Kreis Tuchel
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Der Kreis Tuchel war ein von 1875 bis 1920 bestehender preußischer Kreis zunächst in der Provinz Preußen, dann in der Provinz Westpreußen. Daran anknüpfend bestand von 1939 bis 1945 der Landkreis Tuchel als Teil des zum nationalsozialistischen Deutschland gehörenden Reichsgaus Danzig-Westpreußen. Sitz der Kreisbehörden war jeweils der Ort Tuchel. Der Landkreis Tuchel umfasste am 1. Januar 1945 neben der Kreisstadt 75 Gemeinden.
Von 1920 bis 1939 und ab 1945 gehörte das Gebiet als Powiat Tucholski zu Polen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Verwaltungsgeschichte
Wegen des stetigen Anwachsens der Bevölkerung im 19. Jahrhundert erwiesen sich viele Kreise im Westen der Provinz Preußen bald als zu groß; eine Verkleinerung erschien erforderlich. Vor diesem Hintergrund entstand 1875 der neue Kreis Tuchel aus Teilen des bisherigen Kreises Konitz im Regierungsbezirk Marienwerder in der preußischen Provinz Preußen. Das Landratsamt wurde in Tuchel eingerichtet. 1878 erfolgte die Teilung der Provinz Preußen in die neuen Provinzen Ostpreußen und Westpreußen; zu letzterer gehörte der Kreis fortan.
Nach dem Inkrafttreten des Versailler Vertrages am 10. Januar 1920 gehörte das Kreisgebiet dem polnischen Staat an. Zum 26. November 1939 wurde der polnische Landkreis Tuchola unter seinem deutschen Namen Teil des neugebildeten Reichsgaus Westpreußen – später Danzig-Westpreußen – im neuen Regierungsbezirk Bromberg. Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt und wurde danach wieder ein Teil Polens.
[Bearbeiten] Kommunalverfassung
Die Kreis Tuchel gliederte sich vor der Abtretung an Polen zunächst in die Stadtgemeinde Tuchel, ferner in Landgemeinden und selbstständige Gutsbezirke.
Nach der Annexion durch das Deutsche Reich wurde der Stadt Tuchel die im Altreich gültige Deutsche Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 verliehen. Die übrigen Gemeinden waren in Amtsbezirken zusammengefasst, Gutsbezirke gab es nicht mehr.
[Bearbeiten] Bevölkerung
Im folgenden eine Übersicht[1] mit offiziellen Angaben zu Einwohnerzahl, Konfessionen und Sprachgruppen:
Jahr | 1890 | 1900 | 1910 |
Einwohner | 27.646 | 29.282 | 33.951 |
Evangelische Katholiken Juden |
5.928 21.041 674 |
5.596 23.189 496 |
7.085 26.498 338 |
deutschsprachig zweisprachig polnischsprachig |
10.006 468 17.167 |
9.806 710 18.762 |
11.265 409 22.247 |
[Bearbeiten] Ortsnamen
Durch unveröffentlichten Erlass vom 29. Dezember 1939 galten vorläufig die bisher polnischen Ortsnamen weiter.
Die Anordnung betreffend Änderung von Ortsnamen des Reichstatthalters in Danzig-Westpreußen vom 25. Juni 1942 legte mit Zustimmung des Reichsministers des Innern alle Ortsnamen endgültig in einer deutschen Form festgelegt. Dieses waren durchweg neue eingedeutschte Bezeichnungen, d. h. eine lautliche Angleichung oder Übersetzung, zum Beispiel:
- Bralewitz: Wilhelmsflur,
- Drausnitz: Drausnest,
- Groß Bislaw: Bislau,
- Groß Klonia: Klehnboden,
- Groß Komorze: Waldkammer,
- Kamionka: Heidefließ,
- Klein Bislaw: Bislauheim,
- Lubotschin: Laub, Tucheler Heide,
- Przyrowo: Christinenfelde,
- Stobno: Stöbensee.
[Bearbeiten] Landräte
- 1885–1891: Clemens von Delbrück
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Leszek Belzyt: Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914. Marburg 1998. S.107