Heißer Herbst
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Als Heißer Herbst wird in Deutschland die Konfrontation der Friedensbewegung mit der Bundesregierung um Bundeskanzler Kohl im Herbst 1983 bezeichnet.
Anlass war die bevorstehende Stationierung von über 100 Mittelstreckenraketen des Typs "Pershing II" auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, die auf den NATO-Doppelbeschluss von 1979 zurückging. Dieser war zwar noch unter der Vorgänger-Regierung Schmidt (SPD) nach heftigen Kontroversen angenommen worden, wurde jedoch von der neu gewählten Regierung Kohl (CDU) vorbehaltlos unterstützt und konsequent umgesetzt.
Die Friedensbewegung antwortete mit Aufsehen erregenden Demonstrationen, rief den "Antikriegstag" am 1. September 1983 aus (Bezug nehmend auf den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges genau 44 Jahre zuvor) und startete eine dreitägige Blockade des US-Stützpunktes Mutlangen, eines der vorgesehenen Raketenstandorte, unter der Beteiligung zahlreicher Politiker, Schriftsteller und anderer bekannter Aktivisten. Zahlreiche weitere Aktionen folgten bis zur Abschlusskundgebung in der Bundeshauptstadt Bonn am 22. Oktober.
Seit März 1983 hatte die Friedensbewegung durch den Einzug der Grünen in den Bundestag außerdem auch parlamentarisches Gewicht, so dass ihre Themen nicht mehr aus der politischen Diskussion zu verdrängen waren. Die Stationierung der Raketen konnte dennoch nicht verhindert werden. Der Bundestag stimmte am 22. November 1983 mehrheitlich mit den Stimmen der regierenden Koalition aus CDU/CSU und FDP (bei nur einer Enthaltung aus der FDP) für die Nachrüstung.
Der Begriff "Heißer Herbst" wurde zum Wort des Jahres 1983 gewählt.
Gelegentlich wird der Begriff auch für den Deutschen Herbst 1977 verwendet.