Mitteltönige Stimmung
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Unter Mitteltönigen Stimmungen, auch Terzenreine Stimmungen genannt, versteht man eine Reihe von Stimmungen der Renaissance und des Barocks. Ist nichts Weiteres angegeben, ist die 1/4-Komma-mitteltönige Stimmung gemeint.
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[Bearbeiten] Aufbau
Bei den mitteltönigen Stimmungen werden zum Ausgleich des syntonischen Kommas elf Quinten des Quintenzirkels um ein kleines Intervall kleiner als ein Halbton (1/5 Halbton) rein gestimmt, so dass die sich aus vier dieser Quinten ergebenden großen Terzen rein oder annähernd rein sind. Die 12. Quinte des Quintenzirkels ist damit festgelegt. Sie weicht so stark von der reinen Quinte ab, dass sie unbenutzbar ist. Sie wird deswegen Wolfsquinte genannt. Alle großen Terzen, deren Quintenkette die Wolfsquinte enthält, sind ebenfalls so unrein, dass sie nicht benutzt werden können (genaugenommen handelt es sich bei ihnen um verminderte Quarten). Es bleiben daher acht reine oder annähernd reine große Terzen.
Mit anderen Worten: Verkleinert man die 11 Quinten um 1/4 des syntonischen Kommas, so werden die benutzbaren Terzen exakt rein. Die so entstandene Stimmung wird 1/4-Komma-mitteltönige Stimmung genannt.
Häufig verwendete andere Stimmungen sind die 1/6-, 1/5-, 2/7-, und 1/3-Komma-mitteltönige Stimmung, bei denen die 11 Quinten um den entsprechenden Bruchteil des syntonischen Kommas verkleinert werden. Das vermindert den Missklang der Wolfsquinte, vermindert allerdings auch die Reinheit der „guten“ Großterzen.
Spricht man von mitteltöniger Stimmung im engeren Sinne, so ist meistens die 1/4-Komma-mitteltönige Stimmung gemeint. Nur bei ihr sind die benutzbaren großen Terzen exakt rein. Praktisch lässt sich die 1/4-Komma-mitteltönige Stimmung leicht realisieren, da nur vier temperierte Quinten zu stimmen sind und die anderen Töne über reine Terzen eingestimmt werden können.
[Bearbeiten] Geschichte
Mit dem Aufkommen der Renaissance änderte sich die Auffassung der großen Terz. Während sie im Mittelalter als Dissonanz wahrgenommen wurde, bildete sie jetzt eine wichtige Konsonanz.
Erstmals wurde diese Stimmung 1523 beschrieben und wurde erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch wohltemperierte Stimmungen, also solche, mit denen man alle Tonarten spielen konnte, allmählich abgelöst. Diese Stimmungen waren nicht die heute allgemein zu hörende gleichstufige Stimmung sondern solche, bei denen die einzelnen Tonarten mal mehr, mal weniger „scharf“ klangen (Tonartencharakteristik). Auch Bach hat bei der Komposition der beiden Bände des „Wohltemperierten Klaviers“ nicht an die heutige Stimmung gedacht.
Die erhebliche Verstimmung der Wolfsquinte und der vier Großterzen, die bei deren Bildung die Wolfsquinte einschließen, als „verbotene“ Tonarten zu bezeichnen, ist sicherlich richtig. Das heißt aber nicht, dass diese nicht kompositorisch eingesetzt wurden. Nicht selten wurden diese vier Tonarten entweder aus Jux oder zur Vermittlung drastischer Gefühle von den Komponisten verwendet.
In dieser Hinsicht kann man J. S. Bachs „Capriccio über die Abreise des geliebten Bruders“ von 1706 interpretieren: Im 2. Satz - „Ist eine Vorstellung unterschiedlicher Casuum, die ihm in der Fremde könnten vorfallen“ - erscheinen neben der Wolfquinte und den „Wolfs“terzen auch der Tritonus, vielleicht von Bach bewusst als alle möglichen Gefahren (Casuum) in der Fremde eingesetzt. Auch im dritten Satz - „Ist ein Lamento der Freunde“ - werden die „Wolfs“terzen verwendet und können als „Gewimmer“ interpretiert werden. Es ist allerdings keineswegs sicher, dass Bach zu dieser Zeit, nämlich nach seiner Reise zu Dietrich Buxtehude, die mitteltönige Stimmung für Cembalo und Clavichord noch verwendet hat.
Auf einem gleichstufig gestimmten Instrument können diese Effekte nicht vernommen werden. Nur die historische Aufführungspraxis erlaubt uns, diese neuen/alten Einblicke wieder zu vernehmen.
[Bearbeiten] Aufbau
Grundton: C, Beginn des Quintenzirkel bei Es
Das Syntonische Komma beträgt . Dann ergibt sich die mitteltönige Quinte zu: .
Ton-Bezeichnung | Frequenzverh. zum Grundton | Frequenzmultiplikator | Cent |
---|---|---|---|
Es | 1,19627902498 | 310,26 | |
B | 1,788854382 | 1006,84 | |
F | 1,33748060995 | 503,42 | |
C | 1 | 0 | |
G | 1,49534878122 | 696,58 | |
D | 1,11803398875 | 193,16 | |
A | 1,67185076244 | 889,74 | |
E | 1,25 | 386,31 | |
H | 1,86918597653 | 1082,89 | |
Fis | 1,39754248594 | 579,47 | |
Cis | 1,04490672653 | 76,05 | |
Gis | 1,5625 | 772,63 |
Somit erhalten wir folgende Intervalle:
- Acht reine große Terzen: Es-G, B-D, F-A, C-E, G-H, D-Fis, A-Cis, E-Gis
- Elf mitteltönige Quinten: Es-B, B-F, F-C, C-G, G-D, D-A, A-E, E-H, H-Fis, Fis-Cis, Cis-Gis
- Eine zu große Wolfsquinte: Gis-Es mit dem Frequenzverhältnis
- Vier zu große Terzen (verminderte Quarten): H-Es, Fis-B, Cis-F, Gis-C
Bei der mitteltönigen Stimmung stehen nicht alle erhöhten bzw. erniedrigten Töne zur Verfügung. Im obigen Beispiel nur Es, B, Fis, Cis und Gis, nicht aber deren enharmonische Wechseltöne Dis, Ais, Ges, Des und As. Dasselbe gilt auch für die enharmonischen Wechseltöne der übrigen Töne; zum Beispiel stehen auch Fes und Eis nicht zur Verfügung.
In dieser Einschränkung kommt zum Ausdruck, dass drei übereinandergelegte reine große Terzen nicht exakt eine Oktave geben. Der höchste Ton einer solchen Terzenkette ist um eine kleine Diësis tiefer als die reine Oktave des Ausgangstones. Auch bei den Varianten der mitteltönigen Stimmung, bei der die benutzbaren großen Terzen nur annähernd rein sind bleibt ein Unterschied zwischen den enharmonischen Wechseltönen bestehen.
Man kann daher nur in Tonarten annehmbar spielen, in denen die fehlenden Töne nicht benötigt werden.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Zu den historischen Angaben
- ZynAddSubFX ist ein mikrotonaler Open-Source-Software-Synthesizer, mit dessen Hilfe die mitteltönige Stimmung realisiert und ausprobiert werden kann Windows-Version
Stimmungen |
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