Benutzer:Georg Schöck
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Vom Schicksal der Juden im Uffenheimer Gau
Inhalt
1. Vorbemerkung 2. Das Mittelalter 3. Renaissance und Reformation 4. Das Jahrhundert des 30jährigen Krieges 5. Im Zeitalter der Aufklärung 6. Das Jahrhundert der „Emanzipation“ 7. Das finsterste Kapitel unserer Geschichte 8. Anmerkung
Vorbemerkung
Als im April 1945 ein Großteil von Uffenheim, insbesondere die historische Altstadt, in Schutt und Asche lag, endete ein unrühmliches Kapitel unserer Stadtgeschichte. Sinnloser Widerstand gegen die heranrückenden amerikanischen Truppen und eine zu lange hinausgezögerte Übergabe der Stadt, weil hitlertreue Verantwortliche die Nie-derlage nicht eingestehen wollten oder auch zurecht fürchteten, von den Siegern zur Verantwortung gezogen zu werden, hatten der Uffenheimer Bevölkerung wie in den umliegenden Dörfern den ganzen Schrecken des Krieges am eigenen Leib erfahren lassen. Menschenleben waren zu beklagen, Gebäude und Infrastruktur zerstört, die öffentliche Ordnung war nicht mehr gewährleistet, Angst vor Willkür der Sieger machte sich breit. Dabei war es noch keine sieben Jahre her, daß die letzten Mitbürger einer nicht-christlichen Glaubenszugehörigkeit, Juden nämlich, in einer Stimmung der Überle-genheit zum Bahnhof gebracht wurden, um sie ins Konzentrationslager nach Dachau zu deportieren. Viele Erinnerungen an diese Vorgänge wurden aus dem Gedächtnis gelöscht, Spuren beseitigt, Stillschweigen breitete sich aus. Zudem waren mit dem ausgebrannten Rathaus scheinbar alle wichtigen Archivunterlagen der Stadt unwider-ruflich vernichtet. Dennoch ließen sich Unterlagen zusammentragen, konnten ältere Mitbürger nach ih-ren Erinnerungen befragt werden, so daß sich über einen Zeitraum von mehr als 600 Jahren das Schicksal jüdischer Mitbürger in unserem Raum nachvollziehen läßt, eine Zeit, die in den folgenden Kapiteln mit Leben gefüllt werden soll. Dabei wurde ver-sucht, zur besseren Veranschaulichung das Geschehen vor Ort in den gesamtge-schichtlichen Rahmen einzubinden.
Das Mittelalter
Zeitgleich mit dem Niedergang des Römischen Reiches spaltete sich die mittelalterli-che Welt in zwei religiös ausgerichtete Machtbereiche. Wurde im 4.Jahrhundert das ganz Westeuropa einschließlich Britannien umfassende Römerreich christianisiert, verbreitete sich der Islam im 7. und 8.Jahrhundert von Arabien her nach Osten über Babylonien hinaus und nach Westen über Nordafrika bis nach Spanien hinein. Die Juden wanderten innerhalb dieser beiden Machtbereiche hin und her und ließen sich an verschiedenen Orten nieder. Eine Teilgruppe folgte den römischen Legionen und ließ sich in Italien, Gallien, Germanien, Britannien und später auch in Osteuropa nieder. Obwohl schriftliche Quellen aus dieser Zeit fehlen, ist es nicht unwahrscheinlich, daß einige Jahrhunderte nach der fränkischen Landnahme auch Juden in unsere Gegend zogen und seßhaft wurden. Die deutschen Kaiser schienen ihnen zunächst wohlge-sonnen zu sein. So gewährte 1074 Kaiser Heinrich IV. den „Juden und übrigen Wormsern“ Zollfreiheit und verlieh ihnen weitgehende Rechte, die Friedrich I. Bar-barossa 1157 und Friedrich II. 1236 erneuerten. Die Wende für das Schicksal der Juden brachten die Kreuzzüge. Tausende verloren in Deutschland ihr Leben, weil sich die Kreuzfahrer erst einmal zu Hause reiche Beute von den „Ungläubigen“ erwarteten. Kaiserliche Schutzbriefe halfen also nicht immer. Ungehindert verfügte das 4.Laterankonzil von 1215 unter Papst Innozenz III., die Ju-den müßten auf ihren Gewändern die gelben Abzeichen der Vogelfreien und einen kegelförmigen Spitzhut tragen. 1266 war Uffenheim an die Herren von Hohenlohe gekommen und entwickelte sich in den nächsten 50 Jahren zu einem Ort mit stadtähnlichem Charakter. Die Zahl der jüdischen Einwohner dürfte nicht unbedeutend gewesen sein, schließlich waren beim sogenannten Rindfleisch - Pogrom, das 1298 von Röttingen ausging, viele jüdische Todesopfer zu beklagen. 1330 war der Fyuelmann Jude aus Uffenheim in Würzburg ansässig, der möglicherweise dieses Morden überlebt hatte. Nur sechs Jahre später, 1336, wurden von einer aufgebrachten Menschenmenge erneut Juden in Uffenheim erschlagen. Ritter Arnold von Uissigheim führte, ebenfalls in der Gegend bei Röttin-gen, die sogenannte Armleder – Erhebung an. Wieder sollen Juden eine christliche Hostie geschändet haben, indem sie mit einer Nadel hineinstachen, so daß Christi Blut herausquoll. Der damalige deutsche Kaiser Ludwig IV. der Bayer (1328-1347) bestrafte die An-führer der Pogrome und mußte sich dafür von der Kurie tadeln lassen. Dennoch ge-währte er den Juden Privilegien und Schutz. Er war übrigens der Schwiegervater des bekannten Uffenheimer Herren Gerlach von Hohenlohe - Entsee (1344-1387), der mit seiner Tochter Margarete verheiratet war. 1379 nennen die Quellen erneut Juden in Uffenheim, das seit 1378 dem Burggrafen Friedrich V. von Nürnberg gehörte, dem nachgesagt wird, er sei ein Gönner der Ju-den gewesen. Juedlin dem Juden, wohnhaft in Uffenheim, schuldeten
„Ritter Syfrid Kopff“ 24 lb hl für ein von ihm gekauftes Pferd (1378), „Walter Derrer von Ippesheim“ 12 lb hl Uffenheimer Stadtwährung (1383), „Fridman von Nentzenheim“ 10 lb 5 ß hl (1383) und „Hans Betzolt zu Reysch“ 25 lb hl (1385). Anm.: lb = Pfund, ß = Schilling, hl = Heller
Das Leben dürfte nicht leicht gewesen sein. Die Pest, die 1349 vom Orient nach Deutschland eingeschleppt worden war, raffte unzählige Menschen dahin. Da man sich diese Epidemie nicht erklären konnte und kein Mittel half, fand man als Sünden-bock die Juden, denen unterstellt wurde, die Brunnen vergiftet zu haben, um die Christen auszurotten. Von kirchlichen Kreisen war schon lange den Menschen gepre-digt worden, die Juden seien schuld am Kreuzestode Christi, obwohl genau bekannt war, daß die Verantwortung dafür die römischen Besatzer der Provinz Judäa unter Pontius Pilatus trugen. Daß Juden unter Umständen seltener von der Pest betroffen waren, lag in erster Linie daran, daß sie oft abgesondert in eigenen Vierteln oder Straßen leben mußten und durch ihren Glauben strengen Essens- und Reinigungsregeln unterworfen waren. Zur Vermeidung von Unreinheit wurde der Körper häufig gewaschen, der Genuß von Schweinefleisch war verboten. Also wurden keine Schweine gehalten, gab es keinen Lebensraum für Ratten, deren Floh den Pesterreger auf den Menschen übertrug. Es ist gut vorstellbar, daß auch in Uffenheim, wo es, wie überall, weder sauberes Trinkwas-ser noch eine Kanalisation gab, Schmutz, Unrat und Kot auf Straßen und Gassen la-gen und sich Krankheitserreger ungehindert ausbreiten konnten. Zum Vorwurf der Brunnenvergiftung gesellte sich auch bald der des Ritualmordes. Man beschuldigte die Juden, das Blut von Christenkindern zur Feier des Pessachfe-stes zu benutzen, und schob ihnen Morde an christlichen Kindern zu. Christen wie-derum war, nachdem Jesus die Geldwechsler aus dem Tempel gejagt hatte, der Ver-leih von Geld verboten. Juden, die kein Land besitzen durften, wurden regelrecht zum Geldgeschäft gezwungen. Da sie hohe Zinsen nehmen mußten, waren sie natürlich die Schuldigen, wenn Gläubiger verarmten. So richtete sich oft der Zorn der christli-chen Bürger gegen die Juden, suchte sich ein Ventil bis hin zur Vertreibung oder Er-mordung. Die Situation in Uffenheim dürfte nicht anders als in anderen Teilen Deutschlands gewesen sein. Daß sich jedoch auch mit Ende des Mittelalters Juden hier ansiedeln konnten, lag sicher vor allem daran, daß die Landesherren Juden soge-nannte Schutzbriefe ausstellten, die ihnen in den Orten ein Bleibe- und Niederlas-sungsrecht für ein jährlich zu entrichtendes Schutzgeld sicherten.
Renaissance und Reformation
Im 15.Jahrhundert zeichnete sich eine deutliche Verbesserung der Verhältnisse für die noch junge Stadt Uffenheim ab. Friedrich VI., seit 1415 als Friedrich I. Kurfürst und Markgraf von Brandenburg, räumte im gleichen Jahr der Stadt das Privileg ein, den Gesamtbetrag der jährlichen Lichtmeßsteuer zu ihrem eigenen Besten zu ver-wenden. Und 1431 erhielt Uffenheim von ihm das Recht, jährlich 4 Märkte abzuhal-ten. Die großen Roß- und Viehmärkte, verbunden mit dem Entstehen vieler Gerberei-en, dürften den Uffenheimern einen nicht zu unterschätzenden Wohlstand gebracht haben, zumal der Gäuboden zu den fruchtbarsten Gebieten zählte. Unter seinem Nachfolger Albrecht Achilles (1440-1486), der mit seinem Versuch scheiterte, ein Territorialherzogtum Franken aufzurichten, wurde Uffenheim in krie-gerische Auseinandersetzungen verwickelt. Bis 1462 mußten Stadt und Land Raub, Plünderungen und Brandschatzung ertragen. Aus dieser Zeit weisen keinerlei Quellen auf jüdische Bewohner hin. Gleichzeitig jedoch kam es zu einer immer stärkeren Unterdrückung der Bauern, die seit Ende des 13.Jahrhunderts hierzulande in Grundherrschaft lebten, wobei ihnen jedoch selten von ihren Grundherren persönliche Rechte vorenthalten wurden. Der Versuch der Bauernschaft, durch Aufstände ihr altes „gutes“ Recht und ihre persönli-che Freiheit vor dem Zugriff der Herrschaft zu verteidigen, wurde 1525 von den Lan-desfürsten blutig und grausam beendet. Uffenheim, das in den Bauernkrieg verwik-kelt wurde, kam mit einer Geldbuße von rund 2.000 Gulden noch glimpflich davon, während Markgraf Kasimir (1515-1527) in anderen Städten ein blutiges Strafgericht verhängte. Auch machte er sich einen Namen durch die von ihm schon 1515 begon-nenen „Abschaffungen“ der Juden. Die Reform der Kirche kam unter seiner Herrschaft nicht so recht voran. Erst sein Nachfolger Markgraf Georg der Fromme (1527-1543) führte durch eine „Visitation“ die neue Lehre ein, nachdem sich 1528 auch die Einwohner für die Annahme der Re-formation erklärt hatten. Er „scheint“ ein Herz für die Juden gehabt zu haben, denn in Welbhausen findet sich 1530 ein erster Hinweis auf ansässige Juden, und Uffenheim nahm nachweislich von1528 bis 1536 Juden auf, womit der Markgraf sogar gegen den Landtagswunsch handelte:
„ in similj forma ist Man Juden gein vffenheim zu ziehen zway Jar lanng freihait ge-ben, soll nit wuchern vnnd Jerlich vff den Casten daselbst zwen gulden Raichen vnnd mit der ersten beZalung vff martinj Im 1533 Jar anzufahen.....
am Mitwoch nach Martinj ann 1532“
Am 13.April 1528 erlaubte Markgraf Georg die Ansiedlung von Juden in der Stadt Uffenheim gegen einen jährlichen Schutzzins von 5 fl. Jos Jud erhielt am selben Tag dort Wohnrecht. Dem Moses Bayreut Jud gestattete er am 12.Juli für sechs Jahre nach Uffenheim, Mainbernheim oder in die Vorstadt von Kitzingen zu ziehen. Am 19.August 1534 wurde dies um weitere sechs Jahre verlängert, doch schreiben die Kitzinger, daß er die Auflagen nicht eingehalten hat. Verheerend für das Verhältnis zwischen Christen und Juden wirkte sich die Einstel-lung des Reformators Martin Luther zu den Juden aus. In seiner 1543 erschienenen Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ entwarf er ein Zerrbild der Juden, das nachhaltigen Einfluß bis in die jüngste Vergangenheit hatte. Zwar wurden seine Vor-schläge, die bis hin zur Vertreibung der Juden und Aufteilung ihres Besitzes unter der Bevölkerung reichten, nicht angenommen, doch legten sie den Grundstock für eine tiefe Abneigung gegenüber den Juden bei den evangelischen Christen.
Das Jahrhundert des 30jährigen Krieges
Das 17.Jahrhundert war durch den 30jährigen Krieg von 1618 bis 1648 und seine Folgen geprägt. Zwar trug der Krieg in den ersten Jahren deutlich die Züge eines Re-ligionskrieges aufgrund der Gegensätze zwischen den Anhängern des Katholizismus und des Protestantismus, doch spielten eindeutig machtpolitische Motive die Haupt-rolle bei den Auseinandersetzungen. Es blieb nicht beim Kampf zwischen den Reichsfürsten und dem Kaiser um den größten Einfluß im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Zunehmend gewann der 30jährige Krieg eine europäische Dimen-sion beim Ringen um die Vormachtstellung oder die Ausweitung von Machtpositio-nen. Die europäischen Großmächte Habsburg, Frankreich, Spanien, Schweden und auch England suchten sich gegenseitig zu schwächen, und dann spielte in diesem Schach - oder besser gesagt Schacher - auch bald die Religion nur noch eine unterge-ordnete Rolle. Die Stadt Uffenheim und ihr Umland hatten in dieser Zeit schwer zu leiden. Marodie-rende Soldatenhorden zogen regelmäßig vorüber, wüteten oft sinnlos. Immer wieder gingen Häuser in Flammen auf, wurde geplündert und gemordet. Das alte Dorf Welbhausen wurde zerstört, Krankheiten und Epidemien eingeschleppt, Quartierla-sten auferlegt und die Menschen drangsaliert. Bei Kriegsende sollen Custenlohr und Seenheim ohne Einwohner gewesen sein, von ehemals 680 Einwohnern im Jahre 1571 lebten um 1645 nur noch rund 200 Menschen in der Stadt. Im Jahre 1605 war das Judenausweisungsdekret unter Markgraf Joachim Ernst (1603-1625) wieder förmlich aufgehoben worden. Trotzdem könnten in den Jahrzehnten zuvor einige jüdische Familien den Vertreibungen widerstanden haben. Schließlich erhielten die Juden am 6.Juni 1620 das Privileg zur Errichtung einer Begräbnisstätte für Juden (Ermetzhofen) im Amt Uffenheim. 1622 wurde der Schutzverwandte Mayr Jud aus Welbhausen gegen ein jährliches Schutzgeld von 8 Goldgroschen in Uffenheim aufgenommen. Sechs Jahre später durfte er seine Söhne Moyses und Jacob in den Schutz der Stadt nachholen, wofür er jährlich sechs Gulden zu entrichten hatte. 1681 wurde in Welbhausen Lazarus Jud aufgenommen. Im Alter von 76 Jahren bat er den Markgrafen im Jahr 1735, künftig dem Amt Reinsbronn und dem Spital Uffenheim statt 6 Gulden nur einen Taler Schutzgeld zahlen zu müssen. Es wurde auf 3 Gulden reduziert. Namentlich bekannt sind in der Zeit noch die Welbhäuser Juden Sußmann Sohn, von Berlein und seinem Sohn Aron und von Eyßig Hirsch Juden, die um 1730 um Schutzaufnahme in Uffen-heim nachsuchten. 1622 nahm der Markgraf auch den betagten Abraham Juden und dessen Sohn Nathan unter seinen Schutz. Bevor beide in Uffenheim untergebracht wurden, holte er die Meinung des Amtmanns Claus Cunrad Zorn von Bullach, des Kastners Jacob Offtnern, des Vogts Georg Schefftersheimern und des Bürgermeisters und Rats ein. Einerseits wollte er die Verantwortlichen in der Stadt nicht „weiters mit Juden Zube-schweren“, andererseits ließ er ihnen aber gar keine andere Wahl. Den Dokumenten ist zu entnehmen, dem Rat, der armen Bürgerschaft und der Geistlichkeit sei die Auf-nahme von Juden zuwider, zumal es dann auch nicht bei dem einen bleibe. Die Ge-markungen Uffenheim und Welbhausen grenzten ja aneinander, so daß die Juden von Welbhausen bei durchziehendem Kriegsvolk einen kurzen Weg in die Stadt hätten. Die Stadt schlug dann noch vor, die Juden nur so lange aufnehmen zu müssen, wie der Krieg dauere, und, daß sich die Juden öffentlicher „exercitien und ceremonien“ zu enthalten hätten. Schließlich mußte sich die Stadt beugen, und der Kastner erhielt die klare Anweisung aus Ansbach, das Schutzgeld regelmäßig von den Juden einzu-fordern und der Herrschaft zu verrechnen. 1629 beklagt sich der Schutzverwandte Ischay Jud in Ansbach, er sei 7 Jahre lang in der Stadt als Mieter von einer Unterkunft in die nächste „ausgetrieben“ worden und habe nun für 40 Gulden ein Häuschen gekauft, was Bürgermeister und Rat nicht ge-statten wollten. Er bringt noch vor, sich immer als gehorsamer Untertan verhalten zu haben. Im Jahre 1640 versucht die Stadt sich gegenüber dem Markgrafen zu rechtfer-tigen und verweist unter anderem auf die Steuerlasten, Brandschatzungen und Ein-quartierungen infolge des Krieges. Zugleich werden die Juden beschuldigt, mit den fremden Soldaten zu paktieren. 1648/49, der Krieg ist vorbei, wendet sich Jischer Jud erneut wegen eines Hauskaufs an den Markgrafen, jetzt Albrecht V. (1639-1667). Dieser entscheidet, das Haus solle öffentlich angeboten werden. Wenn niemand mehr als Jischer Jud dafür bieten wolle, soll er es kaufen dürfen. 1671 wehren sich Rat und Bürgerschaft gegen die Aufnahme des Lazarus Judt von Welbhausen und des Seckelmännlein Judens aus Wien. Markgraf Johann Friedrich (1672-1682) gibt 1682 sein deutliches Mißfallen über die Nichtbeachtung von Be-fehlen und Schutzbriefen, die Juden betreffend, zum Ausdruck. Allerdings will er den gemeinen Pöbel von Jungen und Alten, die ihren Mutwillen an Juden auslassen, nicht bestrafen. Allen Verantwortlichen in den Städten und Orten befiehlt er, die Bestim-mungen der Schutzbriefe zu vollziehen. Den Juden aber droht er harte Strafen an, falls sie sich weiterhin unter Umgehung der Städte bei Hof beschwerten. Im Jahr 1688 kauft der Schutzjude Lazarus ein verfallenes Haus auf dem Hummels-berg (heute Schafhof), um seinen Viehhandel besser betreiben zu können. Er bittet die Obrigkeit um kostenloses Eichenholz und um 10 Jahre Befreiung vom Schutz-geld, um das Haus ordentlich herrichten zu können. Die Stadt bestätigt die bauliche Verbesserung des an einer öffentlichen Straße liegenden Gebäudes und unterstützt sogar seinen Antrag. Als 1694 Markgraf Georg Friedrich der Jüngere (gest. 1703) die Regentschaft antrat, erneuerte er in seinem gesamten Fürstentum die Schutzbriefe aller Juden, um sich ebenfalls deren Zahlungen zu sichern, und ließ zudem ein Verzeichnis anlegen. Wie alle anderen Herrscher vor ihm war er sicher auf das Geld angewiesen, begann er doch mit dem Umbau Ansbachs zu einer Residenz fürstlichen Absolutismus. 1697 empörte er sich in einer Anordnung über das Verhalten seiner „Schutzver-wandten Juden“, welche bei Hochzeiten öffentlich musiziert, Weizen gestreut, ein jüdisches Lied mit der christlichen Melodie „Christ ist erstanden“ gesungen, getanzt und sogar in den Gassen gegeigt hätten. Sollten sie dies nicht unterlassen, seien die Verantwortlichen in den Städten gehalten, dies bei einer „empfindlichen Straff“ zu unterbinden. Im Januar 1699 beschweren sich der Uffenheimer Kastner Greiner, der Vogt Evander und Bürgermeister und Rat über die Betteljuden aus Wien, Prag, Polen und Ungarn, die in einer Stärke von 30 und mehr Personen bei den „7 hiesig Juden logiren und so dann weiters fortgehen“. Auch befürchten sie, daß sie durch Krankheiten die ganze Stadt anstecken könnten, Diebstahl begingen und andere „Leichtfertigkeiten“ verüb-ten. Sie sollten nicht in die Stadt gelassen und von den einheimischen Juden vor den Toren mit Almosen versorgt werden. Die Stadt bekam vom zuständigen Landrichter und Oberamtmann Johann Sigmund von Heßberg recht. Irgendwie scheint die gelegentlich bei den Juden gelebte Fröhlichkeit manchen christlichen Einwohnern durchaus gefallen zu haben, denn im Februar 1699 gab es einen Erlaß der fürstlichen Kanzlei zu Ansbach, der Christen und Juden bei Strafan-drohung untersagte, sich ungebührlich zu benehmen, die Sperrzeit im Wirtshaus zu überziehen oder an Sonn- und Feiertagen Handel zu betreiben. Außerdem sollen Ju-den andere Untertanen, denen sie Geld geliehen hatten, durch Wucher betrogen ha-ben, indem sie ihnen Most, Wein, Feldfrüchte und Wiesengras zu einem sehr gerin-gen Preis abgenommen hätten, anstatt das Geld zurück zu verlangen. Im Februar des Jahres 1700 wurden schließlich der Handel an Sonn- und Feiertagen verboten und Geschäfte zwischen Juden und Christen im Einzelfall auf den Wert von 50 Talern beschränkt. Im September bitten Juden noch einmal darum, daß Betteljuden mit Kindern bei der „großen Winters Kält“, wie in anderen Ort auch, ihre Almosen in der Stadt abholen und über Nacht bleiben dürften. Anders als z.B. in Ansbach, gab es in Uffenheim vor den Toren keine Herberge für „diese arme Leuth“. Es wurde nur gestattet, sie kurze Zeit in die Stadt zu lassen, sie danach aber wieder wegzuschicken.
Im Zeitalter der Aufklärung
Schon im 17.Jahrhundert begann die Aufklärung als eine europaweite Kulturbewe-gung, deren bekanntester Wahlspruch von dem deutschen Philosophen Immanuel Kant stammt: „Mensch, habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“ Der Mensch, von Natur aus vernunftbegabt, sollte sich mittels seines Verstandes aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit befreien. So zielte die Aufklärung darauf ab, in einer von kirchlichen Vorurteilen und kirchlichem Aberglauben verfinsterten Welt das Licht der Vernunft zu verbreiten. Jegliche Autorität, mit Ausnahme der „Ver-nunft“, wurde in Frage gestellt. Alle Wissenschaftler bedienten sich dieser neuen Denkweise, so daß auch eine neue Weltanschauung von Staat und Gesellschaft ent-wickelt wurde. Für die Juden waren die Forderungen der Aufklärer nach religiöser Toleranz, Tren-nung von Staat und Kirche, Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit der wohl größte Hoffnungsschimmer nach jahrhundertelanger Unterdrückung, Diskriminierung und Ausbeutung. Vor allem die Forderung nach Verwirklichung der Grund- und Men-schenrechte, die Fundamente jeder demokratischen Staats- und Gesellschaftsordnung, dürfte große Erwartungen geweckt haben. Schließlich gründeten die Entstehung der Vereinigten Staaten von Amerika und die Französische Revolution auf diesen neuen Idealen. Die Realität war jedoch ganz anders. In den Staaten sogenannter aufgeklärter Herr-scher, wie z.B. Preußen, blieben die Juden Bürger zweiter Klasse, hingen Privilegien und Zugeständnisse oft vom Vermögen und damit verbundenen Schutzgeldern und Auflagen ab. Nicht Gleichberechtigung, bestenfalls Duldung war das Zugeständnis der Herrschenden. Im übrigen war es auch den Bauern noch nicht gelungen, die völ-lige Gleichberechtigung zu erlangen. Uffenheims Herr war seit 1703 Markgraf Wilhelm Friedrich, seit 1729 Markgraf Carl Wilhelm Friedrich. Beide nannten sich „Von Gottes Gnaden Markgraf zu Branden-burg, Herzog in Preußen, zu Magdeburg, Stettin, Pommern, der Caßuben, Wenden, zu Mecklenburg, und so weiter ....“, waren also bedeutende Landesfürsten im Deut-schen Kaiserreich. Über die jüdischen Gemeinden führte ein Oberrabbiner die Aufsicht, dem vier Rab-biner unterstellt waren. Der Zusammenschluß sämtlicher Juden war die Landjuden-schaft, die in drei Kreise unterteilt war. Uffenheim gehörte zum Neustädter Kreis und hatte einen „Landbarnoss“. Diese Ortsbarnosse hatten ein Mitspracherecht bei der Aufnahme von Juden, sorgten für die Erhebung der Steuern und überprüften die Rechnungen der Landgemeinden. Nach Angaben der Uffenheim Pfarrchronik lebten im Februar 1705 im Uffenheimer „Capitul“ insgesamt 622 Juden, davon 57 in der Stadt, 125 in Welbhausen, 77 in Er-metzhofen und 13 in Gollachostheim. Diese Zahlen dürften stark übertrieben sein, denn in den Huldigungslisten und Amtsrechnungen nimmt die Zahl der schutzgeld-pflichtigen Juden Uffenheims von 9 im Jahre 1700 auf 5 im Jahr 1740 ab. Allerdings gab es seit einigen Jahren in Uffenheim im Haus des Lazarus Jud sogar eine Judenschule, ein hier gebräuchlicher Ausdruck für Synagoge, um nicht mehr nach Welbhausen gehen zu müssen. Eine offizielle Erlaubnis für den Betrieb der Ge-betsstätte hatten sie nicht. Bis auf Lazarus Jud, der über ein gewisses Vermögen ver-fügt haben soll, werden alle anderen als Betteljuden bezeichnet. 1714 sind im Register „6 steuerbare Familienhäupter“ in Uffenheim aufgeführt. Am 10.Mai 1724 verfügte die Kanzlei zu Ansbach unter Strafandrohung, keine fremden Juden mehr passieren zu lassen, sondern sie davon zu jagen, da vagabundierende Bettel- und Schnurrjuden mehrfach Einbrüche und Kirchenraub begangen hätten. Die vermögenden Juden sollten die armen Landjuden notdürftig unterhalten. Auch müß-ten alle Judenherbergen und Gasthöfe abgeschafft werden. 1728 verbreiteten umherziehende Liedersänger ein „gotteslästerliches“ Lied, das von Schwabacher Juden handelte, die angeblich am Karfreitag mit einem Hund die „Pas-sion“ dargestellt hätten. Der Markgraf verbot bei Strafe die Verbreitung dieses Liedes und untersagte seinen Untertanen, an den Juden Hand anzulegen. Tatsächlich brachte ein „gewißer Wirth“ ein Exemplar aus Rothenburg nach Uffenheim mit. Es wurde im Rathaus abgeliefert und vom Bürgermeister pflichtbewußt nach Ansbach geschickt. Im gleichen Jahr erließ der Markgraf auch eine Verordnung zum Hauserwerb durch Juden. Ein neu erbautes, in Hauptstraßen, in der Nähe von Kirche oder Markt gelege-nes Christenhaus zu kaufen oder zu besitzen, war ihnen verboten. Trotzdem war es ohne amtliche Erlaubnis geschehen, obwohl den christlichen Bürgern 5 Reichstaler Strafe und den Juden der Verlust ihres Schutzbriefes drohten. Juden wollte er allen-falls den Kauf einer verfallenen Wohnung oder eines Hauses auf einem öden Platz gestatten. 1729 baten die Landbarnosse den Markgrafen untertänig, die Schutzgeldzahlungen der unvermögenden Juden zu reduzieren. Dies wurde den Juden gewährt, die ein bis drei Gulden zu zahlen hatten, den vermögenden jedoch nicht. In den Registern wurde genau Buch geführt, woraus zu entnehmen ist, daß es 1729 in Uffenheim 6 jüdische Haushalte mit insgesamt 8 Kindern, 1731 dann 4 Haushalte mit 11 Kindern gab. Jede der 4 Familien besaß ein Haus, was den Verantwortlichen in der Stadt gar nicht ge-fiel. Feldgüter durften sie nicht besitzen, aber Vieh halten und gegen eine Abgabe auf die Weide treiben, allerdings nicht dorthin, wo fronende Bauern ihre Wiese hatten. Gemeindliche Pflichten, wie Handfrondienst, „Botten laufen“ und Wachdienst lei-sten, waren ihnen auferlegt. Ihre Häuser befanden sich laut eines Dokumentes von 1732 in dem auch von Christen bewohnten „Judengäßlein“ im ersten und zweiten Viertel. 1733 weisen die Tabellen 5 erwachsene Juden, 4 Weiber, 13 Kinder und 2 Anverwandte aus, 1734 noch 4 Männer, 4 Weiber, 13 Kinder und 1 Anverwandten. Die Genauigkeit der Tabellen lag daran, daß die markgräfliche Kanzlei genau wissen wollte, wer per Dekret „tolerierter Jude“ sei oder wer keinen Schutzbrief besitze. 1735 bittet Berlein Jude zu Welbhausen, daß sein verheirateter Sohn Aron in Uffen-heim aufgenommen wird. Nach einer Ratssitzung wendet sich die Stadt unter Beru-fung auf ein von Markgraf Georg Friedrich 1699 erteiltes Privileg, daß
„Zu ewigen Zeithen keine Juden mehr in der Stadt auf und angenommen werden sollen“
an den Markgrafen. Aron, der 1.100 Gulden Vermögen besessen haben soll, erhielt jedoch seinen Schutzbrief und mußte in der Stadt aufgenommen werden. Als 1739 der mit 3.000 Gulden recht wohlhabende Viehhändler Eysig Hirsch Jude ebenfalls von Welbhausen nach Uffenheim ziehen wollte, gelang auch hier der Stadt die Ver-hinderung nicht, obwohl noch darauf hingewiesen wurde, daß die Zulassung weiterer Juden andere Bürger vor einer Ansiedlung in der neuen oberen Vorstadt (heute Neue Gasse) abschrecken würde. Das Privileg von 1699 galt zwar 1761 noch, jedoch lebten in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts 3 Judenfamilien in der Stadt, deren Verstorbene auf dem Judenfriedhof in Ermetzhofen beerdigt wurden. Im Gegensatz zur Stadt Uffenheim scheint die Aufnahme von Juden in Welbhausen im 18.Jahrhundert kein Problem dargestellt zu haben. Zwar zählte man 1714 nur zwei steuerbare Familienoberhäupter, doch dürften es mehr Familien gewesen sein. Denn in den 1745 von dem „Ingenieur und Land=Feldmeßer“ Johann Christoph Friedrich Roeger erstellten Lagerbüchern finden sich bereits 11 Häuser mit 18 jüdischen Haus-besitzern, von denen drei sogar eigene Äcker und Wiesen hatten. Weiteren Zuwachs erhielt die jüdische Kultusgemeinde, als 1778 die Gollachostheimer Juden dorthin zogen. Die erste Hälfte des 18.Jahrhunderts war für Uffenheim und seine Umgebung mit ei-ner deutlichen Verbesserung des allgemeinen Wohlstandes verbunden. Die mark-gräfliche Regierung zeigte sich großzügig und förderte das Wirtschaftsleben, so daß eine rege Bautätigkeit zustande kam und die Bevölkerung 1717 auf 1.038 Seelen an-stieg. Noch heute zeugen prägende Bauten im Stadtbild davon, wie das neu gestaltete, erweiterte Schloß (1737-1752), die Alte Post (1706), der Markgrafenbrunnen (1749), die Stadtkirche (1726-1731), viele stattliche Bürgerhäuser und die Neue Gasse (ab 1737). Letztere entstand durch Auffüllung des tiefen Stadtgrabens und Förderung des Häuserbaus durch kostenloses Bauholz aus markgräflichen Wäldern und jahrelange Steuerbefreiung. Markgraf Carl Wilhelm Friedrich beteiligte sich nicht an den Kriegen zwischen Preu-ßen und Österreich, was sicherlich dem Fortschritt in seinem Lande diente. Daß er die Juden duldete und gegen die üblichen Geldzahlungen schützte, ist ihm sicher positiv anzurechnen. Ihnen aber so weitgehende Rechte wie den von ihm aufgenommenen und angesiedelten französischen Flüchtlingen zuzugestehen, kam auch seinem aufge-klärten Geist nicht in den Sinn.
Das Jahrhundert der „Emanzipation“
Der führende jüdische Vertreter der Aufklärung im 18.Jahrhundert war Moses Men-delssohn (1728-1786), ein enger Freund Gotthold Ephraim Lessings, Dichter und Pu-blizist, dessen berühmtes Werk „Nathan der Weise“ sich beispielhaft für Toleranz gegenüber Menschen nichtchristlichen Glaubens einsetzte. Mit seiner klaren Forde-rung nach Trennung von Staat und Kirche versuchte Mendelssohn, den Juden einen Weg zwischen Bewahrung ihrer religiösen Traditionen und Hinwendung zu deutscher Kultur und Gesellschaft aufzuzeigen. Der Weg zur Gleichberechtigung der Juden im Staat blieb schwer, dennoch gab es erfolgversprechende Ansätze. Im Jahre 1781 veröffentlichte der Geheime Kriegsrat im preußischen Außenministe-rium Christian Wilhelm Dohm eine Schrift, in der er sich für die Gleichberechtigung der Juden aussprach und die Christen ermahnte, ihre Kinder dazu zu erziehen, Juden im Interesse des Staates als Brüder anzusehen. In Frankreich erhob die Nationalver-sammlung 1791 die Gleichberechtigung der Juden zum Staatsgesetz, womit sie freie, vollberechtigte französische Bürger wurden. Napoleon brachte diese Ideen mit seinen über Europa siegreichen Armeen dann nach Deutschland. Hier hatte bereits 1791 Markgraf Christian Friedrich Carl Alexander von Branden-burg-Ansbach (1757-1791) seinen Besitz an die preußischen Vettern abgetreten. Da-mit war Uffenheim preußisch geworden und mußte 1806 die Niederlage gegen Na-poleon miterleben. Zuvor hatte der Staatskanzler Karl August von Hardenberg seine Reformen in der Markgrafschaft Ansbach erprobt, doch brachte die „Flurbereini-gung“ Europas durch Napoleon nicht nur das Ende des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, sondern auch die Entstehung des Königreichs Bayern, das sich ab 1803 Franken einverleibte. Der Wiener Kongreß 1814/15 leitete die teilweise Wiederherstellung der politischen Zustände vor 1792 ein, was bald auch die Juden spürten, die erst die Bürgerrechte erworben hatten. Bayern erließ 1813 das sog. bayerische Judenedikt. Es war objektiv betrachtet im Vergleich zu den Regelungen in anderen deutschen Staaten sehr re-striktiv und verursachte insbesondere durch seine "Matrikelparagraphen" bis zu des-sen Abschaffung einen hohen Auswanderungsdruck auf die nachgeborenen Kinder jüdischer Familien. Viele Juden wanderten nach Amerika aus, wie übrigens andere Bevölkerungsschichten auch, manche schlossen sich den liberalen Freiheitsbewegun-gen an. Zahlreiche Juden ließen sich taufen, was aber nicht immer viel half, wie das Beispiel des Dichters Heinrich Heine zeigte, dem trotzdem die gesellschaftliche An-erkennung versagt blieb. Der Weg zur Gleichstellung dauerte lange in Bayern. Erst mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurde hier das Reichsgesetz übernommen, das 1869 der Norddeutsche Bund als Gleichstellungsgesetz beschlossen hatte. 1878 wurde die bür-gerliche Gleichstellung durch Artikel 44 des Berliner Vertrages zur völkerrechtlich verbindlichen Norm erklärt. Zu Beginn des 19.Jahrhunderts hatte in Welbhausen eine große israelitische Gemein-de bestanden. 1809 bewohnte nahezu jeder der 20 Judenhaushalte ein halbes Haus mit einem halben Gemeinderecht und vereinzelt auch einem halben Waldrecht. Seit 1837 bemühte sich die Cultusgemeinde um die „Aufstellung“ eines Vorsängers und Schächters, was sich als schwierig herausstellte, weil das königliche Landgericht zu Uffenheim einen Qualifikationsnachweis verlangte. Andernfalls wurde die Schlie-ßung der Synagoge angedroht. Die zweite in Welbhausen nachgewiesene Synagoge hatte die Hausnummer 15, wurde um 1905 in ein Gemeindehaus umgebaut und be-findet sich heute im Besitz der Stadt Uffenheim. Der Rabbinatsverweser Jacob Ober-dorfer aus Ansbach schlug Wolf Herz aus Berolzheim vor, der sich aber noch einer Prüfung „im Musikfache“ unterziehen mußte, die er erst 1839 bestand. Am 11.März 1839 kamen die 22 stimmfähigen Mitglieder der Welbhauser Juden-schaft zwecks einer befristeten Anstellung zusammen. Die Aufgabe war schwierig, mußten doch jährlich mindestens 300 Gulden für gemeindliche Bedürfnisse aufge-bracht werden, wie die Besoldung des Lehrers, des Rabbinatsverwesers, der Unter-haltung der Synagoge u.s.w. Wolf Herz sollte „22 Gulden und Kost in natura“ jähr-lich erhalten und gleichzeitig das Amt des Schächters übernehmen. Am 9.Juli 1839 wurde von der königlichen Regierung von Mittelfranken, Kammer des Inneren, die Erlaubnis erteilt. Im Verlauf des 19.Jahrhunderts nahm jedoch die Anzahl der Mitglieder der Cultus-gemeinde Welbhausen immer mehr ab. Da viele nur wenig bemittelt waren, verzogen immer mehr, die zunehmende rechtliche Gleichstellung nützend, in die großen Städte, zum Teil auch nach Uffenheim. Waren es 1839 noch 22 stimmfähige Mitglieder, ging die Zahl 1845 auf 16 und dann stetig zurück. Seit 1838 bemühte sich der schon genannte Jacob Oberdorfer um die Bildung eines separaten Rabbinatssprengels aus den drei Gerichtsbezirken Uffenheim, Windsheim und Seehaus (Hüttenheim, Bullenheim, Dornheim und Weigenheim), weil der Di-strikt Ansbach zu groß geworden war. Die dort ansässigen 205 Steuer zahlenden Ju-den sollten die Kosten von etwa 350 Gulden für das Gehalt eines Rabbiners aufbrin-gen können. Im August bereits erließ die Regierung von Mittelfranken die Verfügung zur Bildung eines eigenständigen Rabbinats Welbhausen. Die Resonanz war zunächst ablehnend, befürchtete man doch den Ruin vieler Zahlungspflichtiger. Die 1.Wahl 1841, bei der die Mehrheit auf Dr. David Einhorn aus Würzburg fiel, wurde wegen Unregelmäßigkeiten annulliert. Bei der 2.Wahl 1843 setzte sich Meier Bierheim aus Bechhofen durch, der jedoch schon 1844 verstarb. Um 1847 wurde Meyer Heumann aus Oettingen gewählt. Er kann es nicht lange gewesen sein, denn für das Jahr 1848 sind zwei Rabbiner überliefert: Hajum Schnaidtacher und Elkan Weinmann (bis 1862). Die 5.Wahl fand im gleichen Jahr statt. Simon Flamm aus Nenzenheim erhielt die Stelle zuerkannt. Zu diesem Zeitpunkt lebten noch 24 Famili-en in Welbhausen, zum Distrikt gehörten 181 israelitische Familien. Im März 1865 starb Flamm, sein Nachfolger wurde David Hirsch Haas aus Reckendorf. Wenn man bedenkt, daß Haas 400 Gulden an Jahresgehalt und Nebenbezügen zustanden und der Religionslehrer Emanuel Königshöfer (Welbhausen – Uffenheim) 172 Gulden erhielt, ist leicht nachzuvollziehen, wie schwer es für die Mitglieder der Cultusgemeinden war, diese Summen aufzubringen. Dem Trend der Zeit folgend zog D. H. Haas 1875 nach Uffenheim, wobei schon 1872 unklar war, wer zu wem gehörte: die Welbhäuser Juden nach Uffenheim oder umge-kehrt. Am 10.September 1877 wurde folgerichtig die Auflösung der Cultusgemeinde Welbhausen und die Verlegung des Rabbinatssitzes nach Uffenheim beantragt. Be-reits 1875 hatten 102 Familien dafür, 38 bedingt dafür und nur 34 dagegen gestimmt. Zum erstenmal taucht nun auch die Bezeichnung „Rabbinatsbezirk Uffenheim“ auf. Doch im August 1880 befürwortete die Regierung von Mittelfranken die Zuteilung der Cultusgemeinde Uffenheim – Welbhausen nach Ansbach und erklärte am 8.September desselben Jahres das Rabbinat Welbhausen für aufgelöst. Eine interessante Rolle spielte in dieser Zeit die Familie Zucker. Simon Zucker hatte sich 1817 als Bauer niedergelassen, betrieb dann aber auch Handel, den sein Sohn Samuel beträchtlich ausweitete. Dieser brachte es vom „Pelz- und Wollenhändler“ zum „Strickgarnfabrikanten“. Da Simon Zucker seitens der politischen und der kirchlichen Gemeinde ein tadelloser Leumund bestätigt worden war, wurde ihm 1844 eine Handelslizenz erteilt, seinem Sohn Samuel 1851. Im gleichen Jahr beantragte letzterer die Lizenz zum Betrieb der schon genannten Fabrik bei der königlichen Re-gierung von Mittelfranken, indem er auf die Geschäftsbeziehungen seines Vaters mit Württemberg, Baden, Sachsen, Preußen und die Niederlande verwies, aber auch dar-auf, in Cannstadt (Württemberg) schon Maschinen bestellt zu haben. Am 25.Oktober 1852 wurde ihm die Konzessionsurkunde ausgestellt. Ob Samuel Zucker die Fabrik erfolgreich betreiben konnte, war den vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen. Es gibt aber auch keine Hinweise darauf. Die letzte jüdische Person dürfte die Witwe Lena Weinstock gewesen sein, die vermutlich kurz nach 1900 in Welbhausen ver-starb. Mit der Zugehörigkeit Uffenheims zum Königreich Bayern 1806 endete das Privileg von 1699, „auf ewige Zeiten keine Juden aufnehmen“ zu müssen. Auch wenn die Markgrafen dieses Vorrecht in Einzelfällen gebrochen hatten, wirkte es doch so ein-schränkend, daß 1803 nur 1 Judenfamilie mit 5 Seelen in der Stadt lebte. In der Kreis–Matrikel finden sich für die Jahre 1820 bis 1860 drei Eintragungen:
Lippmann Bär Öesterreicher, Warenhändler, Salomon Hirsch Forchheimer, der vom Landbau lebte, und 1840 Dr. Jakob Rosenthal.
In der Mitte des Jahrhunderts wohnte auch der Advokat Meier Marx Aub mit seiner Ehefrau Miene in Uffenheim. Ihre Tochter Therese verstarb 1865 im Alter von 19 Wochen. 1872 werden schon 9 Judenfamilien registriert, 1877 dann 12 stimmberechtigte Fa-milienvorstände und 21 religiös selbständige männliche Personen und 1885 schon 18 Familien mit 29 Schulkindern. Während die Zahl der Mitglieder der Cultusgemeinde in Welbhausen 1900/1901 auf 6 Personen zurückgegangen war, wuchs sie zum glei-chen Zeitpunkt in Uffenheim auf 29 an. Neben Welbhausen waren auch aus Ermetz-hofen jüdische Familien zugezogen. Seit 1876 unterrichtete der israelitische Religionslehrer Abraham Strauß. Er stammte aus Rieneck bei Lohr am Main und absolvierte in Würzburg erfolgreich das Jüdische Lehrerseminar. Als „Hauptlehrer“ gab er sogar in der Lateinschule Uffenheim Unter-richt, gründete und leitete mit seiner Ehefrau ein von durchschnittlich 15 Schülern bewohntes Knabenpensionat und war treibende Kraft bei der Gründung des Uffen-heimer Heimatmuseums. Außerdem gründete er 1883 einen „Israelitischen Frauen-verein“ für Leichenbestattung und Wohlfahrtspflege. Als Gegenstück dazu rief 1886 Josua Flamm die Körperschaft „Heilige Brüderschaft“ (Beerdigungsbrüderschaft) ins Leben. Für die Cultusgemeinde Welbhausen wurde der Wegzug jüdischer Familien zuneh-mend ein Problem, war sie doch auf deren Beiträge zu den Gemeindezahlungen drin-gend angewiesen. So bat der Kultusvorstand Jakob Kirschbaum 1872 das Königliche Bezirksamt, die Uffenheimer Israeliten zu Welbhausen „gehörig zu bestimmen“, was die Uffenheimer Juden jedoch nicht wollten. Allerdings wies der Distriktsrabbiner David Hirsch Haas im gleichen Jahr darauf hin, daß sich eine eigene Cultusgemeinde in Uffenheim bilden könnte, wenn die Zahl von 10 religiös selbständigen Mitgliedern erreicht werde. Diese wiederum riskierten dann den Anspruch zu verlieren, ihre To-ten auf dem jüdischen Friedhof in Ermetzhofen bestatten zu dürfen. Als 1875 kurzfristig das Rabbinat von Welbhausen nach Uffenheim verlegt wurde (1878 aufgelöst und Ansbach zugeteilt), stellten die Israeliten von Uffenheim 1877 vergeblich den Antrag auf Bildung einer eigenen Cultusgemeinde. Auch ein erneuter Antrag wurde am 7.November 1890 von der Regierung von Mittelfranken abgewie-sen. Allerdings taten die Uffenheimer Juden alles, um endlich die Voraussetzungen für die Selbständigkeit zu schaffen. Dazu gehörte in erster Linie der Bau einer Syn-agoge, da es in Uffenheim bis dahin nur ein „Betlokal“ gab. Am 4.Juni 1887 faßten die Uffenheimer Juden den Beschluß:„zur Erbauung der Syn-agoge resp. zur Aufbringung der Mittel hiezu um die Genehmigung einer Lotterie für Mittelfranken bei der königlichen Regierung nachzusuchen“. Der Antrag wurde am 14.Juni 1887 eingereicht. Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß der kgl. Bezirksamt-mann Schimpf das Gesuch ausdrücklich befürwortete. Obwohl mit dem Bau der Syn-agoge in Uffenheim 1890 Fakten geschaffen wurden, weigerte sich die Regierung von Mittelfranken mit Schreiben vom 7.November 1890 nach wie vor, die Cultusge-meinde Welbhausen aufzulösen. Deren Auflösung erledigte sich schließlich gegen 1900 durch den Weggang der letzten Juden von selbst. Der Bau der Synagoge wurde sehr geschickt angegangen. Am 25.Oktober 1889 kauften Meier Zucker, Josua Flamm und Meier Goldschmied von Christoph David Ritter für 1.002 Mark einen Bauplatz (heute Ringstraße), um darauf die Synagoge zu errichten. Die Pläne, vom Bezirksbaumeister Strebel aus Windsheim (ca. 24.000 Mark Gesamtkosten errechnet) entworfen, wurden dem Stadtmagistrat Uffenheim vorgelegt, gutgeheißen und von dort am 16.November 1889 an das Kgl. Bezirksamt weitergeleitet, das am 13.Dezember 1889 die Baugenehmigung erteilte. Die wichtig-sten Gewerke mit einer Gesamtsumme von ca. 7.000 Mark wurden am 1.Januar 1890 im Uffenheimer Wochenblatt zur Submission ausgeschrieben. Die Erd- und Stein-metzarbeiten übernahm der Maurermeister Andreas Reingruber, Gustav Gäbelein die Zimmermanns-, Georg Kraus die Spengler-, Friedrich Leins die Schlosser-, Gottfried Übelhoer die Glaser-, C. Borndörfer aus Ansbach die Schreiner- und Paul Römer aus Nürnberg die Maler- und Tüncherarbeiten, während der Kupferschmiedemeister J.Stellwag den Knopf für die Urkunde anfertigte. Am Freitag, den 5.September 1890, fand bereits die feierliche Einweihung statt. Sie war ein Paradebeispiel für eine einträchtige und harmonische Feier christlicher und jüdischer Bürger. Der Bürgerverein eröffnete das Fest mit dem Lied „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“ von Ludwig van Beethoven. Religionslehrer Abraham Strauß begrüßte die Anwesenden und dankte vor allem dem 1.Bürgermeister der Stadt Uffenheim, Christoph Belzner, für die Spende der Stadt in Höhe von 400 Mark. Als erster betrat der kgl. Bezirksamtmann Zink das neue Gotteshaus, der das prächtig gelungene Gebäude lobte, das der „ganzen Stadt zur Zierde gereiche“. Danach sang der Bürgerverein das „Boruch habo“ auf Hebräisch (Gesegnet der da kommt im Na-men des Ewigen!). Die Festpredigt hielt der Distriktsrabbiner Grünbaum aus Ans-bach. Es folgten ein Weihegebet und die Fürbitten für das Königliche Haus, die Staatsregierung und ihre Diener, für die Stadt Uffenheim und deren Angestellte und für die israelitische Gemeinde. Zum Abschluß sangen alle Anwesenden den Choral „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“. Wenn man sich allein den Verlauf dieser Feierlichkeit vor Augen hält, ist es kaum zu fassen, daß rund 50 Jahre später keine Juden mehr in Uffenheim lebten und ein Großteil von ihnen in den von den Nationalsozialisten errichteten Vernichtungslagern ermordet wurde. Bleibt noch zu erwähnen, daß Zucker, Flamm und Goldschmidt am 24.März 1892 die Synagoge für 11.000 Mark an die israelitische Cultusgemeinde Uffenheim - Welb-hausen abtraten. Am 7.Oktober 1938 wurde sie von der Stadt Uffenheim für 2.000 Reichsmark erworben. Die sogenannte „Reichskristallnacht“ am 9.November 1938 verlief in Uffenheim erstaunlich ruhig. Es kam zu keinen Ausschreitungen, die Syn-agoge blieb unangetastet. Möglicherweise war vorrangig die Nutzung des Gebäudes wichtiger als der Abriß. Vielleicht gab es aber auch noch Hemmungen, so radikal vorzugehen. Schließlich hatten Juden und Christen viele Jahrzehnte friedlich neben-einander gewohnt, Geschäfte betrieben, gemeinsam den Kindergarten besucht und die Schulbank gedrückt. Daß ein gewisser Stolz auf den stattlichen Synagogenbau vor-handen war, zeigt die Abbildung des Gebäudes auf mehreren Ansichtskarten über Uffenheim. Zwar hatte die NSDAP in den vorausgegangenen noch halbwegs freien Wahlen immer ganz hervorragend abgeschnitten, doch beklagte die Ortsleitung in ihren „Parteiamtlichen Bekanntmachungen“ im Uffenheimer Wochenblatt zwischen 1933 und 1935 mehrfach die große Passivität vieler Uffenheimer, auch gerade in hö-heren Kreisen. Beanstandet wurden die Abwesenheit bei großen Versammlungen und Kundgebungen, das Nichthissen der Hakenkreuzfahne oder der schleppende „Kauf von Steinen“ und der Mangel an Spenden für den Bau des Parteihauses in der Bahn-hofstraße (Einweihung 1934; nach 1945 bis 1966 Rathaus, danach Polizeistation). Die Ehefrau eines hohen Beamten soll sogar den Hitlergruß verweigert haben. Das ging so weit, daß ein „Pranger“ im Wochenblatt gefordert wurde, um die Namen sol-cher Bürger zu veröffentlichen. Umgesetzt wurde diese Idee allerdings nicht. Uffenheimer Augenzeugen, mittlerweile zum Teil schon hochbetagt, können sich noch erinnern, wie die Synagoge unter fachmännischer Aufsicht eines Maurermei-sters abgebrochen wurde und die Steine für den Bau sogenannter „Behelfswohnhei-me“ Verwendung fanden. Bis zum Abbruch sollen die Räumlichkeiten der Hitlerju-gend gedient haben, deren Fliegerortsgruppe dort u.a. den Gleitsegler SG 38 baute. Die Hinweise der Zeitzeugen verdichten sich in die Richtung, daß die Synagoge wahrscheinlich erst 1940/41 abgebrochen wurde. In einer Menschenkette von Hitler-jungen und erwachsenen Parteigenossen wurden die Steine bis zum Parteihaus in der Bahnhofstraße gebracht. Hinter diesem auch als „Hitlerhaus“ bezeichneten Gebäude wurde damit ein Behelfswohnhaus gebaut, weitere Behelfswohnheime entstanden auf der gegenüberliegenden Seite des Metzgersbaches in der Alten Bahnhofstraße. Hier sollen schon 1940 die ersten Saarländer untergebracht worden sein, später folgten Evakuierte aus den Großstädten. Nach dem Krieg entstanden dort 1954 neue Häuser, wobei die alten Heime zum Teil abgerissen oder ergänzt wurden. In der Ringstraße wurden an der Stelle, wo ehemals die Synagoge stand, ebenfalls zwei kleine Behelfs-häuschen errichtet, von denen neben Resten des Gartenzaunes und er Einfriedungs-mauer noch eines existiert. Viele Uffenheimer erinnern sich daran, daß dort auch der Türmer Heinlein wohnte.
Das finsterste Kapitel unserer Geschichte
Rassenlehre, Herrenrasse und Antisemitismus sind keine rein deutsche Erfindung. Für den Rassenwahn und Rassenhaß und den damit verbundenen Versuch allerdings, das jüdische Volk in Europa zu vernichten, trägt die Politik der Nationalsozialisten im Dritten Reich die Hauptverantwortung, selbst wenn es europaweit viele willige Helfer gab. Das Überlegenheitsgefühl der weißen Rasse gegenüber den farbigen war im 19.Jahrhundert eine der Hauptrechtfertigungen für Großmacht- und Kolonialpoli-tik gewesen, an der sich auch das Deutsche Kaiserreich nach seiner Gründung 1871 intensiv beteiligte. Diese Zeit des Imperialismus führte zu Eroberung, Unterdrückung und Ausbeutung in Afrika, Amerika, Asien und im Orient und wirkt heute noch be-drückend in den Entwicklungsländern nach. Nicht der einfache Bürger, sondern viele führende Köpfe im Staat, wie Politiker, Wissenschaftler, Journalisten, Philosophen, Komponisten und Rechtswissenschaftler waren sich einig mit der Schlußfolgerung des berühmten Historikers Heinrich von Treitschke (1834-1896): „Die Juden sind unser Unglück.“ Damit hatte der Antisemi-tismus sein griffigstes Schlagwort gefunden. Gleichzeitig jedoch ist zu betonen, daß die Mehrzahl der Bürger in Deutschland mit den Juden einvernehmlich zusammen-lebte, sich die Juden in großem Maße frei und als deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens fühlen konnten. Sie vertrauten auf die deutsche Reichsverfassung und die darin garantierten Grundrechte. Daß diese jemals aufgehoben werden könnten, war für die meisten, die Deutschland als ihr Vaterland liebten und als das Kulturland ei-nes Goethe und Schiller achteten, sicherlich außerhalb jeder Vorstellungskraft. Um auf Uffenheim zurückzukommen, war dies alles mit ein Grund, daß die israeliti-sche Kultusgemeinde zu Beginn des 20.Jahrhunderts stetig wuchs. Im September 1903 leistete sie sich bei der Synagoge die Bohrung eines Brunnens, der wohl auch Wasser für das Ritualbad (Mikwe) bereitstellen sollte. Im Jahr 1910 lebten 104 Juden in der Stadt, was bei damals insgesamt 2.389 Einwohnern einen Anteil von 4,4 % ausmachte. 1914 waren es 28 Familien, und als im August der Erste Weltkrieg aus-brach, zogen, wie überall in Deutschland, auch in Uffenheim viele jüdische Männer voll patriotischer Begeisterung für ihr deutsches Vaterland in den Krieg. 22 Soldaten waren dabei, 14 davon an der Front, und vier ließen ihr Leben auf dem Schlachtfeld der Ehre, wie es damals hieß. Sie waren „Helden“, deren Namen zusammen mit den anderen bei der Erweiterung des Kriegerdenkmals in der Luitpoldstraße im Juli 1924 eingraviert, damit verewigt und nicht einmal im 3.Reich entfernt wurden:
Max Flamm gefallen am 16.Febr. 1915 bei Cerny Max Goldschmidt gefallen am 3.Nov. 1915 bei Kraguijevak, Serbien Ludwig Flamm gefallen am 13.Sept. 1916 vor Verdun Hugo Fleischmann gefallen am 31.Dez. 1917 bei Isenheim
Insgesamt waren 83 Gefallene und 9 Vermißte zu beklagen, war die Zahl der Opfer anteilmäßig unter den Christen und Juden gleich. Der verlorene Krieg von 1918 und die von den meisten Deutschen teilweise zurecht als ungerecht empfundenen Bedingungen des Friedensvertrages von Versailles, in dem neben Gebietsabtretungen, Abrüstungsbestimmungen und Reparationszahlungen auch die Alleinschuld am Krieg hingenommen werden mußte, müssen sich tiefer ins Bewußtsein der deutschen Bevölkerung eingeprägt haben, als es vielleicht heute nachempfunden werden kann. Obwohl die jüdischen Mitbürger nachweislich im Krieg einen hohen Blutzoll entrichtet hatten, gerieten die Juden schnell ins Blickfeld, als es darum ging, einen Schuldigen für die Niederlage zu finden. Die Verbreitung der „Dolchstoßlegende“, das siegreiche deutsche Heer sei wegen Sabotage aus der Heimat unterlegen, machte schnell die Runde, Haßliteratur fand weite Verbreitung. Als der deutsche Außenminister „Walter von Rathenau“, ein Jude, 1922 bei einem Attentat von Rechtsradikalen ermordet wurde, waren die Weichen bereits gestellt. Adolf Hitler, nach dem gescheiterten Putsch vom 9.November 1923 nur kurze Zeit in Haft, schrieb sein Buch „Mein Kampf“, in dem er u.a. die Vernichtung der Juden zum Ziel erklärt hatte. Die Nationalsozialisten verfolgten dieses Programm konse-quent bis zum Ende ihrer Terrorherrschaft mit Kriegsende im Mai 1945. Die sich in der Krisenzeit der Weimarer Republik entwickelnde antijüdische Stim-mung, die wie in den Jahrhunderten vorher einen Sündenbock gesucht und gefunden hatte, dürfte sich zwar in abgeschwächter Form, aber doch spürbar auch in dem klei-nen Landstädtchen Uffenheim bemerkbar gemacht haben. Bereits in den 20er Jahren verzogen zahlreiche Juden in die Großstädte, wer es konnte, emigrierte ins Ausland. 1926 gab es noch 113 Israeliten im Amtsgerichtsbezirk Uffenheim, davon 77 in der Stadt selbst. Von 23 Gemeindemitgliedern waren 17 Kaufleute, je 1 Lehrer, Handels-vertreter und Bäcker, 3 lebten von Renten. Mit der Machtübergabe an Adolf Hitler, der am 30.Januar 1933 von Reichspräsident Paul Hindenburg zum Reichskanzler ernannt worden war, begann die Herrschaft der Nationalsozialisten, die ihre programmatischen Vorstellungen rücksichtslos und im Eiltempo durchsetzten. Die 50 in Uffenheim verbliebenen jüdischen Bürger spürten das sofort. Am 24.11.1932 erschien im „Uffenheimer Wochenblatt“ die letzte Todesanzeige ei-ner jüdischen Mitbewohnerin. Julchen Schmalgrund war im Alter von 47 Jahren ver-storben und wurde auf dem Judenfriedhof in Ermetzhofen beigesetzt. Eine kleine Auswahl aus den Jahrgängen 1933 bis 1936 des Wochenblattes zeigt ex-emplarisch die systematische Vorgehensweise der Nationalsozialisten in Uffenheim auf, wie es ihnen gelang, die Juden aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen. Am 2.Februar 1933 bot der Kaufmann Sigmund Schwarzbart für die Lichtmeßtage in ei-nem Inserat „extra billige Preise“ an, am 25.4 33 „weit herabgesetzte Preise“ wegen Verkaufs seines Warenlagers. Am 13.5.33 gab er die Aufgabe seines Geschäftes be-kannt. Schon am 1.April 1933 war, wie in ganz Deutschland, zum Boykott jüdischer Geschäfte aufgerufen worden. Während am 8.4.33 in einem weiteren Artikel über den Boykott berichtet wurde, wurden daneben unter der Rubrik „Kirchliche Nach-richten“ noch die Gebetsstunden in der Synagoge veröffentlicht. Der letzte Hinweis auf jüdische Gottesdienste findet sich im Wochenblatt am 15.Juli 1933. In der Stadtratssitzung vom 24.März 1933 stellte der 1.Bürgermeister Konrad Mantel, der kurze Zeit danach am 18.April sein Amt niederlegte, den Antrag, Hindenburg und Hitler das Ehrenbürgerrecht der Stadt Uffenheim zu verleihen. Gleichzeitig wurde von der „Austrittserklärung des Stadtratsmitgliedes Gustav Stark“ (Jude) ohne Erin-nerung Kenntnis genommen. Bis in den Juli hinein wurde in regelmäßig erscheinen-den Artikeln die sog. Judenfrage erörtert, indem eine ganze Reihe bekannter und un-bekannter Persönlichkeiten mit ihren Meinungen zu der zentralen Frage „Die Juden sind unser Unglück“ zitiert wurden. Zu irgendeiner Art von Gewaltanwendung wurde dabei jedoch nicht aufgerufen. Ab 15.Juli 33 findet sich ein regelmäßig wiederkehrendes Inserat vom Viehmarkt in Windsheim, bei dem das Handeln in jüdischer Sprache und die Zulassung jüdischer Viehhändler ausdrücklich untersagt wurde. Der Stadtrat von Uffenheim zog umge-hend nach und beschloß in seiner Sitzung vom 19.Juli 33 unter der Leitung des seit 4.Mai im Amt befindlichen neuen Bürgermeisters Dr. Kreppner (Rechtsanwalt) eine Marktordnung, in der jüdischen Viehhändlern „der Auftrieb und der Handel beim Viehmarkt verboten“ wurden. Weiterhin wurde beschlossen, die Namen der Bürger zu veröffentlichen, die Geschäfte mit Juden machten. Am 10.9.33 hielt der „Reichs-verband des Nationalen Viehhandels Deutschlands“ eine Bezirksversammlung ab, bei der u.a. auch der Ersatz des jüdischen Viehhandels und als eine erste Aufgabe die Heranbildung eines „ehrlichen Viehhändlerstandes“ gefordert wurde. Dabei kam es laut Zeitungsbericht zu folgendem Zwischenfall:
„Kurz vor Beginn der Versammlung konnte man im Saale 5 jüdische Händler aus Uffenheim, Ermetzhofen und Windsheim feststellen. Große Erregung machte sich unter den Anwesenden bemerkbar. Aus der Versammlung heraus hat man sich an die Versammlungsleitung gewandt. Diese gab den Juden zu verstehen, daß keine Gewähr für die Sicherheit ihrer Person bestehe. Erst nach Weggang der Juden vom Lokal konnte die Versammlung ihren Anfang nehmen.“
In den letzten 3 Monaten des Jahres 1933 kam es dann noch einmal zu drei größeren Veranstaltungen. Im Oktober fand eine Handwerks-, Gewerbe- und Handelsschau in der Städtischen Turnhalle statt, bei der ein Redner mit Stolz verkündete, der Hand-werker habe sich am längsten dem Juden entgegengesetzt. Anläßlich einer Wahlver-sammlung wurde angemerkt, die Nationalsozialisten seien nicht Gegner der jüdischen Glaubenslehre, wohl aber der jüdischen Rasse, deren Vertreter am besten auswandern sollten. Für den NS-Lehrerbund trug im Dezember ein Lehrer aus Langensteinach bei einem Lichtbildervortrag die Forschungsergebnisse des Rassenforschers „Günther“ (Jena) vor, deren Hauptinhalt war, mit fragwürdigen wissenschaftlichen Ansätzen die Minderwertigkeit der jüdischen Rasse zu belegen. So sei es auch kein Zufall gewe-sen, daß der Marxismus von einem Juden gegründet wurde. (Anmerkung: Karl Marx, getaufter Jude, mit 6 Jahren evangelisch umgetauft, äußerte sich mehrfach in Schriften äußerst antisemitisch.) Im Jahr 1934 ging die Zahl Juden diskriminierender Artikel im Wochenblatt spürbar zurück. Wie vorher in Windsheim und Uffenheim, findet sich im Juni ein Inserat, das Juden vom „1.großen Nutzviehmarkt“ in Aub ausschloß. Im Februar war in Neuher-berg von „ruchloser Hand“ eine antijüdische Propagandatafel entfernt worden, wes-halb auf die Ergreifung des Täters eine Belohnung ausgesetzt wurde. Ein Artikel kündigte für den März in der Turnhalle eine Kundgebung des Mittelstandes zum Thema „Der jüdische Geist in der deutschen Wirtschaft“ mit dem Gaupropaganda-leiter „Großner“ als Redner an. Am 17.April wurde eine große Versammlungswelle im Kreis Uffenheim-Windsheim zur Judenfrage angekündigt, mit dem Hinweis, es sei Pflicht jedes Volksgenossen, an diesen Aufklärungsversammlungen teilzunehmen. Auch wurde stark bemängelt, daß Deutsche schon wieder Geschäfte mit Juden machten, so mit der jüdischen Geschäftsfrau „Berta Oettinger“ und dem Viehhändler „Stark“. Volksgenossen, und darunter selbst Parteimitglieder, würden sogar mit Ju-den Karten spielen. Alte Parteigenossen sprächen bereits von einem „Saustall“ in Uf-fenheim. Die deutschen Volksgenossen seien also Schuld daran, daß „der Jude schon wieder das Haupt erhebt“. Interessant ist der Bericht über Vortrag eines Lehrers aus Gollhofen im April 1934 in Ippesheim, der aus dem Talmud (Auslegung der jüdi-schen Lehre) zitierte und stolz davon sprach, die Franken seien unter ihrem Führer Gauleiter Julius Streicher in der Judenfrage allen anderen voran. Am 25.Juni 1934 übernahm Leo Thum das Geschäft der Berta Oettinger in der Schmiedsgasse.
Uffenheimer Wochenblatt vom 26.Juni 1934:
Sein Mißgeschick, dieses Geschäft in gleich reeller Weise wie Frau Oettinger betrei-ben zu wollen, brachte ihm eine scharfe Rüge seitens der Partei ein:
Uffenheimer Wochenblatt vom 30.Juni 1934:
Frau Oettinger gelang es, nach Nordamerika auszuwandern. Ihr Sohn Martin Oettin-ger besuchte nach dem Krieg mehrfach Uffenheim, wobei er um 1950 unter Mithilfe von Kirchenrat „Burkert“ die Kultgegenstände der jüdischen Gemeinde abholte, die den Krieg im sog. „Judenzimmer“ des Heimatmuseums unbeschadet überstanden hatten. Dies ist genauso verwunderlich wie die Tatsache, daß die Judengasse ihren Namen behielt, während schon im März 1933 der Marktplatz in Hindenburgplatz und die Langgasse (heute Friedrich-Ebert-Straße) in Adolf Hitlerstraße umbenannt wor-den waren. Für die Jahre 1935 und 1936 gibt es im Wochenblatt nur einige Artikel, die sich mit Freimaurer- und Judentum beschäftigen. In großer Aufmachung allerdings wurde über die sog. „Nürnberger Gesetze“ vom 15.September 1935 berichtet, in denen den Juden unter anderem das deutsche Staatsbürgerrecht aberkannt wurde. Damit waren die Grundlagen geschaffen für alle weiteren Diskriminierungen und Verfolgungen der kommenden Jahre, für den Entzug aller Rechte und den Weg in die Vernich-tungslager nach Kriegsausbruch für die Juden, denen die Auswanderung nicht gelang. Somit war es auch nicht mehr von Bedeutung, daß Juden von der Teilnahme an der Reichstagswahl am 29.März 1936 ausgeschlossen waren. Die Parteien waren übri-gens schon gleichgeschaltet oder verboten. Nach Baruch Z. Ophir und Falk Wiesemann soll von 1933 bis 1939 noch 19 Juden aus Uffenheim die Emigration gelungen sein, davon 6 in die USA, 5 nach Argentini-en und 4 nach Frankreich. Ein beschämendes Schauspiel bot sich den Bürgern der Stadt am 14.Oktober 1938, von dem eine Fotografie erhalten ist.
Vier männliche Juden, auf dem Bild von links: ??, Jakob Schmalgrund, Leopold Hahn und Emil Liebreich, wurden verhaftet und erst ins Uffenheimer Gefängnis ge-bracht. Ein langer Zug, begleitet von Polizisten und SA-Männern, gefolgt von vielen Schulkindern, bewegte sich dann zum Bahnhof. An der Spitze gingen zwei Schulbu-ben, die Schilder mit der Aufschrift „Auszug aus dem gelobten Land“ und „Eiliges Ausfuhrgut aus Uffenheim in Deutschland an den Völkerbund für Väterchen Stalin“ trugen. Mit dem Zug wurden die vier Männer ins Konzentrationslager Dachau depor-tiert. Am 20.Oktober 1938 löste sich die israelitische Kultusgemeinde Uffenheim auf.
Anmerkung
Weder das Jahr 2002 noch das Jahr 2003 haben in Israel den von den meisten sowie-so nicht erwarteten Frieden gebracht. Im Gegenteil, der Traum der Palästinenser von einem eigenen Staat ist nach wie vor in weite Ferne gerückt. Wieso auch, wenn deren radikale Anführer von ihrer Zielsetzung, die Juden ins Meer zu werfen, weiterhin nicht abrücken und blutige Terroranschläge jeden Versuch einer Verständigung selbst aus den eigenen Reihen sofort torpedieren. Auf der anderen Seite läßt der Staat Israel seine Existenz durch nichts gefährden, verteidigt er seine nationale Identität, wenn es sein muß, mit konsequenter Härte und militärischer Überlegenheit. Die Erinnerung an jahrhundertelange weltweite Verfolgung der Juden, an sich stets wiederholende Po-grome und den Holocaust im Dritten Reich läßt keinen Spielraum für gefährliche Kompromisse. So sieht sich der Staat Israel in der historischen Verpflichtung, Juden eine sichere Heimat zu bieten, eine Heimat, die es in der langen Geschichte des jüdischen Volkes seit der Zerstörung des Tempels 70 nach Christus durch die Römer und der dadurch erzwungenen Diaspora vor 1948 nicht gegeben hat. Jahrhunderte lang hatten Juden in Deutschland um Anerkennung und Gleichberechtigung gerungen, Jahrhunderte lang waren sie allenfalls geduldet, wenn sich die jeweiligen Landesherren dadurch einen meist finanziellen Vorteil verschaffen konnten und es sogar eine Art Statussymbol war, möglichst viele Schutzjuden zu haben. Mit der Aufklärung und der Entstehung der Nationalstaaten hörten die Verfolgungen auf, war gegen Ende des 19. Jahrhun-derts annähernd Gleichberechtigung in der Gesellschaft erreicht. Zu dieser Zeit glaubten in Uffenheim viele jüdische Familien endlich eine Heimat gefunden zu haben, hatten Integration und Anerkennung Raum gewonnen. Der verlo-rene Erste Weltkrieg, das Problem der Kriegsschuld infolge des Vertrags von Ver-sailles, die zunehmende Hinwendung der Bevölkerung zu national gesinnter Politik und das schleichende Gift der nationalsozialistischen Propaganda beendeten jedoch schnell alle Hoffnungen der jüdischen Mitbürger auf ein friedliches und gleichbe-rechtigtes Zusammenleben. Nicht weniger grausam und brutal wie in der Zeit der rö-mischen Besatzung der Provinz Judäa, aber noch perfekter und unerbittlicher gingen die Nationalsozialisten an die sogenannte Endlösung der Judenfrage heran. 1939 wurde auch in Uffenheim stolz verkündet, die Stadt sei judenfrei. Wer es als jüdischer Mitbürger nicht geschafft hatte, ins Ausland zu emigrieren, landete in einem Konzentrationslager oder in den Vernichtungslagern im besetzten Osteuropa. Fast alle, die emigrieren konnten oder die Lager überlebten, kehrten nicht mehr nach Deutschland zurück. Sie gründeten eine neue Existenz in Israel, Südamerika oder in den Vereinigten Staaten von Amerika. Einige von ihnen, obwohl hoch betagt, nahmen in den letzten Jahren Kontakt zu ihrer alten Heimat Uffenheim oder Welbhausen auf, in erster Linie auf der Suche nach Spuren ihrer Vorfahren, ihrer eigenen Geschichte. Es ist beeindruckend, daß keiner von ihnen nach Vergeltung oder Wiedergutmachung verlangt. Wie das alles geschehen konnte, darauf suchen sie eine Ant-wort, eine Antwort, die auch diese Abhandlung nur unvollkommen geben kann. So besteht Hoffnung, daß sie dazu beitragen kann, einen Teil unserer Geschichte besser zu verstehen und zu akzeptieren, daß die Würde des Menschen und seine fundamen-talen Rechte nicht abhängig gemacht werden können von seiner Rasse, seiner Hautfarbe, seiner Religion oder seiner politischen Einstellung. Ein Zurückfallen in frühere Zeiten darf es nicht mehr geben.
Georg Schöck