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Feinwertungen für Schachturniere

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Feinwertungen für Schachturniere werden angewandt, wenn mehrere Spieler punktgleich sind und trotzdem eine Rangliste erstellt werden soll.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Wertung nach Sonneborn-Berger

Diese so genannte SoBerg -Wertung wurde zunächst bei Rundenturnieren "Jeder gegen jeden" benötigt, wenn am Ende zwei oder mehrere Spieler punktgleich sind und wird heute auch in Turnieren nach "Schweizer System" eingesetzt. Für jeden der punktgleichen Spieler wird die SB-Zahl ermittelt. Der Spieler mit einer höheren SB-Zahl erhält den besseren Tabellenplatz. Somit entspricht die SB-Zahl in etwa der Tordifferenz beim Fußball.

Im August 1873 hat der österreichisch-ungarische Schachmeister Oscar Gelbfuhs dieses System entwickelt. 1882 haben William Sonneborn (*1843, † 1906) und Johann Berger (*1845 in Graz, †1933, starker Schachspieler, Theoretiker und Schachkomponist) das System bei einem Turnier in Liverpool erstmals ausprobiert und 1886 in die Praxis eingeführt.

Um die SB-Zahl zu ermitteln, erhält der Spieler die volle Punktzahl von allen Gegnern, gegen die er gewonnen hat, sowie die halbe Punktzahl von allen Gegnern, gegen die er remisiert hat. Die Summe dieser Punktzahlen ist die SB-Zahl.

Beispiel: Am Ende eines Rundenturniers ergebe sich folgende Ergebnismatrix ("r" = Remis, "1" = Sieg, "0" = Niederlage):

               A  B  C  D  E  F  G   Punkte

   Spieler A   -  r  r  1  1  1  1     5
           B   r  -  r  r  1  1  1     4,5
           C   r  r  -  r  r  1  1     4
           D   0  r  r  -  1  1  1     4 
           E   0  0  r  0  -  1  1     2,5
           F   0  0  0  0  0  -  1     1
           G   0  0  0  0  0  0  -     0
           

Spieler C und D sind punktgleich mit 4 Punkten. Hier muss die SB-Wertung entscheiden.

Spieler C erhält folgende SB-Punkte:

   Remis gegen A:   2,5  Punkte  (Hälfte von 5 Punkten von A)
   Remis gegen B:   2,25 Punkte
   Remis gegen D:   2    Punkte
   Remis gegen E:   1,25 Punkte
   Sieg gegen F:    1    Punkt    (alle Punkte von F)
   Sieg gegen G:    0    Punkte                           Summe = SB-Zahl = 9

Spieler D erhält folgende SB-Punkte:

   Verlust gegen A: 0    Punkte
   Remis gegen B:   2,25 Punkte
   Remis gegen C:   2    Punkte
   Sieg gegen E:    2,5  Punkte
   Sieg gegen F:    1    Punkt
   Sieg gegen G:    0    Punkte                           Summe = SB-Zahl = 7,75

Somit hat C die höhere SB-Zahl und steht daher in der Tabelle vor D.

Dieses Verfahren gewichtet einen Punktgewinn gegen einen Gegner, der hoch in der Tabelle steht, höher als einen Gegner, der weiter unten steht. Ein Sieg gegen einen starken Gegner zählt mehr als ein Sieg gegen einen schwachen. So sind im Beispiel die Siege gegen G im SB-Sinne wertlos, weil G nur 0 Punkte hat. Dagegen bringt das Remis von C gegen den Tabellenersten A einen hohen SB-Zuwachs.

[Bearbeiten] Buchholz-Wertung

Die Buchholz-Wertung (BH) - erfunden 1932 von dem Magdeburger Bruno Buchholz - ähnelt der Wertung nach Sonneborn-Berger und wird bei Turnieren nach dem Schweizer System angewandt. Die Buchholz-Zahl errechnet sich durch Addition der Punkte aller Gegner, gegen die gespielt wurde - unabhängig vom Ergebnis der Spiele. Der Spieler mit der höheren Buchholz-Zahl ist besser platziert als der punktegleiche Spieler mit der niedrigeren, weil er ja gegen in diesem Turnier stärkere Gegner gespielt hat.

Bringt auch diese Wertung keine Entscheidung, kann eine Verfeinerte Buchholz-Wertung durch Addition der Buchholz-Punkte aller Spieler, gegen die gespielt wurde, ermittelt werden. Weil diese Verfeinerte Buchholzzahl auf die selbe Datenbasis wie die Buchholzzahl rekuriert, gleichen sich die Ergebnisse beider Wertungen unbefriedigend stark an, so dass man inzwischen zumeist als zweite Wertung die Sonneborn-Berger-Wertung heranzieht, die ursprünglich nur in Rundenturnieren eingesetzt wurde.

In der Gemittelten Buchholzwertung bleiben die Ergebnisse des besten und des schwächsten Gegners in der Wertung unberücksichtigt.

Üblicher ist es zur Vermeidung von Ungerechtigkeiten, etwa bei der Auslosung der ersten Runde oder durch Rücktritte mit ein oder zwei Streich-Ergebnissen zu arbeiten, bei denen die Punkte der zwei am schlechtesten abgeschnittenen Gegner in der Wertung unberücksichtigt bleiben.

In Rundenturnieren, bei denen jeder gegen jeden spielt, ist die Buchholz-Zahl belanglos, da in diesem Fall alle Spieler, mit der gleichen Punktzahl ebenfalls die gleiche Buchholz-Zahl aufweisen würden. In diesen Fällen benutzt man die Wertung nach Sonneborn-Berger (s.oben).

[Bearbeiten] Fortschrittswertung

Die Fortschrittswertung wird auch bei Turnieren nach dem Schweizer System angewandt, allerdings vornehmlich bei größeren Open-Turnieren. Für diese Wertung bekommt man nach jeder Runde seine bis dahin erzielten Punkte als Feinwertung gutgeschrieben. Siege oder Unentschieden in frühen Runden eines Turniers werden damit stärker gewertet als in den letzten Runden. Es soll damit erreicht werden, dass ein Spieler, der lange in der Spitzengruppe mitgespielt hat, also schon recht früh in einem Turnier Punkte geholt hat, in den letzten Runden nicht noch von jemandem überholt wird, der nur weiter hinten gespielt hat gegen vermutlich schwächere Gegner.

Diese Wertung hat aber auch etliche Schwächen, da zum Beispiel kampflose Siege oder ein Freilos genauso hoch bewertet werden wie ein richtiger Sieg, auch ist nicht gesagt, dass Spieler die am Ende eines Turniers die gleiche Punktzahl aufweisen z. B. in der Eröffnungsrunde gleich starke Gegner gehabt haben.

Wenn allerdings von einer großen Zahl von Spielern ausgegangen wird, erfüllt diese Wertung durchaus ihren Sinn.

Spieler A und Spieler B habe beide in etwa eine gleiche Elo-Zahl, sie spielen beide in der 1 Runde gegen nominell stärkere Gegner, weil sie in der unteren Hälfte der Auslosung sind. Spieler A spielt Remis und B verliert. In Runde 2 spielt Spieler A wieder gegen einen nominell stärkeren Gegner, B hingegen ist jetzt in der oberen Hälfte derer die 0 Punkte haben und bekommt demzufolge einen schwächeren Gegner. A spielt erneut Remis und B gewinnt. Beide haben jetzt 1 Punkt. A hat aber schon 1 1/2 Fortschritt im Gegensatz zu B der nur 1 Fortschrittspunkt hat. A wird dafür belohnt, dass er seine Punkte früher geholt hat.

[Bearbeiten] Wertung nach Performance

Eine Feinwertung nach Performance wird gelegentlich bei Turnieren nach dem Schweizer System angewandt, allerdings vornehmlich bei kleineren und hochklassigen Turnieren, auf denen alle Teilnehmer eine einheitliche und aussagekräftige Wertungszahl – etwa eine ELO-Zahl – besitzen.

Bei dieser Wertung wird für jeden Spieler der Durchschnitt (oder gleichbedeutend die Summe) aller vor dem Turnier feststehenden und bekannten Wertungszahlen seiner Gegner herangezogen. Der Spieler, dessen Gegner einen höhere durchschnittliche Wertungszahl besitzen, hat eine höhere Performance und damit eine bessere Leistung im Turnier erzielt.

Diese Art der Feinwertung hat verschiedene Vorteile gegenüber Buchholz-System oder Fortschrittswertung. Zum einen ist sie unabhängig von der Reihenfolge, in der man auf die Gegner trifft. Zum anderen steht die Feinwertung auch bereits mit der Auslosung der Paarungen der Schlussrunde fest, so dass diese Feinwertung nicht von zufälligen oder manipulierbaren Resultaten der Schlussrunde abhängt und den Spielern bereits während der Schlussrunde bekannt ist.

Die Wertung nach Performance wird etwa seit einigen Jahren bei den Deutschen Meisterschaften verwendet, wo praktisch stets alle qualifizierten Teilnehmer über eine aussagekräftige ELO-Zahl verfügen: „Bei Punktgleichheit entscheidet über die Platzierung die Summe der ELO-Zahlen der Gegner, ersatzweise deren DWZ, bei erneuter Gleichheit die FIDE-Buchholz-Wertung.“ (Ausschreibung zur Deutschen Meisterschaft 2007)

[Bearbeiten] Berliner Wertung

Die Berliner Wertung wird bei Bedarf bei Mannschaftskämpfen angewandt. Endet ein Mannschaftskampf remis und soll aber gleichzeitig doch eine Entscheidung herbeigeführt werden, dann wendet man oft die Berliner Wertung an - wieder analog der Tordifferenz beim Fußball.

Für einen Gewinn am letzten Brett erhält die Mannschaft einen Punkt. Am vorletzten zwei Punkte usw. Am ersten Brett erhält der Sieger so viele Punkte wie es Bretter gibt. Bei remis bekommen beide Mannschaften jeweils die Hälfte der am Brett zu vergebenen Punkte.

Im Falle eines Unentschiedens des Mannschaftskampfes gewinnt dann die Mannschaft, die mehr Punkte in der Berliner Wertung erreicht, die Begegnung.

Die Farbverteilung an den Brettern wird in der Regel so vorgenommen, dass auch die Berliner Wertung keine Entscheidung erbringen kann, wenn alle Weiß-Spieler (bzw. alle Schwarz-Spieler) ihre Partien gewinnen. Die Spieler einer Mannschaft haben deshalb an den Brettern 1,4 ( und ggf. 5,8) gleiche Farbe.

Als Beispiel spiele Mannschaft M1 gegen Mannschaft M2. Die Einzelergebnisse sehen so aus:

                    BW
 Brett 1:  remis    2:2
 Brett 2:   1:0     3:0
 Brett 3:   0:1     0:2
 Brett 4:  remis  0.5:0.5
          ---------------
            2:2   5.5:4.5

Der Mannschaftskampf endet also 2:2. Nach der Berliner Wertung steht es 5.5:4.5, also "gewinnt" die Mannschaft M1.

[Bearbeiten] Siehe auch

Wertungszahlen im Schach

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