Reichstagswahl
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Bei der Reichstagswahl bestimmte das deutsche Volk von 1867 bis 1933 die Mitglieder des höchsten deutschen Parlaments, des Reichstags, in allgemeiner, gleicher und geheimer Wahl.
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[Bearbeiten] Norddeutscher Bund und Deutsches Kaiserreich
Zwischen 1867 und 1912 war das Wahlrecht allein der männlichen Bevölkerung des Norddeutschen Bundes bzw. des Deutschen Kaiserreiches ab einem Mindestalter von 25 Jahren vorbehalten. Ebenfalls nicht wählen durften Militärpersonen, Leute mit eingeschränkter Dispositionsfähigkeit (Behinderte), Leute, die im Jahr vor der Wahl Armenunterstützung erhalten hatten, und schließlich solche, denen die Ehrenrechte aberkannt waren. Durch diese Regelung waren kaum mehr als 20% der Bevölkerung wahlberechtigt. Immerhin gab es aber kein Dreiklassenwahlrecht wie im Land Preußen.
Die Mitglieder des Reichstags wurden nach dem absoluten Mehrheitswahlrecht über die einzelnen Wahlkreise gewählt. Die Wahlkreise wurde 1871 ungefähr so festgelegt, dass sie einen gleichen Bevölkerungsanteil umfassten. Da aber bis 1912 keine große Neueinteilung der Wahlkreise stattfand, waren städtische Gebiete, in denen es zwischenzeitlich einen großen Bevölkerungszuwachs gegeben hatte, deutlich unterrepräsentiert. Diese Verzerrung schadete vor allem der SPD und nutzte den Konservativen, die eine große Zahl an Wahlkreisen in Ostelbien sicher hatten.
Bis 1906 wurde den Abgeordneten keine Abgeordnetenentschädigung (Diäten) gezahlt. Die finanzielle Belastung durch die Ausübung des Mandats war für Abgeordnete aus dem Kleinbürgertum oder gar der Arbeiterschaft nicht tragbar, die folglich von parlamentarischer Arbeit abgehalten wurden. Dies wurde auch von konservativer Seite tatsächlich damit begründet und als Ersatz für das Dreiklassenwahlrecht angesehen. Erst 1906 konnten SPD und Linksliberale Diäten durchsetzen.
[Bearbeiten] Weimarer Republik
In der Weimarer Republik wurde der Reichstag nach einem Verhältniswahlrecht gewählt, wobei auf je 60.000 Stimmen ein Abgeordneter kam. Erstmals nahm auch die weibliche Bevölkerung an den Wahlen teil. Das Wahlalter wurde auf 20 Jahre herabgesetzt.
Das Weimarer Wahlrecht kannte (im Gegensatz zur bundesdeutschen 5%-Klausel) keine so genannte Sperrklausel; um mindestens ein Mandat zu erringen, musste von einer Partei mindestens ein Sitz in einem Wahlkreis und 60.000 Stimmen im dazugehörigen Wahlkreisverband erreicht werden. Durch eine Reststimmenauswertung konnte es Differenzen zwischen dem Stimmen- und dem Mandatsanteil geben, daher ist es kein ganz reines Verhältniswahl gewesen.
Eine zähe Legende behauptet, durch das Weimarer Wahlrecht habe sich die Parteienlandschaft zersplittert. Tatsächlich gab es auch im Reichstag des Kaiserreiches rund 15 Parteien, und in der Weimarer Zeit waren es tendenziell sogar weniger.
Einen Regierungskompromiss zu finden erwies sich speziell gegen Ende der 1920er Jahre als nahezu unmöglich. Ab 1930 stützte sich keine Regierung mehr auf eine Mehrheit des Reichstags, wodurch dieser in seinem Stellenwert einbüßte.
[Bearbeiten] Ergebnisse der Reichstagswahlen 1919-33
Stimmenanteil in Prozent; Zahl der Abgeordneten in Klammern
Datum | KPD** | SPD | Zentrum | BVP | DDP | DVP | DNVP | NSDAP | Sonstige |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
19. Januar 1919* | 7,6** (22) |
37,9 (165) |
19,7 (91) |
-- | 18,6 (75) |
4,4 (19) |
10,3 (44) |
-- | 1,5 (7) |
6. Juni 1920 | 20,0** (88) |
21,6 (102) |
13,6 (64) |
4,2 (21) |
8,4 (39) |
14,0 (65) |
15,1 (71) |
-- | 3,1 (9) |
4. Mai 1924 | 12,6 (62) |
20,5 (100) |
13,4 (65) |
3,2 (16) |
5,7 (28) |
9,2 (45) |
19,5 (95) |
6,6 (32) |
9,3 (29) |
7. Dezember 1924 | 9,0 (45) |
26,0 (131) |
13,7 (69) |
3,7 (19) |
6,3 (32) |
10,1 (51) |
20,5 (103) |
3,0 (14) |
7,8 (29) |
20. Mai 1928 | 10,6 (54) |
29,8 (153) |
12,1 (62) |
3,1 (16) |
4,9 (25) |
8,7 (45) |
14,2 (73) |
2,6 (12) |
14,0 (51) |
14. September 1930 | 13,1 (77) |
24,5 (143) |
11,8 (68) |
3,0 (19) |
3,8 (20) |
4,5 (30) |
7,0 (41) |
18,3 (107) |
14,0 (72) |
31. Juli 1932 | 14,6 (89) |
21,6 (133) |
12,5 (75) |
3,2 (22) |
1,0 (4) |
1,2 (7) |
5,9 (37) |
37,4 (230) |
2,6 (11) |
6. November 1932 | 16,9 (100) |
20,4 (121) |
11,9 (70) |
3,1 (20) |
1,0 (2) |
1,9 (11) |
8,8 (52) |
33,1 (196) |
2,9 (12) |
5. März 1933*** | 12,3 (81) |
18,3 (120) |
11,3 (73) |
2,7 (19) |
0,9 (5) |
1,1 (2) |
8,0 (52) |
43,9 (288) |
Anmerkungen:
* 1919 Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung.
** Die KPD trat erstmals 1920 an; unter 1919 ist das Wahlergebnis der USPD angegeben; 1920 zogen beide Parteien in den Reichstag ein: KPD 2,0 % (4), USPD 18,0 % (84).
*** Letzte Wahl mit mehr als einer Partei: Kurz nach dem Betätigungsverbot für die SPD als „staats- und volksfeindliche Partei“ (22. Juni 1933) lösten sich sämtliche Parteien selbst auf. Am 14. Juli 1933 folgte das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien. Bei den drei in der Zeit des Nationalsozialismus danach noch durchgeführten „Wahlen“ erreichte die NSDAP 92,2% (am 12. November 1933) bzw. 99% (am 29. März 1936 und 10. April 1938), siehe auch: Machtergreifung, Reichstag in der Zeit des Nationalsozialismus.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Liste der Mitglieder der Nationalversammlung
- Liste der Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik
- Reichstag (Zeit des Nationalsozialismus)
1871 | 1874 | 1877 | 1878 | 1881 | 1884 | 1887 | 1890 | 1893 | 1898 | 1903 | 1907 | 1912
Siehe auch: Weimarer Republik, Bundesrepublik
1919 | 1920 | 1924 (Mai) | 1924 (Dez.) | 1928 | 1930 | 1932 (Juli) | 1932 (Nov.) | 1933