Sturmgeschütz
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Sturmgeschütze sind mit Geschützen bestückte Vollketten-Panzerfahrzeuge und wurden in den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts in Deutschland als Infanterie-Unterstützungswaffe entwickelt und später im Rahmen des Zweiten Weltkrieges eingesetzt. Ihr Hauptunterscheidungsmerkmal gegenüber einem klassischen Kampfpanzer besteht darin, dass Sturmgeschütze über keinen Drehturm verfügen.
[Bearbeiten] Schöpfer
Als Vater der Sturmgeschütze gilt General Erich von Manstein, der 1935, in seiner damaligen Funktion als Chef der Operationsabteilung des Generalstabs des Heeres, eine moderne und geländegängige Unterstützungswaffe (so genannte Sturm-Artillerie) für die eigenen Infanterieverbände forderte.
Ausgangspunkt seiner diesbezüglichen Anforderung waren die Kriegserfahrungen des Jahres 1918, die gezeigt hatten, dass reine Infanterieverbände selbst unter optimalen Bedingungen keinen wirklichen Durchbruch durch die feindlichen Linien erzwingen konnten. Grund hierfür waren die nur schwer auszumachenden gegnerischen MG-Stellungen, die selbst bei massivstem Unterstützungsfeuer der eigenen Artillerie niemals zur Gänze ausgeschaltet werden konnten und immense Verluste unter den Angreifern verursachten.
[Bearbeiten] Anfängliche Hauptaufgabe
Die Anforderungen an die neue Waffe "Sturm-Artillerie" ergaben sich dementsprechend aus dem Wunsch, in einem zukünftigen Krieg ein erneutes Ausbleiben des Durchbrucherfolgs zu verhindern. Hauptaufgabe der Sturmgeschütze sollte das Niederkämpfen feindlicher Infanteriestellungen sein. Eine Aufgabenstellung, die es mit sich brachte, dass die aus der Entfernung nur schwer wahrzunehmenden Stellungen (z. B. einzelne MG-Nester) zwangsläufig aus nächster Nähe bekämpft werden mussten.
[Bearbeiten] Konstruktionsanforderungen
Nachdem den Planern bewusst war, worin die Hauptaufgabe der Sturmgeschütze bestehen sollte, ergaben sich folgende zwingenden Konstruktionsanforderungen:
- ausreichend gepanzert, um feindlichen Infanteriebeschuss standhalten zu können.
- ausreichend geländegängig
- Hauptwaffe mit großer Wirkung gegenüber weichen Zielen
- Niedrige Silhouette, die einen aufrecht vorgehenden eigenen Infanteristen nicht wesentlich überragen sollte.
[Bearbeiten] Ergebnis der Konstruktionsanforderungen
Die Konsequenz dieser Anforderungen war ein gepanzertes Vollketten-Fahrzeug, das mit einem kurzen 7,5 cm Infanteriegeschütz bestückt war und eine Höhe von "nur" 1,96 m aufwies (zum Vergleich: ein Panzer III Ausführung B/C hatte eine Höhe von 2,45 m). Auf den Einbau eines um 360 Grad drehbaren Turms wurde verzichtet; ebenso war keine Sekundärwaffe (z.B. ein MG) vorgesehen. Die Wahl eines kurzläufigen Infanteriegeschützes sollte sich, aufgrund der damit verbundenen geringen Durchschlagsleistung gegen gepanzerte Ziele, in den Folgejahren als Nachteil erweisen.
[Bearbeiten] Einsatzdoktrin
Als Einsatzdoktrin war vorgesehen, dass die Sturmgeschütze gemeinsam mit der eigenen Infanterie gegen die feindlichen Stellungen vorrücken. Die Sturmgeschütze sollten dabei auf gleicher Höhe bzw. minimal hinter den eigenen Infanteristen vorgehen und erkannte Widerstandsnester im direkten Beschuss ausschalten. Ein Vorpreschen der Sturmgeschütze war ebensowenig vorgesehen wie ein Wirken aus der Tiefe des Kampfraums (Distanzschuss). Der Erfolg wurde einzig und allein in der kombinierten Angriffsweise von Infanterie und Sturmgeschützen gesehen. Da ein drehbarer Turm fehlte, war es im Kampfeinsatz zwingend notwendig, zunächst das ganze Fahrzeug grob auf das zu bekämpfende Ziel auszurichten und anschließend mittels Handkurbeln die Feinjustierung der Hauptwaffe vorzunehmen.
[Bearbeiten] Anfängliche Zuteilung
Nachdem die Hauptaufgabe der Sturmgeschütze darin bestand, die eigenen Infanterieverbände bei Angriffsoperationen zu unterstützten, war anfangs eine nennenswerte Zuteilung von Sturmgeschützen auch auf die Panzerdivisionen nicht vorgesehen.
[Bearbeiten] Zuordnung zur Artillerie
Sturmgeschütze bekämpften die feindlichen Stellungen in direktem Feuer auf kurze bis kürzeste Entfernungen, was eher untypisch für Artillerieeinheiten ist. Trotzdem wurden die Sturmgeschütze der Waffengattung "Artillerie" zugeordnet.
[Bearbeiten] Aufgabenverlagerung und Weiterentwicklungen
Im Laufe des Krieges verlagerte sich der Einsatzschwerpunkt von der offensiven Unterstützungswaffe der Infanterie hin zur Panzerjagd, was eine Abänderung der Hauptbewaffnung notwendig machte. Die Entwicklung der deutschen Sturmgeschütze im Zeitraum 1941 bis 1945 war dadurch gekennzeichnet, dass man bestrebt war, die Durchschlagsleistung der Hauptwaffe zu erhöhen. Zusätzlich versuchte man durch eine dickere Panzerung, aber auch mittels Optimierung der Form (Saukopfblende) die Beschussempfindlichkeit herabzusetzen. Die dergestalt überarbeiteten Sturmgeschütze, die de facto zum reinen Panzerjäger mutiert waren, wurden dann – entgegen der ursprünglichen Absicht – auch den deutschen Panzerdivisionen zugeteilt.
[Bearbeiten] Fazit aus deutscher Sicht
Sturmgeschütze spielten in der deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges in ihrer Funktion als Panzerjäger eine wichtige Rolle. Trotzdem wurde die Bezeichnung niemals auf den naheliegenderen Begriff "Panzerjäger" oder "Jagdpanzer" abgeändert und die Sturmgeschütze waren bis zuletzt der Waffengattung "Artillerie" zugeordnet.
[Bearbeiten] Vorteile von Sturmgeschützen
Kleine Silhouette, wodurch das Fahrzeug einfacher zu tarnen und schlechter zu treffen war.
Niedrigerer Herstellungspreis als bei einem Kampfpanzer, da auf einen teuren drehbaren Turm verzichtet wurde und stattdessen ein einfacher kastenförmiger Aufbau Verwendung fand. So konnte das Fahrzeug schneller und mit geringerem Rohstoffverbrauch gebaut werden, z.B. beim Sturmgeschütz III ca. halber Preis des Kampfpanzers III. Weitgehende Standardisierung der Motoren- und Fahrwerkskomponenten mit dem Panzer III, dadurch vereinfachte Wartung und Ersatzteilversorgung.
Das Fahrzeug war bei gleicher Panzerung und Bewaffnung leichter und damit geländegängiger als der Kampfpanzer, bzw. konnte schwerer gepanzert und bewaffnet werden, ohne das Fahrwerk zu überlasten.
[Bearbeiten] Nachteile von Sturmgeschützen
Aufgrund des nicht drehbaren Turms waren Sturmgeschütze im Häuserkampf deutlich benachteiligt. Sie konnten in den teilweise engen Strassen keine Ausrichtung (Drehung) ausführen. Das fehlen einer Sekundärbewaffnung (Maschinengewehr) machte das Sturmgeschütz zusätzlich angreifbar durch feindliche Infanterieeinheiten.
Ein Überschießen der (aufrecht vorgehenden) eigenen Infanterie war aufgrund der relativ niedrigen eigenen Fahrzeughöhe schwierig.
Wurde bei einem Sturmgeschütz eine Laufkette zerstört blieb es noch zu 95% kampffähig, da das drehen um die Längsachse (und somit die Ausrichtung des Geschützes) noch möglich war, lediglich die Marschfähigkeit (das Vorrücken mit der eigenen Infanterie) wurde zu 100% unterbunden. Kampfunfähig wurde ein Sturmgeschütz nur bei der Zerstörung beider Laufketten wodurch das Geschütz ein leichtes Ziel für Seiten- bzw. Heckangriffe wurde.
[Bearbeiten] Andere Nationen
Die Sowjetunion hatte bereits 1939 mit dem Konzept des Sturmgeschützes experimentiert und schon im sowjetisch-finnischen Winterkrieg einen Prototypen, der allerdings als Marine-Selbstfahrlafette (SU-100Y) bezeichnet wurde, eingesetzt. Bedingt durch die Kriegserfahrungen nach der deutschen Invasion 1941 wurden dann ab 1942 in größerem Umfang Sturmgeschütze (SU-122) und Jagdpanzer (SU-85, SU-100) hergestellt.
[Bearbeiten] Verwandte Waffensysteme
Die Begriffe Sturmgeschütze, Panzerjäger, Jagdpanzer, Sturmhaubitze und Kampfpanzer werden, besonders von Laien, oftmals synonym verwandt. Gemeinsam ist allen genannten Waffensystemen, dass es sich um gepanzerte Vollketten-Fahrzeuge handelt. Die Unterschiede bestehen hauptsächlich in der Konstruktion des Turms sowie im Haupteinsatzzweck des Fahrzeugs. Die Sturmgeschütze, welche vor allem bei der deutschen Wehrmacht spätestens ab 1942 immer mehr in Richtung Panzervernichtung weiterentwickelt wurden, können somit am ehesten mit Panzerjägern bzw. Jagdpanzern gleichgesetzt werden. Wie sehr sich das ursprüngliche Konzept des Sturmgeschützes gewandelt hatte, lässt sich auch daran ersehen, dass man deutscherseits mit der Konstruktion der Sturmhaubitze 42 versuchte, zum ursprünglichen Einsatzzweck zurückzukehren.
[Bearbeiten] Sonstiges
Das Sturmgeschütz III war auf deutscher Seite das am häufigsten hergestellte Vollketten-Panzerfahrzeug des ganzen Krieges.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Wolfgang Fleischer:
- Die deutschen Sturmgeschütze 1935-1945. Podzun-Pallas Verlag, ISBN 3-79090-588-7
- Waffen-Arsenal - Deutsche Sturmgeschütze im Einsatz. Band 176, Podzun-Pallas Verlag, ISBN 3-79090-659-X
- Walter Spielberger: Sturmgeschütze. Entwicklung und Fertigung der sPak. Motorbuch, ISBN 3-61302-688-0
- Franz Kurowski/ Gottfried Tornau: Sturmgeschütze - "Die Panzer der Infanterie". Flechsig, ISBN 3-88189-639-2