Shylock
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Shylock ist eine Hauptfigur in dem Schauspiel "Der Kaufmann von Venedig" von William Shakespeare (1564–1616). Das Stück entstand um 1596 in London, die erste bekannte Aufführung kam 1605 auf die Bühne. Es spielt in Shakespeares Gegenwart, als die Juden bereits aus England vertrieben waren.
Die Handlung stellt venezianische Aristokraten dem Geldjuden Shylock gegenüber. Der christliche Handelsherr Antonio leiht sich vom Juden viel Geld für eine Hochzeit. Der bedingt sich im Pfandschein für den gewaltigen Betrag ein Pfund Fleisch aus des Herzogs Körper aus, wenn dessen Pfand, eine wertvolle Schiffsladung, ausbleibt. Als dieser Fall anscheinend eintritt, kommt es zu einem inszenierten Prozess, in dessen Verlauf Shylock gnadenlos auf seinem Recht besteht. Da jedoch eine rechtliche Lücke im Vertrag geschickt ausgenutzt wird, wendet sich Shylocks Schicksal. Der Pfandschein verliert kein Wort über einen Tropfen Blut Antonios. Shylock ist also gezwungen, will er seinen Pfand einfordern, keinen Tropfen Blut zu vergießen. Der Unmöglichkeit dieser Situation ausgesetzt verliert er den Prozess und sein Rechtsanspruch wird ihm als Mordversuch angelastet. Sein gesamter Besitz fällt an den Staat, seine Tochter an Entführer und er muss zum Christentum übertreten, um sein Leben zu retten.
Das drastische Tauschangebot Geld gegen Fleisch ist in eine leichtfertige Verwechslungskomödie eingebettet. Die Tragödie des Juden ist für die christliche Hofgesellschaft nur ein Spaß.
Die Motive stammen aus älteren Vorlagen – u. a. Christopher Marlowes Der Jude von Malta– und spiegeln den Gegensatz von Christen und Juden in der frühneuzeitlichen städtischen Ständegesellschaft. Shakespeares Judenbild ist wesentlich differenzierter als das seiner Vorlagen. Das Stück gilt nicht nur als herausragende Komödie, sondern auch als Dokument für die beginnende Geldwirtschaft, den Umgang des Hofes mit Kapital und die Rechtsunsicherheit der jüdischen Geldverleiher. Shylock ist keine bösartige, sondern eine tragisch-komische Gestalt, der in der Rezeption antisemitische Züge unterstellt wurden.
[Bearbeiten] Die Handlung
Antonio, ein venezianischer Kaufmann von königlicher Abstammung, verdient seinen ganzen Reichtum mit Handelsschiffen, die auf den Weltmeeren unterwegs sind. Für eine Mitgift seines Freundes Bassanio nimmt er bei Shylock einen Kredit von 3000 Dukaten auf. Shylock, von tiefem Hass gegen alle Christen erfüllt, sieht die Chance, sich an seinem Erzfeind zu rächen. Er lässt sich einen Schuldschein unterschreiben, der es ihm erlaubt, ein Pfund Fleisch aus Antonios Körper zu schneiden, falls dieser den Kredit nicht fristgerecht binnen drei Monaten zurückzahlt.
In Belmont, dem Landsitz der schönen Portia, werben zwei Prinzen um ihre Gunst; sie fallen aber durch ihren Test, mit dem sie ihre wahre Liebe prüft. Bassanio dagegen gewinnt ihre Hand. Als er erfährt, dass Antonios Schiffe gesunken und dieser allen Reichtum verloren hat, macht er sich sofort auf, ihm beizustehen. Doch Shylock, dessen Tochter mit dem jungen Venezianer Lorenzo durchgebrannt ist, besteht auf seinem Schuldschein. Niemand kann ihn zur Milde bewegen, selbst der Doge von Venedig und das doppelte Rückzahlungsangebot von Bassanio nicht.
Portia und eine Freundin verkleiden sich als Männer und Überbringer eines Rechtsgutachtens. Portia übernimmt die weitere Verhandlungsführung vor Gericht und schlägt den auf sein Recht pochenden Kläger mit seinen eigenen Waffen: Falls er nur einen Tropfen Blut von Antonio vergieße bei dem Versuch, ihm das Pfund Fleisch aus dem Körper zu schneiden, sei sein gesamter Besitz nach dem Gesetz Venedigs dem Staat verfallen. Dieser verfüge dann auch über sein Leben, weil er einem Bürger der Stadt nach dem Leben getrachtet habe.
Gebrochen stimmt Shylock allem zu, was man von ihm verlangt, überschreibt seinen Besitz zur Hälfte der Stadt, zur anderen Hälfte seiner entlaufenen Tochter und bekennt sich zum Christentum. In der heiteren Schlussszene feiern die drei vereinten Liebespaare mit Antonio in ihrer Mitte, ohne den Namen Shylocks nochmals zu erwähnen.
[Bearbeiten] Literatur
- Stephen Greenblatt: Gelächter am Schafott: In: Grennblatt: Will in der Welt. Wie Shakespeare zu Shakespeare wurde. Berlin, 2004
[Bearbeiten] Weblinks
- Klassikliteratur als E-Book: deutscher Text (dramatischer Höhepunkt: S. 25–27)
- Textanalyse der antisemitischen Motivik in Shakespeares Stück (englisch)
- Fritz Kortner spielt Shylock: 16-min-Szene
- Ist Shylock ein Jude?
- Textfassung der English Library, Deutsche Übersetzung von August Wilhelm von Schlegel