Rechtsmittelverzicht
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Als Rechtsmittelverzicht wird die Erklärung eines Prozessbeteiligten bezeichnet, auf die Einlegung von Rechtsmitteln oder Rechtsbehelfen gegen eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung zu verzichten. Erklären alle Beteiligten Rechtsmittelverzicht, erwächst das in Rede stehende Urteil sofort in Rechtskraft, beziehungsweise wird der ergangene Verwaltungsakt bestandskräftig.
Im gerichtlichen Verfahren ist die Rechtsmittelverzichtserklärung eine Prozesshandlung und als solche grundsätzlich dem Widerruf oder der Anfechtung entzogen. In einem Verfahren, in dem sich die Beteiligten nur durch Anwälte vertreten lassen können (Anwaltsprozess), kann auch die Erklärung, auf Rechtsmittel zu verzichten, nur durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abgegeben werden.
Ein trotz erklärten Rechtsmittelverzichts eingelegtes Rechtsmittel ist unzulässig und muss somit verworfen werden.
Die Zulässigkeit des Rechtsmittelverzichts ist in den einzelnen Verfahrensordnungen unterschiedlich geregelt. Dabei ist der Rechtsmittelverzicht regelmäßig als zulässig zu betrachten, in den meisten Verfahrensarten auch schon vor Ergehen des Urteils. Im Strafprozess hingegen kann eine Partei erst nach Verkündung des Urteils eine Rechtsmittelverzichtserklärung abgeben.
Im Strafprozess wird außerdem darüber diskutiert, ob ein Rechtsmittelverzicht gegen ein im Rahmen einer verfahrensbeendeten Absprache zustande gekommenes Urteil erklärt werden kann. Der Bundesgerichtshof hat generell erklärt, dass die Erklärung des Rechtsmittelverzichts nicht zum Gegenstand einer derartigen Absprache gemacht werden darf. Die Frage, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn trotzdem ein Rechtsmittelverzicht vereinbart und erklärt worden ist, wurde von den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs zunächst unterschiedlich beantwortet: Während vor allem der 1. und der 2. Strafsenat davon ausgingen, dass der Rechtsmittelverzicht ungeachtet dessen, dass seine Erklärung nicht hätte vereinbart werden dürfen, wirksam bleibt, wollte der 3. Strafsenat nicht nur von der Unzulässigkeit einer solchen Erklärung, sondern auch von dessen Unwirksamkeit ausgehen.
Der deswegen vom 3. Strafsenat angerufene Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 3. März 2005, Aktenzeichen 1 GSSt 1/04, eine vermittelnde Lösung gefunden: Beruht ein Urteil auf einer Absprache, so muss der Angeklagten nicht nur im Rahmen der ohnehin vorgeschriebenen Rechtsmittelbelehrung über die Möglichkeiten, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen, belehrt werden, sondern darüber hinaus auch darauf, dass die getroffene Absprache dieser Möglichkeit nicht entgegensteht. Diese qualifizierte Rechtsmittelbelehrung ist als eine wesentliche Förmlichkeit der Hauptverhandlung zu protokollieren. Unterbleibt diese weitere Belehrung, so ist ein Rechtsmittelverzicht unwirksam, das Urteil bleibt also nach Maßgabe der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen durch Rechtsmittel angreifbar.
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