Geschichte für eine vielleicht nicht mehr vorhandene Nachwelt zu überliefern versucht.
[Bearbeiten] Würdigung
Haushofers Roman, der in höchstem Maße interpretationsoffen ist, wurde schon immer in vielfältiger Weise gelesen. Er kann als eine radikale Zivilisationskritik verstanden werden, die den Menschen wieder in die Natur zurück versetzt, ihm die Kulturgüter, wie den am Haus langsam zuwachsenden Mercedes, als ebenso überflüssig wie unsinnig entzieht, und ist hierin hinsichtlich der Entwicklungsmöglichkeiten des Menschen ebenso positiv wie negativ gestimmt. Überlebt die Erzählerin doch zumindest eine gewisse Zeit - über ihr mögliches Ende ist nichts überliefert - und belegt darin Anpassungsfähigkeit wie auch die Möglichkeit einer gerade im Minimalismus sich findenden moralischen Position, so negiert dieses Konzept aber, dass die Menschheit sich zumindest dem Anschein nach bereits vernichtet zu haben scheint.
Hierhin gehört auch, dass der einzige weitere Überlebende der Spezies Mensch ein überaus rücksichtloses Exemplar ist, das, kaum eingeführt, auch schon von der Protagonistin erschossen werden muss. Spätestens hierin gerät die dann doch eher negative Utopie dann aber auch zu einem emanzipatorischen Frauenroman, der die implizite Kritik am gewaltbereiten Patriarchat nicht nur in der Entwicklung der Heldin durchführt, sondern darin auf die Spitze treibt, die zumindest innerhalb des von der Wand umschlossenen Mikrokosmos letzte Möglichkeit zur Paarung, Fortpflanzung und Rettung des Fortbestandes der Menschheit in toto auszuschließen.
Über diese Perspektiven der Interpretation hinaus lässt sich Haushofers Roman aber auch als eine bis auf das Ende versöhnliche Geschichte vom friedlichen Zusammenleben von Mensch und Tier, vom Menschen in der Natur lesen und bekommt in manchen Passagen sogar Züge einer Katzengeschichte, deren Schicksal immer wieder detailliert verfolgt wird (und in gewisser Weise dann in dem Kinderbuch Bartls Abenteuer seine Fortsetzung fand). Insgesamt bleibt Haushofers Roman so eine in einfacher, kaum je zu Pathos neigender Sprache dargebotene Utopie, die zwischen Kritik und Versöhnung zu oszillieren scheint und vielleicht gerade darum das beliebteste Werk der Autorin ist.
[Bearbeiten] Literatur
- Marlen Haushofer, Gisela Ullrich: Die Wand. (Lernmaterialien, 1999 / ISBN 3123519600)