Sexuell verwahrlost
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Als sexuell verwahrlost wurden im Dritten Reich Mädchen und Frauen bezeichnet, denen zu viele (promiske) bzw. gesellschaftlich nicht akzeptierte sexuelle Kontakte vorgeworfen wurden. Das betraf somit einerseits Prostituierte und sexuell aktive Frauen, aber auch Opfer sexuellen Missbrauchs. Hierbei wurde die Täter-Opfer-Beziehung umgedreht, wie es besonders in patriarchalischen Gesellschaften oft vorkommt. Solchen Frauen wurden von den Nationalsozialisten, wie auch lesbische Frauen, in Konzentrationslager, wie das KZ Ravensbrück verschleppt und in vielen Fällen ermordet. Die Bezeichnung "sexuell verwahrlost" wurde nur für Mädchen und Frauen verwendet, nicht aber für Jungen bzw. Männer.
Wie das Buch "Schläge im Namen des Herrn" von Peter Wensierski beschreibt, wurde von geltenden gesellschaftlichen Normen abweichendes Verhalten, oder auch das Erleiden sexuellen Missbrauchs, auch in der BRD in den Jahren 1950 bis 1970 zum Anlass genommen, Mädchen in Erziehungsheime einzuweisen, wo sie zum Teil schwer misshandelt wurden. Noch rigider wurden Abweichungen von gesellschaftlichen Normen in den Heimen des Magdalenenordens in Irland sanktioniert, die bis in die 1990er Jahre bestanden (siehe englischen Eintrag zu Magdalen Asylum). Ein Artikel in der taz (Tageszeitung Berlin) lässt vermuten, dass der diskriminierende Begriff der "sexuellen Verwahrlosung" noch in der Bundesrepublik der 1980er Jahre verwendet wurde. Im Zuge der Verwirklichung der sexuellen Selbstbestimmung von Frauen verschwanden derartige Sanktionen seit den 1970er Jahren.
Als im Feburar 2007 Junge Liberale aus Niedersachsen die Freigabe von Pornographie ab 16 forderten, wurde von diversen Kommentatoren aus Politik und Jugendhilfe, von Arbeiterwohlfahr über SPD und CDU/CSU, behauptet, dies würde einer weiteren "sexuellen Verwahrlosung" Jugendlicher Vorschub leisten.