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Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums - Wikipedia

Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, kurz Berufsbeamtengesetz, wurde am 7. April 1933 erlassen und erlaubte es den nationalsozialistischen Machthabern, ihnen politisch missliebige und jüdische Beamte aus dem Dienst zu entfernen. Zwecke des unter Federführung von Wilhelm Frick veröffentlichten Gesetzes waren die Verwirklichung der rassenpolitischen Ziele der NSDAP und die Gleichschaltung des öffentlichen Dienstes. Das Gesetz wurde durch das alliierte Kontrollratsgesetz Nr. 1 vom 20. September 1945 aufgehoben.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Inhalt

Politische Gegner des Nationalsozialismus („Beamte, die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten“) sollten in den Ruhestand versetzt bzw. aus dem Dienst entlassen werden.

Ferner sollten Beamte entlassen werden, die nach 1918 eingetreten waren, ohne die für die Laufbahn übliche Vorbildung vorweisen zu können. Diese wurden im Sprachgebrauch der nationalsozialistischen Propaganda als „Parteibuch-Beamte“ bezeichnet.

„Beamte nichtarischer Abstammung“, die einen jüdischen Großelternteil [1] im Stammbaum hatten, konnten entlassen oder vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden. Nach Paragraf 3 (2) sollten jedoch „nichtarische“ Beamte im Dienst belassen werden, wenn sie schon vor August 1914 verbeamtet worden waren. Auch wenn der eigene Sohn oder Vater im Ersten Weltkrieg als Soldat gefallen war, blieb ein jüdischer Beamte von Entlassung verschont. Die Ausnahmeregelung galt gleichfalls für „Frontkämpfer“. - Alle im Beamtenstatus befindlichen Personen mussten von nun an den sogenannten Ariernachweis erbringen, der belegen sollte, dass der Beamte keine Vorfahren jüdischer Religionszugehörigkeit hatte.

Nach § 6 des Gesetzes konnten Beamte außerdem „zur Vereinfachung der Verwaltung“ ohne Angabe von Gründen in den Ruhestand versetzt werden. Die freiwerdenden Planstellen sollten nicht wieder besetzt werden. Schon in der Weimarer Republik hatte es vergleichbare Maßnahmen gegeben, um durch Stellenabbau die öffentlichen Haushalte zu entlasten. Die Nationalsozialisten nutzten diese Möglichkeit vor allem als Entlassungsgrund. So wurde in Hamburg bis zum Jahre 1935 die Entlassung bei 555 von 637 Lehrkräften unter Berufung auf diesen Paragrafen 6 ausgesprochen. Im gleichen Zeitraum wurden jedoch 468 dieser Stellen wieder besetzt, so dass die angebliche Einsparungsmaßnahme eher Vorwand war, um nationalsozialistisch gesonnene Lehrkräfte einstellen zu können. [2]

Ein Ruhegehalt wurde nicht allen Gruppen der Zwangspensionierten zugestanden.[3] Die gewährten Ruhestandsbezüge wurden 1938 durch die Siebente Verordnung zum Reichsbürgergesetz reduziert.

[Bearbeiten] Begrenzte Wirkung

Das im Paragraf 3 verankerte Frontkämpferprivileg hatte der Reichspräsident Paul von Hindenburg in einem Schreiben an Adolf Hitler als Ausnahmeregelung eingefordert.[4] Entgegen der vorurteilshaften Einschätzung der Nationalsozialisten erfüllte eine erheblichen Anzahl jüdischer Beamter diese Bedingungen. Vermutlich wurde nur die Hälfte der rund 5.000 jüdischen Beamten entlassen. [5] Später wurde mit der „Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ vom 14. November 1935 der Beamtenstatus an eine neugeschaffene Reichsbürgerschaft gebunden, die „Deutschblütigen“ vorbehalten war: Damit mussten alle verbliebenen jüdischen Beamten Ende 1935 ausscheiden.

[Bearbeiten] Vergleichbare Regelungen

Ebenfalls am 7. April 1933 wurde ein Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ausgefertigt, das entsprechende Regelungen enthielt. Zur Enttäuschung der Antisemiten mussten reichsweit nur rund 40% der jüdischen Rechtsanwälte ihre Berufstätigkeit beenden, da viele durch das „Frontkämpferprivileg“ geschützt waren. [6]

[Bearbeiten] Reaktionen

Vor allem im Justizbereich waren nationalsozialistische Parteinanhänger seit März 1933 gewaltsam gegen Beamte vorgegangen. Richter und Staatsanwälte waren tätlich angegriffen und aus ihren Dienstzimmern vertrieben worden; Landesjustizminister hatten Zwangsbeurlaubungen ausgesprochen und Hausverbote erteilt. Bürgerliche Kreise und der noch nicht von den Nationalsozialisten kontrollierte Teil der Presse zeigten sich daher erleichtert, dass die Ausschreitungen und der „Radau-Antisemitismus“ durch eine gesetzliche Regelung der „Judenfrage“ ein Ende fanden. Die Ansicht, der angeblich übermächtige Einfluss der jüdischen Fremdkultur solle beschnitten werden, war über den Kreis der Parteianhänger hinaus weit verbreitet.[7]

[Bearbeiten] Deutungen

Der Historiker Uwe Dietrich Adam bezeichnet den Namen Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums als „zynische Umkehrung des eigentlichen Sachverhalts“. Das Gesetz setzt eine Zäsur und ist unübersehbarer Anfangspunkt einer formalrechtlich abgesicherten Strategie, die auf die Ausschaltung der jüdischen Minderheitsbevölkerung abzielt. [8] Peter Longerich stellt heraus, dass die beiden antijüdischen Gesetze „einen massiven Eingriff in die seit 1871 im Deutschen Reich geltende staatsbürgerliche Gleichberechtigung der Juden“ bedeute. [9]

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Fußnoten

  1. siehe §3(1) der Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums unter Weblinks -- Ansonsten wurden "Vierteljuden" nach den Nürnberger Gesetzen ab 1935 den "Deutschblütigen" zugerechnet
  2. Hans-Peter de Lorent: Nazibiographien. In: Hamburger Lehrerzeitung (hlz) Heft 01/02 2007, S. 48
  3. Höhe der Bezüge in: Bernhard Müller: Alltag im Zivilisationsbruch... München 2003, ISBN 3-935877-68-4, S. 86
  4. Peter Longerich: Politik der Vernichtung... München 1998, ISBN 3-492-03755-0, S. 42 und 600
  5. Peter Longerich: Politik der Vernichtung. S. 42/43
  6. Peter Longerich: Politik der Vernichtung. S. 43 / In Hamburg wurden von 189 jüdischen Rechtsanwälten 69 ausgeschlossen - vergl. Heiko Morisse: Jüdische Rechtsanwälte in Hamburg... Hamburg 2003, ISBN 3-7672-1418-0, S.31/32
  7. Peter Longerich: „Davon haben wir nichts gewusst“...München 2006, ISBN 3-88680-843-2, S. 63-66
  8. Uwe Dietrich Adam: Judenpolitik im Dritten Reich. unv. Nachdruck von 1972, Düsseldorf 2003, ISBN 3-7700-4063-5, S. 48/49
  9. Peter Longerich: „Davon haben wir nichts gewusst“...München 2006, ISBN 3-88680-843-2, S. 63

[Bearbeiten] Literatur

  • Uwe Dietrich Adam: Judenpolitik im Dritten Reich. Unv. Nachdruck von 1972, Düsseldorf 2003, ISBN 3-7700-4063-5

[Bearbeiten] Weblinks

Andere Sprachen

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