Kondensierte Materie
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Kondensierte Materie bezeichnet in den Naturwissenschaften Materie in gebundenem Zustand.
Die Physik der kondensierten Materie unterscheidet sich aufgrund der gegenseitigen Wechselwirkung der Bausteine der Materie erheblich von der freier Teilchen (Elementarteilchenphysik, Kernphysik, Atomphysik). Die theoretische Beschreibung basiert auf der Vielteilchentheorie. Viele Phänomene wie Deformierbarkeit, magnetische Ordnung, oder elektrische Leitfähigkeit gehen auf eine bestimmte Ordnung der Wechselwirkung zwischen den Bausteinen der kondensierten Materie zurück. Sie sind daher in kondensierter Materie ganz anders zu behandeln als bei freien Teilchen oder treten bei kondensierter Materie überhaupt erst auf.
Die Behandlung der Physik kondensierter Materie ist dadurch gekennzeichnet, dass die große Anzahl der Teilchen, die das zu beschreibende System (Festkörper oder Flüssigkeit) bilden, eine elementare Lösung der einzelnen Bewegungsgleichungen ausschließt. An die Stelle einer Beschreibung der Zustände der einzelnen Teilchen des Systems treten stattdessen Aussagen über Häufigkeiten (beziehungsweise normiert auf die Anzahl der möglichen Zustände: Wahrscheinlichkeiten), mit denen bestimmte Zustände beliebiger Teilchen im System auftreten.
In Festkörpern sind besonders Korrelationen unterschiedlichster Art von Interesse (zum Beispiel langreichweitige Korrelation der Atompositionen selbst Kristallgitter, oder Korrelation der Elektronenspins magnetische Ordnung wie Ferromagnetismus und Antiferromagnetismus).
Ein wichtiges Hilfsmittel bei der Behandlung von Verzerrungen in kondensierter Materie stellt die Kontinuumsmechanik dar.
Die Konzepte der Physik kondensierter Materie werden weit über den Bereich fester und flüssiger Materie hinaus angewandt (Beispiele: Risikomanagement, Versicherungsstatistik, Neuronale Netze).
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[Bearbeiten] Sachgebiete
[Bearbeiten] Festkörperphysik
Die Festkörperphysik befasst sich mit der Physik von Materie im festen Aggregatzustand. Von besonderer Bedeutung sind dabei kristalline Festkörper, das sind solche, die einen translationssymmetrischen (periodischen) Aufbau aufweisen, da diese Translationssymmetrie die Behandlung vieler physikalischer Phänomene drastisch vereinfacht, oder sogar überhaupt erst ermöglicht. Daher erfolgt die Anwendung des Modells des idealen Kristallgitters häufig auch dann, wenn die Bedingung der Periodizität nur sehr eingeschränkt, zum Beispiel nur sehr lokal erfüllt ist. Die Abweichung von der strengen Periodizität wird dann durch Korrekturen berücksichtigt.
- Die Physik kristalliner Festkörper befasst sich mit Festkörpern, die einen periodischen Aufbau aufweisen.
- Die Kristallstruktur repräsentiert die statische periodische Ordnung im kristallinen Festkörper.
- Die Gitterschwingungen beschreiben die Dynamik in der kristallinen Ordnung. Ihre Beschreibung verwendet häufig das Modell der Quasiteilchen. Bei Gitteranregungen werden diese Phononen genannt.
- Die auf die Elektronenhülle der regelmäßig angeordneten Atome zurückgehenden Eigenschaften führen zu Bändermodell und Bandstruktur, deren Parameter diverse makroskopische Eigenschaften (Optik usw.) berechenbar machen.
- Die Magnetische Ordnung repräsentiert die statische Ordnung der magnetischen Momente im Festkörper (Diamagnetismus, Paramagnetismus, Ferromagnetismus, Antiferromagnetismus, Spindichtewellen, Magnetooptik etc.).
- Die magnetischen Anregungen beschreiben die Dynamik der magnetischen Ordnung. Die zugehörigen Quasiteilchen heißen Magnonen.
- Die Physik amorpher Festkörper befasst sich mit Festkörpern, die keine Fernordnung aufweisen.
- Die Grenzflächenphysik befasst sich mit den Besonderheiten an Oberflächen.
- Die Oberflächenphysik ist ein Spezialfall der Grenzflächenphysik, bei Grenzflächen zum Vakuum.
[Bearbeiten] Physik der Flüssigkeiten
Die Physik der Flüssigkeiten befasst sich mit Materie im flüssigen Aggregatzustand. Die Bausteine der Flüssigkeit weisen eine hohe gegenseitige Beweglichkeit auf (Translation und Rotation).
[Bearbeiten] Physik der Flüssigkristalle
Die Physik der Flüssigkristalle beschreibt die Physik von Materie, die sowohl Elemente einer kristallinen Ordnung aufweisen, als auch die einer ungeordneten Flüssigkeit: Die Bausteine von Flüssigkristallen weisen die Beweglichkeit einer Flüssigkeit auf (genauer Translation), besitzen jedoch eine wohldefinierte gegenseitige Orientierung.
[Bearbeiten] Systeme (exemplarisch)
- Legierungen (Legierungen sind amorph, die kristalline Entsprechung trägt die englische Bezeichnung Compound.)
- Metalle
- Halbleiter
- Isolatoren
- Spingläser
- Polymere
- Membranen
- Übergitter
[Bearbeiten] Phänomene (exemplarisch)
- Effektive Masse (von Quasiteilchen)
- Ferroelektrizität
- Bändermodell
- Elektrische Leitfähigkeit
- Suprafluidität
- Supraleitung
- Magnetismus
- Hall-Effekt, Quanten-Hall-Effekt
- Fotoleitung
- Kondo-Effect
- RKKY-Kopplung
- Bose-Einstein-Kondensation
- Phasenübergänge
- Frequenzverdopplung
[Bearbeiten] Literatur
- Ch. Kittel: Einführung in die Festkörperphysik 14. Auflage. R. Oldenbourg Verlag München, 2005; ISBN: 3-486-57723-9
- Neil W. Ashcroft, N. D. Mermin: Festkörperphysik 2. Auflage. R. Oldenbourg Verlag München, 2005; ISBN: 3-486-57720-4
- H. Ibach, H. Lüth: Festkörperphysik 6. Auflage. Springer Verlag, Berlin 2002; ISBN: 3-540-42738-4
[Bearbeiten] Weblinks
- Britney's Guide to Semiconductor Physics (englisch)