Paulus Diaconus
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Paulus Diaconus oder Paul Warnefried (* 725/730 in Friaul; † 797/799 in Monte Cassino) war ein langobardischer Geschichtsschreiber und Mönch.
[Bearbeiten] Leben
Als Sohn der Theodolinda und des Warnefrieds stammte er aus einer adligen Familie und genoss am Hof des langobardischen Königs Ratchis zu Pavia eine ausgezeichnete Ausbildung. Vermutlich hielt er sich auch unter dessen Nachfolgern Aistulf und Desiderius am königlichen Hof, dann am Hof des Arichis, des Gemahls der langobardischen Königstochter Adelperga, welche er unterrichtet hatte, auf. Für diese schrieb er seine Historia Romana, die bis auf Justinian geht, eine Kompilation aus verschiedenen älteren Geschichtswerken.
Hierauf trat er als Mönch in das Kloster Monte Cassino ein. 781 begab er sich auf den Wunsch Karls des Großen an dessen Hof, wo er sich durch seine Bemühungen um Hebung wissenschaftlicher Studien im Frankenreich große Verdienste erwarb. Er lehrte unter anderem das Griechische, gab eine Homiliensammlung (Omillarius, von 1482 bis 1569 oft gedruckt und auch ins Deutsche übersetzt) heraus und schrieb die Gesta episcoporum Mettensium. 787 nach Monte Cassino zurückgekehrt, verarbeitete er sein früher begonnenes Geschichtswerk zu einer Geschichte seines Volkes mit Berücksichtigung der griechischen und fränkischen Geschichte unter dem Titel Historia Langobardorum.
Dieses unvollendete sechsbändige Geschichtsbuch behandelt die Geschichte der Langobarden von 568, als der Stammesverband im Rahmen des letzten Zuges der Völkerwanderung in Italien einfiel, bis zum Tod König Luitprands im Jahr 747. Die Darstellung der Ereignisse erfolgt aus langobardischer Sicht und gibt uns interessante Einblicke in das Verhältnis zwischen Franken und Langobarden. Auch wenn seine Darstellung durchaus subjektiv ist und nicht selten pathetisch wirkt, zeichnet sich das Werk für die Zeit seiner Entstehung durch eine durchaus kritische Quellenprüfung aus – dabei kommt etwa die Sage Origo Gentis Langobardorum schlecht weg. Paulus, der in vielen Punkten auch noch spätantiken Traditionen verbunden ist, stützt sich dabei auf die im 7. Jahrhundert nach mündlichen Überlieferungen niedergeschriebene Origo gentis Langobardorum, ferner auf den Liber pontificalis, auf die verschollene Geschichte des Secundus von Trient sowie die verschollenen Annalen von Benevento. Außerdem griff er auf Beda Venerabilis, Gregor von Tours und Isidor von Sevilla zurück. Durch den Erhalt des Sagenschatzes und der mündlichen Überlieferung der Langobarden ist die Historia Langobardorum auch heute noch eine der wichtigsten Quellen zum Verständnis dieses Volkes. Dass sie auch zu ihrer Zeit hohes Ansehen genoss, zeigt sich nicht zuletzt an den über hundert erhaltenen Abschriften. Das Werk wurde bis ins 15. Jahrhundert hinein von späteren Geschichtsschreibern vielfach benutzt. Außerdem gibt es von Paulus noch eine Anzahl Gedichte, Grabschriften und Briefe und einige praktisch-theologische Schriften, darunter eine Erläuterung der Benediktinerregel.
[Bearbeiten] Literatur
- Walter Pohl: Paulus Diaconus und die „Historia Langobardorum“: Text und Tradition. In: Historiographie im frühen Mittelalter. Hrsg. von Anton Scharer/Georg Scheibelreiter. Wien 1994, S. 375–405.
- Georg Waitz: MGH Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum saec. VI–IX. Hannover 1878, hier online.
[Bearbeiten] Weblinks
Wikisource: Paulus Diaconus – Quellentexte (lat.) |
- Dahn, Felix: Paulus Diakonus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Bd. 25, S. 245–248.
- Literatur von und über Paulus Diaconus im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag (mit Literaturangaben) im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon (BBKL)
- Geschichte der Langobarden in englischer Übersetzung
Personendaten | |
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NAME | Paulus Diaconus |
KURZBESCHREIBUNG | langobardischer Mönch und Geschichtsschreiber |
GEBURTSDATUM | ca. 725/730 |
GEBURTSORT | Friaul, Italien |
STERBEDATUM | ca. 797/799 |
STERBEORT | Monte Cassino, Italien |