Nachwahl
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Eine Nachwahl bezeichnet eine Wahl in einem Teilgebiet (typischerweise: einem Wahlkreis) zu einem späteren Zeitpunkt oder mit anderem Zeitplan als die Hauptwahl.
Eine Nachwahl kann aus verschiedenen Gründen notwendig werden. Der häufigste Fall besteht darin, dass während der Legislaturperiode ein Abgeordneter stirbt, zurücktritt oder aus anderen Gründen sein Mandat nicht mehr wahrnehmen kann. Diese Wahl heißt im deutschen Wahlrecht seit 1953 nicht mehr Nachwahl, sondern Ersatzwahl, und findet nur dann statt, wenn der Abgeordnete keiner Partei angehörte, die auch mit einer Liste an der Wahl teilgenommen hatte. Andernfalls wird der Sitz mit einem Nachrücker der Liste besetzt, ist diese erschöpft, wird der Sitz nicht neu besetzt. Andere Regelungen sind natürlich auch möglich, in Tasmanien etwa werden die Stimmen der letzten Wahl neu ausgezählt, wobei die auf den ausgeschiedenen Abgeordneten entfallenen Stimmen nicht berücksichtigt werden.
In den meisten Ländern mit Mehrheitswahlrecht werden freigewordene Sitze jedoch durch Nachwahl wieder besetzt. Solche Wahlen gelten oft als unwichtig, da sie meist keine Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse bringen. Überörtliche Bedeutung wird ihnen von denen beigemessen, die sie als Testwahl zwischen den normalen Wahlen sehen. Bei knappen Mehrheitsverhältnissen oder wenn mehrere freie Sitze gleichzeitig neu zu besetzen sind, kann aber auch eine Nachwahl entscheidend sein. So fanden in Kanada 1978 15 Nachwahlen an einem einzigen Tag statt, eine "Mini-Wahl", die ein großes Medienecho fand.
Nachwahlen werden nur dann abgehalten, wenn die nächste allgemeine Wahl nicht allzu bald zu erwarten ist. Diese Frist beträgt in vielen Staaten, so auch in Deutschland, sechs Monate. Ist die nächste allgemeine Wahl früher angesetzt, so bleibt der Sitz solange frei.
Sitze, die per Nachwahl besetzt wurden, haben meist eine verkürzte Legislaturperiode, damit die nächste Wahl wieder mit den allgemeinen Wahlen zusammenfällt. Das gilt nicht für nachgewählte Bürgermeister oder Landräte in Bayern: Sie werden für die volle Amtszeit gewählt, wodurch in den betroffenen Gemeinden alle folgenden Wahlen später als die allgemeinen Kommunalwahlen stattfinden. Manche sehen darin ein Problem, doch das Wahlgesetz wurde bisher nicht geändert.
[Bearbeiten] Nachwahlen zum Deutschen Bundestag
Nach § 43 Bundeswahlgesetz findet in zwei Fällen eine Nachwahl statt:
- Wenn in einem Wahlkreis oder Wahlbezirk die Wahl nicht durchgeführt worden ist,
- Wenn ein Wahlkreisbewerber, also ein Direktkandidat, nach der Zulassung des Wahlvorschlags, aber vor Durchführung der Wahl stirbt.
Im ersten Fall hat die Wahl spätestens drei Wochen, im zweiten Fall spätestens sechs Wochen nach der Hauptwahl stattzufinden. Damit unterscheidet sich die Regelung für Bundestagswahlen z.B. von der in Bayern, dort bleibt auch ein toter Direktkandidat wählbar, wird er gewählt, rückt der nächste auf der Liste für ihn nach.
Eine solche Nachwahl kann sogar am gleichen Tag stattfinden wie die normale Wahl, wenn nämlich zwischen dem Tod des Kandidaten und dem Wahltag genügend Zeit für den ordnungsgemäßen Ablauf bleibt.
Bei bisher fünf Bundestagswahlen kam es zu solchen Nachwahlen:
Hauptwahl | Nachwahl | Wahlbezirk | Grund |
---|---|---|---|
17. September 1961 | 1. Oktober 1961 | 151 Cochem | Tod des Kandidaten Fritz Klein (SPD) |
19. September 1965 | 3. Oktober 1965 | 135 Obertaunuskreis | Tod des Kandidaten Erich Henz von der Aktionsgemeinschaft unabhängiger Deutscher, AUD |
19. September 1965 | 3. Oktober 1965 | 236 Schweinfurt | Tod des Kandidaten Ernst Meier der Deutschen Friedensunion |
25. Januar 1987 | 1. Februar 1987 | 141 Groß-Gerau | Zerstörung der Wahlurne am Wahltag um 17:45 von acht schwarz gekleideten Unbekannten mit Hilfe eines Molotowcocktails |
22. September 2002 | 22. September 2002 | 295 Sigmaringen | Tod des Kandidaten Dietmar Schlee (CDU) |
22. September 2002 | 22. September 2002 | 230 Passau | Tod des Kandidaten Maic-Roland Muth (PDS) |
18. September 2005 | 2. Oktober 2005 | 160 Dresden 1 | Tod der Kandidatin Kerstin Lorenz (NPD) |
Im ersten Deutschen Bundestag gab es nach Paragraf 15 des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag vierzehn Nachwahlen für während der Legislaturperiode ausgeschiedene Abgeordnete. Das Wahlgesetz wurde im Januar 1953 geändert und durch die nun übliche Nachrückregelung ersetzt.