Ragnachar
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Ragnachar war ein fränkischer Kleinkönig (regulus) Ende des 5. Jahrhunderts n. Chr. aus dem Geschlecht der Merowinger. Er war auch ein Verwandter Chlodwigs I.
[Bearbeiten] Leben
Das Geschichtswerk Gregors von Tours (Decem Libri Historiarum, 2. Buch), auf dem alle späteren Berichte basieren, ist die wichtigste Quelle zu Ragnachar.
Ragnachar herrschte in Cambrai, seinen Machtbereich hatte er sich wohl im Zusammenhang mit dem Untergang der spätrömischen Verwaltung in Gallien errichtet. Er war einer der zahlreichen fränkischen Kleinkönige in diesem Raum, ähnlich wie auch Chlodwig, der vielleicht einen gewissen Ehrenvorrang genoss, da sein Vater Childerich I. das römische Militärkommando in der Belgica Secunda bekleidet hatte.[1]
486 unterstützte Ragnachar Chlodwig bei dessen Militäroperation gegen den Gallo-Römer Syagrius. Syagrius war der Sohn des römischen magister militum Aegidius und herrschte in Soissons, einer der letzten römischen Enklaven im längst untergegangen Westreich. Ragnachar leistete Chlodwig wohl auch deshalb Unterstützung, weil Syagrius’ Machtbereich an Ragnachars angrenzte. Gemeinsam besiegten sie Syagrius’ Heer; dieser konnte zu den Westgoten flüchten, wurde aber bald darauf an Chlodwig ausgeliefert, der ihn auch hinrichten ließ.
Mit dem Untergang des „Reichs von Soissons“ hatte sich jedoch auch das Machtgleichgewicht zwischen den fränkischen Kleinkönigen empfindlich zu Gunsten von Chlodwig verschoben. Dieser ging schließlich auch gegen Ragnachar vor, doch ist die Chronologie der Ereignisse unsicher. Wahrscheinlich begann Chlodwig seine Operationen aber erst gegen Ende seiner Regierungszeit, als er die Alamannen und Westgoten bereits besiegt hatte, sicher aber nicht früher als in den 90er Jahren des 5. Jahrhunderts.
Chlodwig schaltete die Frankenkönige Sigibert von Köln sowie Chararich aus und wandte sich dann gegen Ragnachar; in welcher Reihenfolge die Ereignisse stattfanden, ist aber nicht klar zu erkennen. Nach dem Bericht Gregors, führte Ragnachar ein ausschweifendes Leben und wurde deshalb von den Franken in seiner Umgebung verachtet. Chlodwig gelang es, mehrere von Ragnachars Gefolgsleuten zu bestechen, so dass sie Chlodwig um Hilfe anriefen. Ragnachar wurde dann, nachdem er die Schlacht gegen Chlodwigs Truppen verloren hatte, von seinen eigenen Leuten gefangengenommen und Chlodwig übergeben, der Ragnachar sowie seine beiden Brüder, Richar und Rignomer (der sich in Le Mans aufhielt), töten ließ.[2]
Damit hatte Chlodwig alle etwaigen Konkurrenten ausgeschaltet und den Weg zur Vereinigung der Franken in einem Reich freigemacht.
[Bearbeiten] Literatur
- Walter Kettemann: Ragnachar. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Bd. 24, S. 98–102 (mit Literatur).
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ Kettemann, Ragnachar, RGA 24, S. 99. Vgl. allgemein zur Situation in Gallien auch Ian N. Wood, The Merovingian Kingdoms, Harlow 1994, S. 5ff. (Kap. The Barbarians in Gaul).
- ↑ Gregor von Tours, Decem Libri Historiarum 2,42.
Personendaten | |
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NAME | Ragnachar |
KURZBESCHREIBUNG | fränkischer Kleinkönig (regulus) Ende des 5. Jahrhunderts n. Chr. |