Le Canard enchaîné
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Le Canard enchaîné ist die bedeutendste satirische Wochenzeitung Frankreichs. Sie erscheint mittwochs in einer Auflage von über 400.000 Exemplaren. 1915 gegründet, betreibt der 'Canard' seriösen investigativen Journalismus in einem sehr eigenen Stil.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
Die Zeitung wurde am 10. September 1915 von Maurice Maréchal, Jeanne Maréchal und Henri-Paul Deyvaux-Gassier gegründet. Georges Clemenceau benannte seine Zeitung L'Homme libre (der freie Mensch) nach Problemen mit der staatlichen Zensur in L'Homme enchaîné (der angekettete Mensch) um. In Anlehnung daran wurde der Name Le Canard enchaîné, "Die angekettete Ente" gewählt. "Canard" (Ente) ist in der französischen Sprache ein umgangssprachlicher Ausdruck für "Zeitung" und hat nichts mit dem deutschen Begriff „Zeitungsente“ zu tun. Gegen die Zensur bedient sich das Blatt subtiler Paraden, wie etwa dem Dementi, von dem der Leser weiß, daß es das genaue Gegenteil aussagt. Das ist angesichts der pazifistischen Linie des Blattes notwendig, kann jedoch nicht immer verhindern, daß Artikelpassagen zensiert werden und weiß bleiben.
[Bearbeiten] Redaktionelle Linie
« La liberté de la presse ne s'use que quand on ne s'en sert pas »
(Die Pressefreiheit verschleißt nur, wenn man sie nicht nutzt.) ist das Motto des Canard. Antimilitaristisch, eher links und antiklerikal deckt das Blatt zahlreiche politische, juristische und Wirtschafts-Skandale auf. Es verfügt über ein weitverzweigtes Netz von Informanten, die oft direkt am Geschehen beteiligt sind und -beispielsweise aus moralischer Entrüstung- den Canard mit Material versorgen. Auch Journalisten, die eine Geschichte in der eigenen Redaktion nicht unterbringen können, finden hier ein offenes Ohr.
[Bearbeiten] Unabhängigkeit
Der Canard erscheint zweifarbig (rot und schwarz) in Form einer achtseitigen, großformatigen Zeitung. Die dadurch relativ geringen Druckkosten ermöglichen bei einem Preis am Kiosk von 1,20 € (in Frankreich, 2,30 € in Deutschland) auf Werbung zu verzichten. Dennoch ist die Zeitung finanziell erfolgreich: 1982 wurde auf Fotosatz und 1996 auf Ganzseitenumbruch umgestellt. Die Auflagenzahl der Zeitung entwickelt sich entgegen des Trends auf dem französischen Markt positiv. 2005 stieg die Auflage um sechs Prozent auf 420.000. Damit konnte Le Canard enchaîné einen Nettogewinn von 5,9 Millionen Euro erwirtschaften.[1]
Um die redaktionelle Unabhängikeit darüber hinaus sicherzustellen, gibt es einige Regeln für die Journalisten: Sie dürfen kein Börsen-Portefeuille besitzen, nicht als freie Mitarbeiter bei anderen Veröffentlichungen arbeiten und weder Geschenke noch Orden annehmen. Die Bilanz des Unternehmens, das im Besitz der Gründerfamilie und der Redaktion ist, wird jedes Jahr in der letzten August-Ausgabe veröffentlicht.
[Bearbeiten] Affären
Der Canard hat eine ganze Reihe von Skandalen aufgedeckt, hier nur kleine Auswahl:
- Am 3. Dezember 1973 stellten zwei Canard-Mitarbeiter mehrere Beamten des Inlandsgeheimdienstes Direction de la Surveillance du Territoire (DST) die, als Klempner verkleidet, Abhörgeräte auf der Baustelle des neuen Redaktionsgebäude anbrachten. Der daraus entstandene Skandal veranlasste eine Kabinettsumbildung, nach der sich der verantwortlichen Innenminister Raymond Marcellin als Landwirtschaftsminister wiederfand.
- Insgesamt acht Affären Jacques Chiracs während seiner Bürgermeisterzeit in Paris (fiktive Arbeitsplätze im Rathaus, Finanzierung des RPR, HLM de Paris...) gingen nie vor Gericht, da Chirac sich als Staatspräsident auf seine "immunité présidentielle" berief.
- Le Canard enchaîné war maßgeblich daran beteiligt, die Nazi-Vergangenheit des früheren Pariser Polizeichefs Maurice Papon aufzuklären.
- Le Canard enchaîné enthüllte die Affäre um das luxuriöse, aus der Staatskasse bezahlte, Appartement des Finanzministers Hervé Gaymard, der daraufhin 2005 zurücktrat.
- Im Februar 2007 enthüllte der Canard die dubiosen Umstände des Appartmentkaufs von Nicolas Sarkozy.
[Bearbeiten] Weblinks
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Handelsblatt, 20. Sept. 2006, S. 12
ISSN: 0008-5405