Hermann Samuel Reimarus
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Hermann Samuel Reimarus (* 22. Dezember 1694 in Hamburg; † 1. März 1768 ebd.) war Gymnasialprofessor in Hamburg für orientalische Sprachen; Vertreter des Deismus und Wegbereiter der wissenschaftlichen Bibelkritik.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Leben
Studium der Philosophie, Theologie und Philologie ab 1714 in Jena und ab 1716 in Wittenberg. Dort 1719 Habilitation und 1722 Privatdozent an der philosophischen Fakultät. 1723 Schulrektor in Wismar, ab 1727 Professor für orientalische Sprachen am Akademischen Gymnasium in Hamburg.
[Bearbeiten] Wirken
Hermann Samuel Reimarus betrieb philologische, philosophische und naturwissenschaftliche Studien. Reimarus war ein Verfechter der "natürlichen Religion" ("Wer ein lebendiges Erkenntnis von Gott hat, dem eignet man billig eine Religion zu; und sofern dieses Erkenntnis durch die natürliche Kraft der Vernunft zu erhalten ist, nennt man es eine natürliche Religion." (Reimarus, in: "Die vornehmsten Wahrheiten...")) und versuchte demzufolge, die Existenz Gottes, seine Absichten in der Welt, die Unsterblichkeit der Seele etc. mit Mitteln der Vernunft herzuleiten und zu begründen. Mit seiner "Apologie" wollte er die "natürliche Religion" gegen die Zumutungen eines biblischen Glaubens mit seinem Festhalten an einer übernatürlichen Offenbarung und Wundern verteidigen. Diese Schrift war nicht für eine Veröffentlichung vorgesehen. Reimarus wollte sie lediglich einem Kreis von verständigen Freunden, der sich regelmäßig für Diskussionen bei ihm traf, an die Hand geben. Nach seinem Tod übergaben sein Sohn und seine älteste Tochter Teile einer früheren Fassung an Gotthold Ephraim Lessing, der mit der Tochter gut befreundet war. Die Veröffentlichung dieser Texte durch Lessing führte zum sogenannten Fragmentenstreit.
Reimarus benutzte Methoden der historischen und anderer Wissenschaften, um die Bibel und die Religion einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Unter anderem auf sein Wirken geht in späterer Zeit die Initiierung der Leben-Jesu-Forschung zurück.
[Bearbeiten] Werke
- Abhandlungen von den vornehmsten Wahrheiten der natürlichen Religion (1754)
- Die Vernunftlehre, als eine Anweisung zum richtigen Gebrauch der Vernunft in der Erkenntnis der Wahrheit (1756)
- Allgemeine Betrachtungen über die Triebe der Tiere, hauptsächlich über ihre Kunsttiere, zum Erkenntnis des Zusammenhanges des Welt, des Schöpfers und unser selbst (1760)
- Apologie oder Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes (geschrieben 1735-1767/68, als Gesamtwerk bekannt seit 1814, erstmals vollständig gedruckt 1972 und von Gerhard Alexander editiert. Im Insel-Verlag (Frankfurt).)
- Kleine gelehrte Schriften. Vorstufen zur Apologie oder Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes. Hrsg. von Wilhelm Schmidt-Biggemann. Veröffentlichung der Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften Hamburg 79. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1994. (656 S.) ISBN 3-525-86270-9
- Abhandlungen von den vornehmsten Wahrheiten der natürlichen Religion Fünfte Auflage, durchgesehen, und mit einigen Anmerkungen begleitet von Johann Albert Heinrich Reimarus [1729-1814]. Hamburg, Bohn, 1781, 704 Seiten (wirkten beide als Gymnasialprofessoren in Hamburg)
[Bearbeiten] Gegenschrift
Einer der schärfsten Kritiker von Lessing und Reimarus war der Radikalpietist Johann Daniel Müller (1716 bis nach 1785) aus Wissenbach (Nassau), dem heutigen Ortsteil von Eschenburg (Hessen). Er veröffentlichte anonym die Schrift
- Der Sieg der Wahrheit des Worts Gottes über die Lügen des Wolfenbüttelschen Bibliothecarii, [Gotthold] Ephraim Lessing, und seines Fragmenten-Schreibers [d. i. Hermann Samuel Reimarus] in ihren Lästerungen gegen Jesum Christum, seine Jünger, Apostel, und die ganze Bibel (1780).
[Bearbeiten] Literatur
- Raimund Lachner: Art. "Reimarus, Hermann Samuel". In: BBKL 7 (1994), Sp. 1514-1520
- Harald Schultze: Art. "Reimarus, Hermann Samuel". In: Theologische Realenzyklopädie 28 (1997), S. 470-473
- Wolfgang Walter (Hrsg.): Hermann Samuel Reimarus. 1694-1768. Beiträge zur Reimarus-Renaissance in der Gegenwart. Kolloquium des Instituts für Geschichte der Naturwissenschaften, Mathematik und Technik. Hamburg, 25. Nov. 1994. Veröffentlichung der Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften 85. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1998 (52 S.) ISBN 3-525-86276-8
- Johann Anselm Steiger: "Bibliotheca Reimariana. Die Bibliothek des Hamburger Aufklärers und Gelehrten Hermann Samuel Reimarus (1694 - 1768)". In: Wolfenbütteler Notizen zur Buchgeschichte 30/2 (2005), S. 145-154 ISSN 0341-2253
- Johann Anselm Steiger: Ist es denn ein Wunder? Die aufgeklärte Wunderkritik. Oder: Von Spinoza zu Reimarus. In: Ders. (Hrsg.): 500 Jahre Theologie in Hamburg. Hamburg als Zentrum christlicher Theologie und Kultur zwischen Tradition und Zukunft. Mit einem Verzeichnis sämtlicher Promotionen der Theologischen Fakultät Hamburg. Arbeiten zur Kirchengeschichte 95. de Gruyter, Berlin/New York 2005, S. 112-130 ISBN 3-11-018529-6
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Hermann Samuel Reimarus im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Teil der von Lessing veröffentlichten Fragmente mit Kommentar
- Apologie oder Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes (hrg. G. Alexander), Insel Verlag o.J. (1972), S. 363-368
- Vom Zwecke Jesu und seiner Jünger
Personendaten | |
---|---|
NAME | Reimarus, Hermann Samuel |
KURZBESCHREIBUNG | Gymnasialprofessor in Hamburg für orientalische Sprachen; Verfechter des Deismus, Wegbereiter der wissenschaftlichen Bibelkritik |
GEBURTSDATUM | 22. Dezember 1694 |
GEBURTSORT | Hamburg |
STERBEDATUM | 1. März 1768 |
STERBEORT | Hamburg |