Norton-Couloir
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Das Norton-Couloir ist eine Steilschlucht hoch oben an der Nordseite des Mount Everest in Tibet, die östlich die Gipfelpyramide abgrenzt und bis ca. 150 m unter den Gipfel reicht.
Das westlich des Gipfels gelegene Pendant ist das Hornbein-Couloir.
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[Bearbeiten] Namensgebung
Ihren Namen erhielt die Steilschlucht durch den leitenden Teilnehmer der englischen Expedition von 1924, Edward F. Norton, der in diesem Steiltal bei einem erfolglosen Gipfel-Versuch am 4. Juni 1924 bis auf eine Höhe von ca. 8570 Meter kam, indem er den windgefährdeten Grat mied und durch Traversieren in die Nordwand ging bis in die Schlucht, die seither seinen Namen trägt.
[Bearbeiten] Mallory und Irvine, die Expedition 1924
Dem fehlgeschlagenen Versuch von Edward Norton folgte einige Tage später ein weiterer Versuch einer anderen Seilschaft, George Mallory und Andrew Irvine, über den Nordgrat östlich der Schlucht, die ebenso ein Misserfolg war: Die beiden kehrten niemals zurück, sie blieben hoch am Berg verschollen. Es ist hingegen bis heute unbekannt, ob einer der Teilnehmer vor seinem Tod am Gipfel war; ein Stoff für Legenden. Bis heute ist dies das größte Rätsel des Alpinismus: war ein Mensch bereits 1924 (vor der erfolgreichen Besteigung durch Edmund Hillary und Tenzing Norgay im Jahr 1953) auf dem Gipfel des Mount Everest, am höchsten Festpunkt der Erde?
Die Norton-Schlucht war in jedem Fall Teil des Rückwegs von George Mallory: An ihrem unteren Ausgang in ca. 8200 Metern Höhe fand man in 1999 seine Leiche, mit einem Beinbruch und ansonsten nur geringen Verletzungen, die klar besagen, dass der Sturz, der den Beinbruch verursachte, aus der direkten Umgebung der unteren Schlucht rührte. Unklar ist jedoch, ob Mallory zuvor auf dem Gipfel stand. Man fand weder entsprechende Aufzeichnungen noch eine Kamera bei ihm. Man weiß nicht, wie hoch er vor dem Unfall gestiegen war.
Eine plausible Annahme ist, dass er über den Grat und mit Hilfe seines dort verbleibenden Partners Irvine über den Second Step gelangte, der auf dieser Route das letzte ernstliche Hindernis vor dem Gipfel ist. Und er hatte genügend Zeit, um bis zum Gipfel zu steigen, wenn man annimmt, dass er einen Rückweg am Abend riskierte.
Mallory schlug nachweislich einen anderen Rückweg ein; vom Gipfel aus hätte er bei Tageslicht sinnvollerweise nicht mehr über den Grat zum Second Step zurücksteigen können. Bei Dunkelheit ist der Second Step nicht passierbar; Mallory hatte auch keine Lampe bei sich. Er musste sich bei einbrechender Nacht für einen anderen Rückweg entscheiden, eben das Norton-Couloir, über das er und Edward Norton zuvor als Alternativ-Weg gesprochen hatten, und an dessen unterem Ende man 75 Jahre später seine Leiche fand. Die Frage ist, zu welchem Zeitpunkt und aus welcher Ausgangshöhe Mallory ins Norton-Couloir ging.
Vom Gipfel ist es nicht weit bis zum Einstieg der Schlucht oben am Fuße der Gipfelpyramide. War er also erst am Gipfel? Oder wendete er sich zuvor, ohne den Gipfel betreten zu haben, westlich in die Schlucht?
[Bearbeiten] Everest Solo, Reinhold Messner
Das Norton-Couloir war auch der Weg eines der größten alpinistischen Erfolge, als im Jahr 1980 Reinhold Messner unter Meidung des für einen Solokletterer zu gefährlichen Grates in diesem Steiltal zum Gipfel aufstieg, im Alleingang und ohne Verwendung künstlichen Sauerstoffs. Der fast gelungene Anstieg von Edward F. Norton im Jahr 1924 hatte Messner zu diesem Versuch inspiriert: auch Norton hatte keinen Sauerstoff verwendet.
[Bearbeiten] Literatur
- Tom Holzel, Audrey Salkeld: In der Todeszone - Das Geheimnis um George Mallory; Goldmann, München 1999, ISBN 3-442-15076-0
- Conrad Anker, David Roberts: Verschollen am Mount Everest - Dem Geheimnis von George Mallory auf der Spur; Heyne, München 1999, ISBN 3-453-17711-8
- Reinhold Messner: Mallorys Zweiter Tod; BLV, München 1999 - ISBN 3-4051-5840-0
- Reinhold Messner: Everest Solo; Fischer, Frankfurt 2001 - ISBN 3-596-15092-2
