Sauer-Orgel Apolda
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Die Orgel der Lutherkirche Apolda wurde 1894 von der Firma Wilhelm Sauer in Frankfurt (Oder) erbaut. Sie ist ein typisches Beispiel für den Orgelbau der deutschen Spätromantik.
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[Bearbeiten] Geschichte
Der Orgelbau wurde 1893 für die im Bau befindliche Kirche ausgeschrieben. Die Disposition gab der Weimarer Hoforganist Alexander Wilhelm Gottschalg vor. Neben Sauer bewarben sich u. a. Friedrich Ladegast und Eberhard Friedrich Walcker. Sauer, der bereits mit Johannes Otzen, dem Architekten der Kirche, zusammengearbeitet hatte, erhielt den Zuschlag. Otzen entwarf auch das Gehäuse. Optik und Klang waren perfekt auf die Kirche abgestimmt.
1933 veränderte die Firma Sauer (damals bereits von Walcker übernommen) Technik und Disposition.
Von 1957 bis 1959 nahm der Orgelbauer Gerhard Kirchner aus Weimar verschiedene weitere Veränderungen vor.
[Bearbeiten] Disposition
Originaldisposition | Veränderungen 1933 | Veränderungen 1959 | |
I. Manual C-f3 | |||
1 | Bordun 16' | Krummhorn 8' | |
2 | Prinzipal 16' | ||
3 | Gedackt 8' | ||
4 | Hohlflöte 8' | ||
5 | Viola di Gamba 8' | ||
6 | Prinzipal 8' | ||
7 | Flûte harmonique 4' | ||
8 | Oktave 4' | ||
9 | Quinte 22/3' | ||
10 | Oktave 2' | ||
11 | Mixtur 5fach 4' | Mixtur 5fach 51/3' | |
12 | Cornett 3-5fach | Terz 13/5' | |
13 | Trompete 8' | ||
II. Manual C-f3 | Schwellwerk | ||
14 | Lieblich Gedackt 16’ | ||
15 | Lieblich Gedackt 8' | ||
16 | Flauto traverso 8' | ||
17 | Salicional 8' | ||
18 | Prinzipal amabile 8' | Oktave 4' | |
19 | Rohrflöte 4' | ||
20 | Fugara 4' | Sesquialter 2f. | |
21 | Piccolo 2' | ||
22 | Progressio 4-5fach | ||
23 | Oboe 8' | ||
III. Manual Schwellwerk C-f3 | |||
24 | Harmonika 8' | ||
25 | Vox coelestis 8' | ||
26 | Zartgedackt 8' | ||
27 | Konzertflöte 8' | ||
28 | Geigenprinzipal 8' | ||
29 | Vox angelica 4' | ||
30 | Zartflöte 4' | ||
31 | Quinte 22/3' | Quinte 11/3' | |
32 | Blockflöte 2' | Oktave 2' | |
33 | Sifflöte 1' | Ital. Prinzipal 1' | |
34 | Cymbel 3fach | ||
35 | Trichterregal 8' | ||
36 | Terz 13/5' | ||
Pedal C-d1 | C-f1 | ||
37 | Untersatz 32' | ||
38 | Quinte 102/3' | Sanftbass 16' (aus 1) | Rauschpfeife 4fach (z. T. aus 12) |
39 | Prinzipalbass 16' | ||
40 | Violonbass 16' | ||
41 | Subbass 16' | ||
42 | Gedacktbass 8' | ||
43 | Violoncello 8' | ||
44 | Oktavbass 8' | ||
45 | Oktave 4' | ||
46 | Posaune 16' | ||
47 | Trompete 8' | ||
48 | Blockflöte 2' (Transmission von 32) |
Oktave 2' (Transmission von 32) |
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Spielhilfen | |||
Koppeln II/I, III/II | zusätzlich III/I | ||
Koppeln I/P, II/P | zusätzlich III/P | ||
Rollschweller | |||
cresc. ab | |||
feste Kombinationen: pp, p, mf, f |
zwei freie Kombinationen und Pleno |
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Tutti | |||
automatischer Pedalumschalt |
zwei freie Pedalkombinationen |
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Pedal-Tutti | |||
Zungenstimmen ab |
[Bearbeiten] Technische Details
- Die Orgel hat heute ca. 3000 Pfeifen bei 47 klingenden Registern.
- Es handelte sich ursprünglich um eine mechanische Kegellade mit pneumatisch angesteuerten Barkerhebeln.
- Für die zusätzlichen Register im Schwellwerk wurde 1933 eine zusätzliche pneumatischen Kegellade eingebaut, und die Ansteuerung aller Windladen wurde um zusätzliche Relaisbälgchen erweitert.
- Das Hauptwerk befindet sich auf zwei Etagen, die 16'- und 8'-Register stehen wie die anderen Werke hinter dem Prospekt im oberen Teil der Orgel, während die höheren Register sowie die Mixtur und das Cornett hinter der Gehäusewand im unteren Teil der Orgel stehen.
[Bearbeiten] Weitere Informationen
Typisch für die Orgel der deutschen Spätromantik ist die Häufung von 8'-Registern mit ihrem Aufbau Gedackt – Flöte – Streicher – Prinzipal auf jedem Manual. Diese Anordnung ist in Mensurierung und Lautstärke nach oben hin abnehmend, das Schwellwerk daher eher ein Echowerk.
Am heutigen Zustand dieser Orgel ist jedoch - wie bei vielen romantischen Orgeln - auch die Veränderung des Orgelideals im Laufe des 20. Jahrhunderts abzulesen:
1933 wurde die pneumatische Steuerung verstärkt, um mehr Spielhilfen und einrichten zu können und damit mehr Spielkomfort zu erreichen. Außerdem wurden zusätzliche Register eingebaut, um die dynamische Bandbreite des Schwellwerks zu vergrößern. Die Register des II. Manuals wurden auch in einen Schwellkasten gestellt, so dass durch Ankoppeln des III. Manuals ein noch stärker erweitertes Schwellwerk entsteht. Die zusätzlichen hochklingenden Register, die Schärfung der Hauptwerksmixtur, die beiden neuen kurzbecherigen Zungenstimmen sowie die gleichzeitige Schwächung des klanglichen Fundamentes durch den Wegfall der Quinte 102/3' im Pedal und des Bordun 16' im Hauptwerk zeigen die Tendenz zu einem neobarocken Klangbild.
Bei den letzten Umbauten in den 1950er Jahren wurden die zusätzlichen Register auf dem III. Manual erneut geschärft und der Prinzipal 8' auf dem II. Manual zur viel helleren Oktave 4' umgestellt. Das romantische Streichregister Fugara 4' wurde zugunsten eines Sesquialters aufgegeben. Dadurch wurde die neobarocke Tendenz der Umbauten der 1930er Jahre weiter verstärkt. Außerdem wurde der Pedalumfang bis f1 erweitert. Die Begründung war, dass man so auch die F-Dur-Toccata von Johann Sebastian Bach darauf spielen konnte. Außerdem wurde die Orgel höhergestimmt, da der Kammerton a1 zu Zeiten der Erbauung der Orgel noch bei 435 Hz lag.
Die zusätzlichen Windladen und die komplexe Spieltischtechnik verursachen jedoch bis heute Steuerungsprobleme, die Wartung der Orgel ist durch die Einbauten erheblich erschwert worden. Die hinzugefügten Register stechen andererseits klanglich deutlich vom romantisch-grundtönigen Registerfundus ab. Das Höherstimmen hat außerdem einige Pfeifen an die Intonationsgrenze gebracht. Daher wird sich bei einer Restaurierung des Instrumentes die Frage stellen, ob der gewachsene Zustand in eine technisch und klanglich akzeptable Form zu bringen ist oder ob der Ursprungszustand wiederherzustellen ist.
[Bearbeiten] Literatur
- Michael Schönfeld (Hrsg.): Die Lutherkirche in Apolda, Wartburg Verlag Weimar 1994 ISBN 3-86160-131-1