Glitch (Elektronik)
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In der Elektronik bezeichnet man mit Glitch [glɪtʃ] eine kurzzeitige Falschaussage in logischen Schaltungen und temporäre Verfälschung einer booleschen Funktion. Diese tritt auf, weil die Signallaufzeiten in den einzelnen Gattern niemals vollkommen gleich sind. Diese Verfälschung wird daher auch als Race Condition bezeichnet. Die Anfälligkeit für Glitches steigt mit der Komplexität der Schaltungen, kann aber auch bereits bei sehr einfachen Schaltungen vorhanden sein. Sie stellen ein wesentliches Problem bei der Entwicklung moderner elektronischer Schaltungen und schneller Mikroprozessoren dar.
Ein Glitch wird manchmal auch als Hazard (engl.: „Gefahr, Risiko, Zufall“) oder Spike (engl.: „Spitze, Dorn“) bezeichnet.
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[Bearbeiten] Beispiel
Es sei eine Schaltung gegeben, die drei Eingänge besitzt: x1, x2 und x3. Sie soll den Wert 1 liefern, wenn mindestens eine der beiden Bedingungen erfüllt ist:
- x1 und x2 sind gemeinsam 1
- x1 ist gleich 0 und x3 gleichzeitig 1
Trifft nicht wenigstens eine der beiden Bedingungen zu, soll sie 0 ausgeben (Grafik 1).
Die Schaltung befinde sich jetzt in Situation 1. Laut unseren Vorgaben ist die erste Bedingung erfüllt, nämlich x1 und x2 sind 1. Die Verzweigungen, die die Information "1" tragen, sind rot dargestellt. Der Inverter wandelt die eingehende 1 in eine 0 um. Daher lässt das nachfolgende UND-Glied kein Signal mehr durch, gibt also eine 0 aus. Die gesamte Schaltung liefert aber dennoch eine 1, da das zweite UND-Glied die 1 liefert.
In Situation 2 soll x1 = 0 und x3 = 1 sein. Die Schaltung soll weiterhin eine 1 ausgeben. Der Inverter benötigt allerdings eine gewisse Zeit, um die Änderung des x1-Signals wahrzunehmen und in eine 1 umzuwandeln. Für kurze Zeit ist sowohl x1 = 0, als auch nicht-x1 = 0. Dieser Umstand wird so verarbeitet, als ob keine der Bedingungen erfüllt ist und gibt folglich eine 0 aus. Diese Situation bezeichnet man als Glitch.
Nach einiger Zeit - in der Größenordnung von Nanosekunden - befindet sich die Schaltung in Situation 3: der Inverter hat die neue Information verarbeitet. Die jetzt ausgegebene 1 läuft in das UND-Gatter, welches (wieder nach kurzer Verzögerung) dann auch eine 1 liefert. Die gesamte Schaltung liefert nun die gewünschte 1.
[Bearbeiten] Unterscheidungen
[Bearbeiten] Funktions- und Struktur Glitches
Funktionshazards entstehen durch einen gleichzeitigen Belegungswechsel von mehr als einer Variable. Diese Hazards können durch einen geeigneten Belegungswechsel (Gray-Codierung), durch Taktung oder durch eine Verzögerung (RC-Glied am Ausgang) vermieden werden.
Strukturhazards entstehen bei Schaltungen mit mehr als einer Stufe durch den Wechsel von einem Block im KV-Diagramm (=Gatter in der Schaltung) in einen angrenzenden Block (keine überlappende Blöcke im KV-Diagramm). Diese Hazards können vermieden werden durch die Realisierung redundanter Primkonjunktionen (überlappende Blöcke im KV-Diagramm) oder durch Taktung.
[Bearbeiten] Statische und dynamische Glitches
Es gibt zwei Arten von Glitches: statische und dynamische. Statisch ist ein Glitch dann, wenn kein Wechsel im Ausgabewert erfolgt, der Glitch aber kurzzeitig den anderen Wert liefert. Ein dynamischer Glitch springt dagegen nach einem Wechsel auf den neuen Wert noch einmal kurz auf den alten zurück.
Je nach dem, ob der Glitch beim Wechsel auf eine 1 oder auf eine 0 stattfindet, unterscheidet man weiterhin 0-Glitches oder 1-Glitches.
[Bearbeiten] Bedeutung von Glitches
In der Praxis existieren Laufzeitunterschiede auch in Gattern desselben Typs, oder in den unterschiedlich langen Leitungen. Möchte man den exakten Wert der Funktion wissen, muss man eine entsprechende Zeit warten, bis alle Glitches beseitigt sind. Diese Tatsache beschränkt wesentlich die Taktrate moderner Prozessoren.
[Bearbeiten] Beseitigung
Ein wichtiges Hilfsmittel zum Entwurf von Schaltfunktionen sind die Karnaugh-Diagramme. Verbindet man in einem solchen Diagramm zusammenhängende Blöcke, so erhält man eine glitchfreie Schaltung. Im Prinzip ist es also möglich, auch größere Schaltungen ohne Glitches zu realisieren. Man benötigt dazu aber weitere Komponeneten in der Schaltung und schon bei etwas komplexeren Aufbauten wird deren Zahl enorm groß. Und dadurch wird die Schaltung teurer. Es gilt, einen guten Kompromiss zu finden zwischen den Kosten des Schaltkreises und der Dauer der Glitches.
[Bearbeiten] Vermeiden der Auswirkung
[Bearbeiten] D-Flip Flops
Die Auswirkungen von Glitches können in synchronen Schaltungsdesign durch nachgeschaltene D-Flipflops verhindert werden. Die Idee dabei ist, dass die Ausgänge der kombinatorischen Logik, bestehend aus diversen Gattern unterschiedlicher Laufzeit, erst dann gültige Zustände annehmen müssen, wenn die Taktflanke die Ausgangswerte in die D-Flipflops übernimmt. In der Zeit zwischen zwei Taktflanken können in der kombinatorischen Logik durch Laufzeiteffekte beliebige viele Glitches auftreten, da diese Zwischenzustände nicht durch das nachgeschaltene D-Flipflop beachtet werden. Der Nachteil ist, dass als kleinste Zeiteinheit die Taktperiode des D-Flipflops auftritt und kein zeitkontinuierliches Ausgangssignal wie bei einer rein kombinatorischen Logik mehr vorliegt.
Das Verfahren, die Ausgänge von kombinatorischer Logik immer mit D-Flipflops zu versehen, ist eines der wesentlichen Grundlagen für stabile, digitale Schaltungsdesigns in komplexen, freiprogrammieren FPGAs.
[Bearbeiten] Angleichung der Verzögerungszeiten
Im vorliegenden Beispiel könnte dieses Vorgehen darin bestehen, in den oberen Zweig der vom Eingang x1 ausgehenden Leitung ein weiteres (funktionsloses) Gatter einzufügen, damit die Signaländerung die beiden Und-Gatter gleichzeitig erreicht. Dieses Verfahren ist allerdings mit einigen Unsicherheiten behaftet und liefert nicht sicher das gewünschte Ergebnis.
[Bearbeiten] Systematische Vorgehensweise
Die bessere Methode ist die systematische Vorgehensweise. Dazu optimiert man das KV-Diagramm, das der betreffenden Schaltung zugrunde liegt. Das zum obigen Beispiel gehörende Diagramm zeigt zwei Blöcke, die durch die beiden Und-Gatter realisiert sind (Disjunktive Normalform). Der Hazard entsteht beim Übergang zwischen diesen beiden Blöcken. Aufgelöst wird der Hazard, wenn man diesen Übergang mit einem weiteren, von der Logik her überflüssigen, Block überbrückt, der sich mit beiden Blöcken überlappt. In der resultierenden Schaltung muss dann entsprechend ein weiteres Und-Gatter eingefügt werden.
Zu Beachten ist allerdings, dass sich nicht nur unterschiedliche Laufzeiten von einzelnen Gattern in Form von Glitches auswirken können, sondern auch die unterschiedlich langen Laufzeiten der Signale in den Verbindungsleitungen. Dazu müssen die einzelnen Verbindungsleitungen mit Hilfe der Leitungstheorie modelliert werden. Der dabei unter anderem wesentliche Parameter der Laufzeit auf Leitungen wird bei der systematischen Auflösung mittels KV-Diagrammen allerdings nicht beachtet. Daher ist dieses Verfahren nur bei vergleichsweise niedrigen Schaltfrequenzen (=quasistationärer Fall) bzw. diskreten Schaltungsteilen, welche mit entsprechend abgestimmten Verbindungsleitungen betrieben werden, von Erfolg. Bei hohen Signalraten, wobei rund 100 MHz aufwärts als grober Richtwert verwendet werden kann, und wenn auf die konkrete Signalführung wie bei einer Verschaltung innerhalb von FPGAs nur gering vom Entwickler Einfluss genommen werden kann, liefern auch aufgelöste kombinatorische Schaltungen keine glitch-freien Schaltungen.