Kinästhetik
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Die Kinästhetik (engl. Kinaesthetics, durch die Sinne wahrgenommene Bewegung) ist ein Instrument zur Analyse von menschlichen Bewegungsmustern, das in den USA entwickelt wurde. Die Bezeichnung „Kinästhetik“ ist eine Kombination der beiden griechischen Wörter „kinesis“ (Bewegung) und „aesthesie“ (Wahrnehmung). Ganz allgemein formuliert befasst sich die Kinästhetik mit dem Studium der menschlichen Bewegung, die für die Ausübung der Aktivitäten des täglichen Lebens erforderlich ist.
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[Bearbeiten] Geschichte
Die Geschichte der Kinästhetik ist in drei Phasen unterteilt:
1. Phase: Der Ursprung an der University of California: Die Kyberniker K.U. Smith und Dr. Frank Hatch leiten 1972 an der University of California die 1. Phase ein. Dabei wurde die Verhaltenskybernetik konsequent angewendet.
2. Phase: Die breite Anwendung in der Praxis: In dieser Phase wurden die 6 Kinästhetik-Konzepte entwickelt.
3. Phase: Die wissenschaftlich-methodische Weiterentwicklung: In den Jahren 1999 und 2000 begann die 3. Phase der Entwicklungsgeschichte. In dieser Phase stehen wissenschaftliche Arbeiten am European Institute for Human Development (IHD) in Wien und am Bodensee im Vordergrund.
[Bearbeiten] Die 6 Kinästhetik-Konzepte
Die sechs Kinästhetik-Konzepte bilden das Fundament des Kinaesthetics Lernsystems. Diese Konzepte sind als Ergebnis des Studiums der menschlichen Bewegung entstanden. Mit Hilfe dieser Konzepte können die verschiedenen Aspekte der menschlichen Aktivität beschrieben werden. Die Kinästhetik versucht das ganze menschliche Tun in die einzelnen Teile aufzugliedern, die für die Effektivität unserer alltäglichen Aktivität entscheidend sind. Diese Teile werden Konzepte genannt.
Die 6 Konzepte sind:
- Interaktion
- Funktionale Anatomie
- Menschliche Bewegung
- Anstrengung
- Menschliche Funktion
- Umgebung
[Bearbeiten] Kinästhetik in der Pflege
Für viele Pflegende ist der Wunsch, Menschen zu helfen, Ausgangspunkt für ihre Berufswahl im Gesundheits- und Sozialbereich. Der Beruf der Krankenpflege ist also ein „helfender Beruf“ und erfordert hohe persönliche Qualifikation von jeder Pflegekraft. Denn oft stehen Pflegende und Patienten in direktem persönlichem Austausch zu einander, welcher für die Gesundheit des Patienten erforderlich und notwendig ist. Diese persönliche Qualifikation muss ebenso wie medizinisches Fachwissen erlernt und erworben werden. Die Kinästhetik versucht den Pflegenden zu vermitteln, wie die Fähigkeit zum Helfen in der pflegerischen Arbeit entwickelt und erweitert werden kann. So soll verhindert werden, dass die vielfältigen Belastungen im Pflegealltag nicht zur immerwährenden Überlastung der Pflegenden werden.
Die wichtigsten Grundlagen, welche den Pflegenden durch das Kinästhetik-Programm in der Pflege vermittelt werden, um das oben genannte zu erreichen, sind folgende:
- Leben ist ein dauernder Veränderungs- und Anpassungsprozess. Alle Menschen regulieren diesen Prozess durch die eigene Bewegung in täglichen Aktivitäten. Die Art und Weise der Bewegung in diesen Aktivitäten beeinflusst alle Entwicklungsprozesse. Dieser Einfluss kann sowohl konstruktiv als auch destruktiv sein, kann sich also positiv oder negativ auf die Gesundheit des Menschen auswirken.
- Auch alle inneren Prozesse wie Atmung, Verdauung usw. sind Bewegungsprozesse. Diese werden ebenfalls durch die eigene Bewegung in den täglichen Aktivitäten reguliert. Das bedeutet, dass die Effizienz unserer inneren Prozesse direkt auf die Qualität unserer Bewegungen im täglichen Leben zurückzuführen ist.
- Menschen entwickeln die eigenen Bewegungsfähigkeiten, indem sie der Bewegung von anderen Menschen folgen.
- Pflegebedürftige Menschen müssen neu entdecken, wie sie ihr Gewicht gegenüber der Schwerkraft kontrollieren können. Sie tun dies, indem sie neue Bewegungsmöglichkeiten entdecken, um die alltäglichen Aktivitäten durchzuführen.
- Die Hilfe der Pflegenden, vor allem die Art und Weise wie sie die Bewegungen der Patientinnen unterstützen, kann den Lernprozess konstruktiv oder destruktiv beeinflussen.
- Das wichtigste Entwicklungsangebot für eine Patientin ist die kompetente Begleitung der Pflegenden. Je fähiger die betreuenden Personen sind, umso gezielter können sie die Gesundheits- und Lernprozesse der Patientin unterstützen.
- Die dafür nötige Bewegungskompetenz der pflegenden Personen ist keine angeborene Kompetenz. Sie muss wie anderes Fachwissen gelernt werden.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Heidi Bauder-Mißbach: Kinästhetik in der Intensivpflege. Frühmobilisation von schwerstkranken Patienten. Schlütersche 2000. ISBN 3-87706-566-X
- Bauder-Mißbach, Heidi: Spielerisches Lernen von Bewegung und Beziehung. Rehabilitation nach hoher Querschnittlähmung. Schlütersche 2005. ISBN 3-87706-677-1
- Ina Citron: Kinästhetik - Kommunikatives Bewegungslernen. Thieme, Stuttgart 2004. ISBN 3-13-111862-8
- Eisenschink, Bauder-Mißbach, Kirchner: Kinästhetische Mobilisation. Wie Pflegekräfte die Genesung unterstützen können. Schlütersche 2003, ISBN 3-87706-736-0
- Frank Hatch, Lenny Maietta: Kinästhetik. Gesundheitsentwicklung und menschliche Funktionen. Urban & Fischer bei Elsevier 2003, ISBN 3-437-26840-6
- Heidi Schietinger, Rainer Schenzle: Kräfteschonendes Lagern und Drehen in der Pflege. Enke Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-432-30231-2
- Lenny Maietta, Frank Hatch: Kinaesthetics, Infant Handling. Huber, Bern 2004. ISBN 3-456-83310-5
- Maren Asmussen: Praxisbuch Kinaesthetics, Erfahrungen zur individuellen Bewegungsunterstützung auf Basis der Kinästhetik. ELSEVIER 2006, ISBN 978-3-437-27570-8
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