Primitive Lebensform
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als primitiv werden in der Biologie Lebensformen bezeichnet, die sich - aus dem Blickwinkel eines komplexer gewordenen Zustands (!) betrachtet - von der Ursprungsform nur geringfügig wegentwickelt haben. Häufig werden diese Merkmale daher auch als ursprünglich bezeichnet.
Die Bezeichnung ist nicht wertend zu verstehen. Merkmale, die eine Lebensform noch mit ihren frühen Vorfahren teilt, werden oft als primitive Merkmale bezeichnet. Bei den ersten Landwirbeltieren (Tetrapoden, von griech.: "Vierfüßer") lassen sich als ein solches Primitivmerkmal noch mehr als 5 Zehen ausmachen. Auch bei den fleischfressenden Dinosauriern (Theropoden) der mittleren und späten Trias kann die Bezeichnung "primitiv" etwa für eine Hand mit vier Fingern gelten (spätere "höhere" Formen hatten drei, nicht selten aber auch zwei Finger, wie der bekannte Tyrannosaurus).
Flossen bei Walen und Delphinen hingegen sind Primitivmerkmale, ebenso wie das Fehlen von Gliedmaßen bei Schlangen oder Augen und Pigment bei Grottenolmen. Sie haben sich sekundär entwickelt. In diese Kategorie dürfte auch das fremdartige Aussehen des Neandertalers fallen, wie seine Überaugenwülste, seine relativ großen Zähne und sein gedrungener Körperbau. Sie stellen vermutlich Anpassungen an die harten Lebensbedingungen im eiszeitlichen Europa dar, sind also nicht als "primitiv" zu werten.
Beim heutigen erwachsenen Menschen kann die Zahnformel aus 4x8 Zähnen als "primitives" Merkmal angesehen werden, da die langfristige stammesgeschichtliche Entwicklung auf eine Tendenz zur Verkürzung der Kiefer hinweist und es bereits viele Menschen gibt, bei denen die Anlagen zu einzelnen oder gar allen "Weisheitszähnen" fehlen.