Ir sult sprechen willekomen
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ir sult sprechen willekomen ist eine strophische Dichtung Walthers von der Vogelweide. Thematisch gehört sie weder völlig dem Minnesang noch der Sangspruchdichtung an, sondern bringt eine ungewöhnliche Vermengung der beiden Register, die sonst in der Lyrik des 12. und 13. Jahrhunderts deutlich geschieden sind.
Das Dichter-Ich tritt in der ersten Strophe als Sangspruchdichter auf, der mit dem prahlerischen Gestus des Spielmanns unerhörte Neuigkeiten (mære) bringe. Zugleich fordert er aber seinen Lohn (in diesem Fall: gruoz), was eigentlich gesellschaftliche Anerkennung und letztlich die Hoffnung auf Wiederaufnahme an den Hof bedeutet. Worin bestehen seine Neuigkeiten? Er preist nicht mehr nur eine einzelne Dame, sondern die „site“, „zuht“ und „tugent“ aller deutschen Frauen. Walthers Makel, dass er im Moment ohne feste Anstellung auf Wanderschaft sei, wandelt er in den Vorzug der Erfahrung um: Er habe viele Länder gesehen und könne deshalb die deutschen Frauen besonders preisen. Erst in der letzten Strophe wendet sich Walter an eine einzelne Dame, der er zwar seine Treue versichert, sie aber zu einem anderen Verhalten auffordert, das ihm weniger Schmerzen bereite. Hier geht der Dichter nun gänzlich in der Rolle des Minnesängers auf.
[Bearbeiten] Text
Ir sult sprechen willekomen: Ich wil tiuschen frouwen sagen Ich hân lande vil gesehen Von der Elbe unz an den Rîn Tiusche man sint wol gezogen, Der ich vil gedienet hân |
Ihr sollt mir ein Willkommen sagen: Ich will deutschen edlen Frauen Ich habe viele Länder bereist Von der Elbe bis zum Rhein Deutsche Männer sind wohlgebildet, Sie, deren Dienst ich mich ganz hingegeben habe |