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Sezessionskrieg in Südsudan

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Bundesstaaten Südsudans
Bundesstaaten Südsudans

Der Sezessionskrieg in Südsudan war der bewaffnete Kampf um die Autonomie bzw. Unabhängigkeit der sudanesischen Region Südsudan. Er dauerte von 1955 bis 1972 und noch einmal von 1983 bis 2005. Gründe für den Konflikt waren die historischen Beziehungen Süd- und Nordsudans, wirtschaftliche Interessen an den natürlichen Ressourcen des Südens, ethnische und religiöse Disparitäten und die mangelnde politische Teilhabe Südsudans sowohl in der eigenen Region als auch im Gesamtstaat.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Vorgeschichte

Die Bevölkerung Nordsudans ist zum Teil arabisch, islamisch und hellhäutiger, während die Bevölkerung des Südens hauptsächlich christlich-animistisch ist und aus schwarzafrikanischen Völkern wie den Nuba, Dinka, Nuer etc. besteht. Manche hellhäutigere Nordsudanesen betrachten sich als „überlegene Rasse“ gegenüber den dunkelhäutigen Südsudanesen[1].

Auf der Dschuba-Konferenz 1947 beschlossen Vertreter Nordsudans und der Kolonialmacht Großbritannien, dass Nordsudan bei der zukünftigen Unabhängigkeit Sudans auch die Provinzen Südsudans zum Staatsgebiet erhalten solle. Südsudan war bisher von Großbritannien getrennt vom Nordsudan verwaltet worden, mit Englisch statt Arabisch als Amtssprache. Als Ursache für diesen Kurswechsel in der Politik Großbritanniens werden die gleichzeitigen Rebellenaktivitäten in Uganda und Kenia vermutet, die sich in den Augen der Briten Südsudans hätten bemächtigen können. Auch ein Abfall zum kommunistischen Lager wurde befürchtet. Die Südsudanesen waren an dieser Entscheidung nicht beteiligt.

Aufgrund dieser Vereinbarung baute Nordsudan Verwaltung und Militär in Südsudan aus, was zu Konflikten mit den dortigen Volksstämmen führte, die nun noch weniger an der Machtausübung in Südsudan beteiligt waren. Auch eine Beteiligung an der Verwaltung und Regierung des Gesamtgebildes Sudan war Südsudanesen weitgehend verwehrt. Als Sudan 1956 die Unabhängigkeit erlangte, brach dieser Konflikt großflächig aus und es kam zum Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südsudan.

[Bearbeiten] Der Konflikt

[Bearbeiten] Erster Bürgerkrieg

Am 18. August 1955 – und damit noch vor der Unabhängigkeit Sudans vom anglo-ägyptischen Kondominium am 1. Januar 1956 – begann mit einem Aufstand von Soldaten in der Stadt Torit der bewaffnete Widerstand des Südens gegen die Diskriminierung und Bevormundung durch den Norden. Die Aufständischen organisierten sich mit der Rebellengruppe Anya-Nya. Ihr Ziel war zuerst die Autonomie Südsudans, bald jedoch die Unabhängigkeit. 1972 kam es zu einem vorübergehenden Waffenstillstand. Der Norden gewährte Autonomie und beendete so den Konflikt, welcher ca. 500.000 bis 700.000 Todesopfer gefordert hatte[2], für elf Jahre.

[Bearbeiten] Zweiter Bürgerkrieg

Anfang der 1980er kam es erneut zu Auseinandersetzungen, als der Norden schrittweise in die Autonomie eingriff. So wurde 1980 verfassungswidrig das Regionalparlament Südsudans aufgelöst. Weiter wurden reiche Erdölvorkommen im Süden entdeckt, über die der Norden unbedingt die Kontrolle haben wollte. Als schließlich Staatspräsident Dschafar Muhammad an-Numairi an die Macht kam, eskalierte der Konflikt erneut. Numairi ordnete den Bau eines riesigen Bewässerungsprojektes (Jonglei-Kanal) an, durch das der wasserarme Norden vom wasserreichen Süden versorgt werden sollte. Gleichzeitig kam es unter Numeiri zu einer verschärften Arabisierung und Islamisierung, unter anderem vorangetrieben durch die Muslimbruderschaft. So ließ Präsident Numairi im September 1983 für den gesamten Sudan das islamische Recht (Scharia) einführen. Um die Kontrolle über die Ölvorkommen zu erlangen, ließ er den Süden in drei Provinzen einteilen. Die Provinz mit den Ölvorkommen unterstellte er direkt seiner Regierung in Khartum.

John Garang, Anführer der SPLA/M
John Garang, Anführer der SPLA/M

Daraufhin gründete der Süden im selben Jahr die SPLM (Sudanese People Liberation Movement) mit ihrem bewaffneten Arm, der SPLA (Sudanese People Liberation Army), geleitet von Colonel John Garang. Bis 1991 schaffte es die SPLA, beinahe den gesamten Südsudan zu kontrollieren. 1992 startete die Regierung in Khartum allerdings eine Gegenoffensive und konnte die Rebellen wieder zurückdrängen. Durch die Misserfolge kam es auch zur Abspaltung einzelner Gruppen von der SPLA. Zeitweise forderten Schießereien unter den Rebellen sogar mehr Todesopfer als der Kampf gegen den Norden, und Ende 1993 kontrollierte die Regierung wieder fast alle größeren Städte des Südens.

Eine erneute Wende nahm der Konflikt, als sich die SPLA im Juni 1995 mit der NDA (National Democratic Alliance) verbündete. Die NDA war ein Bündnis verschiedener Oppositionsgruppen des Nordens. Die NDA bestand zwar aus einzelnen Gruppen mit höchst unterschiedlichen Interessen, hatte jedoch als gemeinsames Ziel die Beseitigung der islamischen Diktatur in Khartum unter Omar Hassan Ahmad al-Bashir, der mittlerweile sudanesischer Regierungschef geworden war. Bis 1996 errang die Allianz bedeutende Gebietsgewinne.

Im Jahr 1999 gab die Regierung erstmals dem Druck nach und beschloss die Wiedereinführung eines Mehrparteiensystems. Daraufhin verließ im Jahr 2000 die erste Oppositionsgruppe die NDA und wechselte ins Regierungslager. Seit der Einführung des Mehrparteiensystems verlor die NDA mehr und mehr an Macht. Sie ist mittlerweile bedeutungslos.

Nach Abschluss des Bürgenstock-Abkommens im Januar 2002, das den Bürgerkrieg in den Nuba-Bergen beendete, stimmte die Regierung unter Druck der USA schließlich Friedensgesprächen mit der SPLA zu. Von 2003 bis 2004 trafen sich immer wieder Vertreter der Regierung und der SPLA in Nairobi zu Verhandlungen.

Im Januar 2005 wurde schließlich ein Durchbruch erzielt. Nach 22 Jahren Bürgerkrieg zwischen dem überwiegend animistisch-christlichen Süden und dem muslimischen Norden wurde ein Friedensabkommen unterzeichnet.

[Bearbeiten] Das Friedensabkommen

In dem 2005 zwischen der Regierung und der SPLA geschloßenen Friedensabkommen einigte man sich auf die Schaffung einer autonomen Region Südsudan, die von der SPLM weitgehend selbständig verwaltet werden soll. Die Scharia wurde im Süden außer Kraft gesetzt und soll im Norden nur noch für Muslime Anwendung finden. Des Weiteren wurde für den gesamten Sudan die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit festgelegt, an der die Regierungspartei National Congress (NCP) und die SPLM gleichberechtigt beteiligt sein sollen. Der Führer der SPLM übernimmt dabei das Amt des Vizepräsidenten. Für 2011 ist eine Abstimmung über die Unabhängigkeit Südsudans vorgesehen. Die Einnahmen aus den Ölvorkommen in Südsudan sollen zu gleichen Teilen dem Süden und dem Norden zukommen. Die United Nations Mission In Sudan UNMIS überwacht die Einhaltung des Friedens. Internationale Beobachter geben dem Abkommen gute Chancen.

Der Konflikt in der westlichen Provinz Darfur ist von dem Friedensschluss jedoch nicht betroffen.

[Bearbeiten] Ergebnisse und Folgen

Als Folge der Auseinandersetzungen litt die Zivilbevölkerung unter Hungersnöten, der Verschleppung von Zivilisten als Sklaven nach Nordsudan, Vertreibung und Zerstörung der Lebensgrundlagen.

Zerstörtes Gebäude in Nasir, Südsudan
Zerstörtes Gebäude in Nasir, Südsudan

Insgesamt wird die Zahl der Todesopfer durch den Bürgerkrieg in Südsudan auf mehr als zwei Millionen geschätzt, die meisten davon südsudanesische Zivilisten. Vier Millionen Südsudanesen wurden vertrieben und kehren nun allmählich wieder zurück. Die Versorgung der Rückkehrer stellt ein Problem dar, da die Landwirtschaft Südsudans ebenfalls durch den Krieg stark beeinträchtigt wurde und die Nahrungsmittelreserven gering sind. Die ohnehin spärliche Infrastruktur des Südens wurde weitgehend zerstört.

In einigen Regionen Südsudans kommt es noch zu lokal begrenzten Konflikten zwischen Volksgruppen, meist um Angelegenheiten wie Viehdiebstahl. Noch nicht vollständig geklärt ist der zukünftige Status des Abyei-Distrikts und der Nuba-Berge. Diese Gebiete liegen geografisch in Nordsudan, fühlen sich jedoch ethnisch und kulturell Südsudan zugehörig und waren ebenfalls am Sezessionskrieg beteiligt.

Ein weiterer Effekt besteht darin, dass Südsudan letztlich mit seinem gewaltsamen Bestreben nach Autonomie Erfolg hatte und dadurch andere Regionen Sudans, welche sich ebenfalls von Khartum marginalisiert fühlen, zu einem verstärkten und bewaffneten Widerstand ermutigt werden. So hat das Ende des Sezessionskrieges in Südsudan indirekt zu einer Verschärfung des Konfliktes in Ostsudan und vor allem des Darfur-Konfliktes beigetragen.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Quellen

  1. Quelle fehlt dafür
  2. http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/Ipw/Akuf/kriege/040_sudan.htm

[Bearbeiten] Weblinks

Andere Sprachen
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