J. & L. Lobmeyr
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J. & L. Lobmeyr war ein weltbekanntes Wiener Handelshaus für Glaswaren; das Stammhaus in der Wiener Kärntnerstraße ist heute noch in Familienbesitz und eine Verkaufsstelle für hochwertiges Kristallglas.
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[Bearbeiten] Geschichte
1822 gründete Josef Lobmeyr in Wien ein Handelshaus für Glaswaren, das in zweiter Generation unter seinen Kindern Josef, Ludwig, Louise und Mathilde unter der Firma "J. & L. Lobmeyr" Weltruhm erlangte. 1855 übernahmen die Brüder Josef und Ludwig von ihrem Vater die Firmenleitung; Josef wurde kaufmännischer Direktor, während Ludwig für das künstlerische Programm verantwortlich zeichnete.
Ludwig Lobmeyr (1829-1917) baute die Kontakte zu böhmischen Glashütten und Glasveredelungswerkstätten aus, die sein Vater bereits geknüpft hatte; er unterhielt mehrere Niederlassungen in der Region und verpflichtete die besten Glasschneider und Graveure für sich. Ein Zentrum für die Rekrutierung von Künstlern war Steinschönau und Umland.
Ludwig arbeitete auch eng mit dem böhmischen Glasfabrikanten Wilhelm Kralik von Meyrswalden zusammen, dem Ehemann seiner Schwester Louise. Viele seiner Entwürfe für Gläser ließ er in der Firma seines Schwagers Meyr's Neffe in Adolf bei Winterberg (Vimperk) fertigen.
Unter Ludwigs Leitung wurde die Firma J. &. L. Lobmeyr k.u.k. Hoflieferant. Sie lieferte Kristall-Lüster für die Hofburg, für das Schloss Schönbrunn und die bayrischen Königsschlösser. Ludwig, selbst ein begeisterter Kunstmäzen und Sammler, kannte auch erstrangige Künstler und Wissenschaftler außerhalb der Glasherstellung, wie Theophil von Hansen, Josef Hoffmann und Thomas Alva Edison. Er wurde 1887 von Kaiser Franz Joseph I. in das Herrenhaus (Oberhaus des Parlaments) berufen und 1889 Ehrenbürger der Stadt Wien.
Als Ludwig 1917 kinderlos verstarb, vererbte er die Firma an Stefan Rath, den Sohn seiner Schwester Mathilde. Stefan Rath schrieb 1962 eine Geschichte seiner Familie und der Firma. J. & L. Lobmeyr ist bis heute (Jahr 2005) im Besitz von dessen Nachkommen.
[Bearbeiten] Lobmeyr-Glas
Ihre große Zeit hatte die Firma J. & L. Lobmeyr im Historismus. Stets hat Ludwig sich für eine Revitalisierung der Traditionen im altdeutschen Stil eingesetzt. Schlesische Deckelhumpen mit Reichsadler und anderen typischen Dekoren des 17. Jahrhunderts - z.T. mit Pseudo-Datierungen - waren im 19. Jahrhundert sehr beliebt. Andere Schwerpunkte für Lobmeyr-Glaswaren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren Gläser oder Becher mit Emailmalerei und Goldkonturierungen sowie farbige Gläser, Schalen und Kannen mit fein elaborierten Email-Netzornamenten in Gold und Weiß.
Glaswaren im islamischen Stil spielten ebenfalls in dieser Zeit eine Rolle, als die Einrichtung "Arabischer Zimmer" in Adels- und großbürgerlichen Kreisen beliebt war. Auch das Österreichische Museum für Kunst und Industrie (seit 1947: Österreichisches Museum für angewandte Kunst) hatte einmal so ein arabisches Zimmer (Architekten: Johann Machytka und Franz Schmoranz), das 1928 magaziniert wurde. Ludwig hat diese Architekten gekannt und ließ sich die Entwürfe zu feinen Gold- und Emaildekoren in orientalisierenden Formen liefern.
Auch Dekore in Schwarzlotmalerei waren ein Schwerpunkt der Firma J. & L. Lobmeyr. Ein bedeutender Künstler dieser Technik, der anfangs für Ludwig arbeitete, war Josef Lenhardt, der später in Steinschönau in eigenem Namen signierte. Altdeutsche oder antikisierende Bildmotive dienten als Grundlage für komplette Serien (z.B. die "Meergötter-Serie").
Auch nach dem Tod von Ludwig rekrutierte die Firma J. & L. Lobmeyr unter Stefan Rath nach wie vor bis zum Zweiten Weltkrieg ihre Glaskünstler aus Böhmen. Aus Steinschönau gewann sie z.B. den ältesten der Brüder Eiselt für sich; begabte Graveure in Böhmen bevorzugten es jedoch im 20. Jahrhundert, im eigenen Namen zu zeichnen, zudem traten neue Manufakturen wie Johann Loetz Witwe und zahlreiche Glasfachschulen auf den Plan.
Das heutige Repertoire der Firma reicht von hochwertigem Gebrauchsglas über Sonderanfertigungen und Sammlerstücke bis zu Antiquitäten mit Lobmeyr-Signet. Es werden auch Spiegel im historischen Stil sowie in modernen Ausfertigungen sowie Kristall-Lüster in tradierten Formen vertrieben.
[Bearbeiten] Lobmeyr-Signet
Lobmeyr-Glas ist heute in zahlreichen Museen zu besichtigen; wichtige Bestände zeigen u.a. das Österreichische Museum für angewandte Kunst in Wien sowie das Glasmuseum in Passau. Auf weltweiten Glas-Auktionen erzielen die besten Stücke heute Preise in fünfstelliger Höhe. Unkundigen Sammlern werden gelegentlich Objekte in typischen Dekoren als "Lobmeyr" suggeriert und zu überhöhten Preisen angedient. Doch nur das charakteristische Signet kann eine solche Provenienz nachweisen.
Es handelt sich um die drei netzförmig ineinander verschlungenen Buchstaben J (Josef), L (Ludwig / Lobmeyr) und W (Wien). Sieht man nicht genau hin, ist eine Verwechslung mit dem nach gleichem Muster aufgebauten Signet für Meyr's Neffe (die ineinander verschachtelten Buchstaben M und N) leicht möglich. Beide Firmen arbeiteten eng zusammen (s.o.).
[Bearbeiten] Literatur
- MAK Wien (Hrsg.): J. & L. Lobmeyr. Zwischen Tradition und Innovation. Prestel Verlag Wien, 2006. ISBN 3-7913-3601-0
- Claudia Horbas, Renate Möller: Glas vom Barock bis zur Gegenwart, Weltkunst-Antiquitätenführer. München/Berlin, 1998
- Peter Rath: Lobmeyr 1823. Helles Glas und klares Licht aus Wien. Böhlau Wien, 2002. ISBN 3-205-98812-4
- Stefan Rath: Lobmeyr (Pappband). Herold, 1962. ASIN B0000BMMGW
- Waltraud Neuwirth, Ann Dubsky: Schöner als Bergkristall. Ludwig Lobmeyr - Glas Legende. Neuwirth Verlag Wien, 1999. ISBN 3-9002-8252-8
- Waltraud Neuwirth: Orientalisierende Gläser von J. & L. Lobmeyr, Wien (Gebundene Ausgabe). Neuwirth Verlag Wien, 1981. ISBN 3-9002-8215-3
[Bearbeiten] Weblinks
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