Insolvenzverwalter
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Der Insolvenzverwalter (vor Einführung der Insolvenzordnung {und im schweizerischen Recht} Konkursverwalter oder Gesamtvollstreckungsverwalter) ist ein gerichtlich ernannter Verwalter im Rahmen des Insolvenzverfahrens bei Eröffnung der Insolvenz. Mit dem Beginn seiner Tätigkeit untersteht der Insolvenzverwalter der Aufsicht des Insolvenzgerichtes (regelmäßig das für den Sitz des Gemeinschuldners zuständige Amtsgericht, häufig auch ein bestimmtes Amtsgericht für den gesamten Bezirk eines Landgerichts).
Der Insolvenzverwalter muss nach § 56 InsO eine geschäftskundige und von Gläubigern und Schuldnern unabhängige natürliche Person sein. In der Regel handelt es sich um Rechtsanwälte, die sich auf eine Tätigkeit als Insolvenzverwalter (gelegentlich auch als Fachanwalt für Insolvenzrecht spezialisiert haben). Die Tätigkeit des Insolvenzverwalters kann im Falle eines von ihm verursachten Schadens Ansprüche nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG (Staats- bzw. Amtshaftung) auslösen, da das Spruchrichterprivileg hier nicht greift.
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[Bearbeiten] Ende und Vergütung
Mit der Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens endet die Tätigkeit des Insolvenzverwalters, der dann auch seine Vergütung als Verfahrenskosten geltend machen kann (§ 63 Abs. 1 InsO). Nach der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) erhält der Insolvenzverwalter bei einem Wert der Masse bei Beendigung des Verfahrens von 25.000 Euro oder weniger 40% der Insolvenzmasse, mindestens aber 500 Euro (ab 2004: mind. 1.000 Euro, bei mehr als 10 Gläubigern erhöht sich der Betrag noch). Bei weiteren 25.000 Euro beträgt die Vergütung 25%, bei weiteren 200.000 Euro 7%, für die weiteren 250.000 Euro 3%, für die weiteren 24.500.000 Euro 2%, für die darüberhinausgehenden 25.000.000 Euro 1% sowie für alle darüber hinausgehenden Mehrbeträge 0,5%. Die Vergütung verteilt sich dabei anteilig auf die jeweiligen Staffeln. Die üblichen Geschäftskosten werden durch diese Vergütung abgedeckt, gesondert geltend gemacht werden können aber die Reisekosten etc.
Mit Zustimmung des Gerichts kann der Insolvenzverwalter einen Vorschuss für seine Tätigkeit aus der Masse entnehmen.
[Bearbeiten] Bildungsvoraussetzungen
Eine berufliche Ausbildung zum Insolvenzverwalter gibt es nicht. Jedoch werden regelmäßig Rechtsanwälte mit Schwerpunkt Insolvenzrecht, Betriebswirte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer mit den Aufgaben des Insolvenzverwalters betraut. Der Zugang zum Amt des Insolvenzverwalters ist nicht klar geregelt. Die Auswahl des Insolvenzverwalters obliegt dem zuständigen Insolvenzrichter. Zum Insolvenzverwalter sollen nur geeignete Personen bestellt werden. Darüber, wie sich der Richter einen Überblick über den in Frage kommenden Personenkreis verschafft, wer also als Insolvenzverwalter in Betracht kommen kann, wenn die regelmäßig in kurzer Zeit zu treffende Entscheidung ansteht, enthält das Gesetz keine Regelung.
Da bei einigen Insolvenzgerichten sogenannte "geschlossene Listen" geführt wurden, also regelmäßig die gleichen Personen als Insolvenzverwalter bestellt wurden, haben sich Bewerber, die nicht berücksichtigt wurden, mit der Verfassungsbeschwerde gegen diese Praxis gewandt. Das Bundesverfassungsgericht hat daraufhin Regeln für die Bestellung des Insolvenzverwalters aufgestellt (BVerfG, 1 BvR 135/00 vom 3. August 2004).
[Bearbeiten] Neuwahl
Die Gläubigerversammlung kann den Insolvenzverwalter durch einen neuen ersetzen. Dafür ist nicht nur die summenmäßige Mehrheit der Ansprüche, sondern auch die kopfmäßige Mehrheit der Gläubiger erforderlich. Der neugewählte Insolvenzverwalter muss dann, wenn er nicht völlig ungeeignet ist, vom Gericht bestellt werden.
[Bearbeiten] Masseverhältnis
Die Amts-Theorie als herrschende Meinung sieht den Insolvenzverwalter als Handelnden kraft Amtes. Er handelt im eigenen Namen und mit Wirkungen für und gegen Masse und Schuldner.
Nach § 80 Abs. 1 InsO darf der Schuldner nicht mehr über die Masse (d.i. das pfändbare Vermögen) verfügen und verwalten. Es ist aber weiterhin Bestandteil seines Vermögens. Die Verfügungsmacht selbst geht auf den Insolvenzverwalter über.
Der Insolvenzverwalter hat hinsichtlich der Verwaltung ein Inventar der Masse anzulegen und die Masse gegen Schuldner und Gläubiger zu sichern.
Ausnahmsweise kann der Schuldner die Verfügungs- und Verwaltungsmacht behalten, wenn das Gericht eine Eigenverwaltung zulässt.
[Bearbeiten] Haftungsfragen
Da das Amt des Insolvenzverwalters nicht als öffentliches Amt angesehen wird, kann der Verstoß gegen die Pflichten des Insolvenzrechts Haftungsansprüche gegen das Privatvermögen des Insolvenzverwalters auslösen. Die Haftung des Insolvenzverwalters bestimmt sich nach §§ 60, 61 InsO. Daneben muss allerdings auch die Insolvenzmasse mithaften.
[Bearbeiten] Besonderheiten
[Bearbeiten] Vorläufiger Insolvenzverwalter
Das Gericht kann noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen sog. vorläufigen Insolvenzverwalter gemäß § 21 Abs. 2 InsO bestellen. Die Rechtsstellung hängt vom Beschlussinhalt des Gerichtes ab. Die meisten Beschlüsse sehen vor, dass Verfügungen des Schuldners von der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters abhängen. In dieser Variante des sog. "schwachen" vorläufigen Verwalters hat der Insolvenzverwalter keine Verfügungsmacht und nimmt nur Funktionen der Sicherung wahr. Den Umfang bestimmt das Insolvenzgericht. In Ausnahmefällen bestimmt das Gericht, dass die Verfügungsbefugnis auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. Der vorläufige Insolvenzverwalter darf die Masse nicht verwerten, er darf das Unternehmen allerdings fortführen und nur mit Zustimmung des Gerichts auch stilllegen. Ihm obliegt es ferner festzustellen, ob genügend Vermögen zur Deckung der Verfahrenskosten vorhanden sind.
[Bearbeiten] Österreich
In Österreich heißt der Insolvenzverwalter Masseverwalter. Er wird vom Konkursgericht aus einer beim Oberlandesgericht Linz aufgelegten Datenbank (Insolvenzverwalterliste) bestellt. Ihm obliegt die praktische Durchführung des Konkursverfahrens. Er verwaltet und vertritt das Vermögen des Gemeinschuldners, prüft die angemeldeten Forderungen und legt dem Konkursgericht Bericht darüber. Bei der Prüfungstagsatzung, wo die angemeldeten Konkursforderungen geprüft werden, anerkennt oder bestreitet der Masseverwalter diese.
[Bearbeiten] Schweiz
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Der Herr der Pleiten - Jobst Wellensiek, Konkursverwalter - Eine Betriebsbesichtigung in Die Zeit, 6/2002
- Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889 (SchKG; SR 281.1)
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