Neoliberaler Institutionalismus
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Der Neoliberale Institutionalismus entwickelte sich in den 1970er und 80er Jahren als neuer Erklärungsansatz für Kooperationsmuster in den internationalen Beziehungen. Wichtigster Begründer und Vertreter ist Robert O. Keohane.
Der Neoinstitutionalismus basiert auf vier Grundannahmen:
- Erstens : Als Akteure in der internationalen Politik sind sowohl die Staaten als auch die gesellschaftlichen Gruppen innerhalb der Staaten von Bedeutung. Zwar beeinflusst die innere Verfasstheit und die Interessenkonstellation innerhalb eines Staates dessen Außenpolitik, gleichzeitig kann das Verhalten der Staaten im internationalen Raum aber nicht ausschließlich auf den Einfluss gesellschaftlicher Gruppen reduziert werden.
- Zweitens: Die verschiedenen Theorien des Neoinstitutionalismus beruhen auf den Annahmen der Rational Choice Theory, die davon ausgeht, dass die Akteure verschiedene Handlungsoptionen im Lichte ihrer Interessen rational bewerten, um schließlich die Handlung auszuwählen, die ihren Interessen am meisten entspricht.
- Drittens: Die Anarchie im internationalen System wird in zunehmendem Ausmaß von den Interdependenzen zwischen den einzelnen Staaten und Gesellschaften eingehegt.
- Viertens: Die transnationalen Interdependenzen bewirken ein gesteigertes Kooperationsinteresse der Akteure, was zur Bildung internationaler Institutionen führt. Die Institutionen entwickeln eine Eigendynamik, durch die sie das Verhalten der Staaten teilweise sogar über ihren Regelungsgehalt hinaus beeinflussen.
Die zentrale Hypothese des Neoinstitutionalismus ist daher, dass die internationale Politik geprägt wird durch die Regeln und Normen, die in internationalen Institutionen verankert sind. Demzufolge befasst sich der Neoinstitutionalismus insbesondere mit den Fragen, unter welchen Umständen internationale Institutionen zustandekommen, wie sie auf die internationale und die Innenpolitik der beteiligten Staaten wirken und wie sie konstruiert sein müssen, um Wirksamkeit zu entfalten.
Diese Fragen werden mit Hilfe verschiedener Theorieansätze bearbeitet, die mit ihrer Erklärung auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen: Die Konfliktgegenstandstheorie leitet die Wahrscheinlichkeit der Institutionenbildung vom Typ des jeweiligen Konfliktgegenstandes ab. Je nachdem, wie der Konfliktgegenstand von den Konfliktparteien bewertet wird, kommt demnach eine durch die Bildung internationaler Institutionen regulierte Konfliktbearbeitung leichter oder schwieriger zustande. Bei Wertekonflikten ist eine kooperative Konfliktbearbeitung sehr unwahrscheinlich, bei Mittelkonflikten - also Konflikten um das adäquate Mittel zur Erreichung eines gemeinsam angestrebten Ziels - hingegen ist eine institutionell gestütze kooperative Konfliktbearbeitung sehr wahrscheinlich. Bei Interessenkonflikten wird zwischen solchen über absolut bewertete Güter (die Konfliktparteien wollen dasselbe Gut, von dem es aber nicht genug für alle gibt) und solchen über relativ bewertete Güter (es kommt den Konfliktgegnern in erster Linie darauf an, von einem Gut mehr zu besitzen als die anderen) unterschieden. Nach der Konfliktgegenstandstheorie sind erstere einer kooperativen Konfliktbearbeitung leichter zugänglich. Die Theorie der Interessenkonstellationen unterscheidet zwischen verschiedenen Interessenkoalitionen, bei denen die Wahrscheinlichkeit der institutionellen Konfliktbearbeitung von der jeweiligen Situation der beteiligten Akteure abhängig gemacht wird. Dabei wird die Unterscheidung der Interessenkonstellationen entweder lediglich auf der zwischenstaatlichen Ebene vorgenommen ( situationsstruktureller Ansatz) oder auch die Ineressenkonstellationen auf gesellschaftlicher Ebene in die Betrachtung einbezogen (Zwei-Ebenen-Ansatz). Mit Hilfe der Spieltheorie können interdependente Entscheidungssituationen formalisiert dargestellt werden (Vier-Felder-Schema), so dass deutlich wird, wie die Interessenverwirklichung jedes einzelnen Akteurs davon abhängt, wie die anderen Akteure versuchen, ihre Interessen zu verwirklichen.
Die Theorie über die Institutionenwirkung befasst sich nicht mit der Bildung, sondern mit der Wirkung von internationalen Institutionen. Sie geht davon aus, dass die Wirksamkeit oder Wirkungslosigkeit unterschiedlicher Institutionen sich aus dem Design der jeweiligen Institution heraus erklärt. Zentral ist dabei die Frage, ob das Design der Institution der jeweiligen Interessenkonstellation angemessen ist. Je nach Interessenkonstellation gelten also unterschiedliche Institutionendesigns als erfolgreich.
[Bearbeiten] Zum Begriff “Internationale Institution”
Als Institutionen werden an Normen und Regeln orientierte Verhaltensmuster bezeichnet, die zu einer Angleichung wechselseitiger Verhaltenserwartungen der Akteure führen. In der internationalen Politik werden vier Typen von internationalen Institutionen unterschieden:
- Erstens: Internationale Organisationen haben Akteursqualität, d.h. in ihnen sind Normen und Regeln verankert, die die Institutionen zum Handeln befähigen.
- Zweitens: Internationale Regime enthalten inhaltliche und prozeduale Normen und Regeln, die das Verhalten der Akteure in einem bestimmten Problemfeld regulieren.
- Drittens: Internationale Netzwerke enthalten lediglich prozeduale (keine inhaltlichen) Normen und Regeln für ein begrenztes Problemfeld.
- Viertens: Internationale Ordnungsprinzipien beinhalten die grundlegenden Normen und Regeln, nach denen internationale Politik erfolgt. Die Normen und Regeln beziehen sich dabei nicht auf ein bestimmtes Politikfeld, sondern auf die internationalen Beziehungen im allgemeinen.
[Bearbeiten] Literatur
- Keohane, Robert O. (1984)(Hrsg.): After Hegemony. Cooperation and Discord in the World Political Economy, Princeton NJ
- Keohane, Robert O. (1989) (Hrsg.): International Institutions and State Power. Essays in International Relations Theory, San Francisco/ London, S. 1 – 20
- Zürn, Michael (1992): Interessen und Institutionen in der internationalen Politik. Grundlegung und Anwendung des situationsstrukturellen Ansatzes, Opladen
- Zangl, Bernhard (1999): Interessen auf zwei Ebenen – Internationale Regime in der Agrarhandels-, Währungs- und Walfangpolitik, Baden-Baden
- Zürn, Michael (1998): Regieren jenseits des Nationalstaates, Frankfurt/M., S. 166 – 246