Streit um den Victoriaaltar
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Ein Victoriaaltar ist ein der römischen Göttin Victoria gewidmeter Altar, der als Ort von religiösen Kulthandlungen diente.
Ein bedeutender Victoriaaltar befand sich im römischen Senatsgebäude. Dieser wurde dort gegen Ende des vierten Jahrhunderts nach einem jahrelangen, erbittert geführtem Streit zwischen Heiden und Christen, dem Streit um den Victoriaaltar, entfernt, zunächst vom römischen Kaiser Constantius II. im Jahre 357 – dessen Entscheidung wurde aber von Julian Apostata rückgängig gemacht – sowie von Gratian, der auch die finanziellen Zuwendungen an die Heiden strich, weshalb der Konflikt, der sich um die von den Heiden gewünschte Rückkehr der Statue in den Senat drehte, im Winter 382/383 wieder ausbrach. Gratian wies jedoch alle Bittgesuche von heidnischen Senatoren zurück. Seine Entscheidung wurde 384 auch von Valentinian II. bestätigt, unter dem der Konflikt auch seinen (wenigstens äußerlichen) Abschluss fand.
Die Protagonisten in diesem Streit waren der aus der angesehenen Familie der Symmachi stammende Symmachus (in seiner dritten relatio, nachdem eine vorherige Petition heidnischer Senatoren abgeschlagen worden war) und Ambrosius, der damalige Bischof von Mailand und ein enger Vertrauter Kaiser Valentinians II., der gegen die Bitte des Symmachus in drei Briefen energisch und geschickt argumentierte. Die Argumentation beider blieb recht sachlich, zumal Ambrosius ebenfalls aus keiner unbedeutenden Familie stammte; als Gegensatz zu diesem friedfertig ausgetragenen Konflikt sei etwa auf die blutigen Zusammenstöße zwischen Heiden und Christen in Alexandria im Jahr 391 hingewiesen.
Symmachus erinnerte an die ruhmreiche Vergangenheit Roms und erklärte Valentinian, dass Heiden und Christen letztlich das Gleiche verehren würden, wie sie auch die gleichen Sterne betrachten. Was würde es da schon ausmachen, auf welche Weise jeder Einzelne zur Wahrheit finden würde; denn ein Weg alleine führe ohnehin nicht dorthin (Symmachus, rel. 3,9f.). Ambrosius trat dem scharf entgegen: Der Kaiser diene dem heiligen Gott und dem Glauben. Für den Einzelnen gibt es nur das Heil, wenn er auch dem wahren (christlichen) Glauben anhängen würde, denn die heidnischen Götter seien Dämonen, wie es schon die Bibel berichte (Ambrosius, epist. 17). Ambrosius entkräftete das Argument von der ruhmreichen Vergangenheit Roms damit, dass auch schon früher Kaiser Niederlagen gegen fremde Völker erlitten hatten; bei manchen Kaisern seien gar Regierungsantritt und das Ende fast zusammengefallen und ein Kaiser war sogar in Gefangenschaft geraten (Valerian, der auch eine Christenverfolgung initiiert hatte) – waren diese Kaiser etwa Christen gewesen oder hätte ihnen ihr heidnischer Glaube etwas genutzt? Ebenso waren die Barbaren schon früher in das Reich eingedrungen (Ambrosius, epist. 18).
Ambrosius, der privat durchaus freundlichen Umgang mit Heiden pflegte, kannte im Grundsatz kein Nachgeben und blieb schließlich siegreich. Die endgültige Entfernung bedeutete eine wirkungsmächtige symbolische Niederlage für das Heidentum und wies bereits auf dessen politische Entmachtung hin.
[Bearbeiten] Literatur
- Herbert Bloch: The Pagan Revival in the West at the End of the Fourth Century. In: Arnaldo Momigliano (Hrsg.), The Conflict Between Paganism and Christianity in the Fourth Century. Oxford 1963, S. 193–218.
- Richard Klein: Der Streit um den Victoriaaltar. Die dritte Relatio des Symmachus und die Briefe 17, 18 und 57 des Bischofs Ambrosius von Mailand. Einführung, Text und Erläuterungen (Texte zur Forschung 7). Darmstadt 1972.
- Friedrich Prinz: Von Konstantin zu Karl dem Großen. Entfaltung und Wandel Europas. Düsseldorf und Zürich 2000, S. 323ff.
- Klaus Rosen: Fides contra dissimulationem. Ambrosius und Symmachus im Kampf um den Victoriaaltar. In: Jahrbuch für Antike und Christentum 37 (1994), S. 29–36.