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Wanderheuschrecken

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Eine Wanderheuschrecke (Schistocerca gregaria)
Eine Wanderheuschrecke (Schistocerca gregaria)
Malerei in der Grabkammer des Horemhab (Ägypten, 15. Jh. v. Chr.)
Malerei in der Grabkammer des Horemhab (Ägypten, 15. Jh. v. Chr.)

Als Wanderheuschrecken bezeichnet man zehn Arten in der Familie der Feldheuschrecken (Acrididae), die bei Massenauftreten ganze Landstriche verwüsten können. Etwa sechzig afrikanische Staaten werden regelmäßig von der „biblischen“ Plage (vgl. Altes Testament Zweites Buch Mose, Kap. 10, Vers 14 und 15, Zehn Plagen) heimgesucht. Ein einziger Heuschreckenschwarm kann aus mehr als einer Milliarde Tiere bestehen, das entspricht einem Gewicht von 1.500.000 kg. Da diese Insekten ungefähr ihr eigenes Körpergewicht an pflanzlichem Material pro Tag vertilgen, ist der wirtschaftliche Schaden für die betroffenen Länder beträchtlich.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Vorkommen

Wanderheuschrecken kommen auf allen Kontinenten vor. Noch im 19. Jahrhundert brütete die Art Locusta migratoria am Unterlauf des Donaugebietes und in den Wolgasteppen. Mittlerweile sind sie in Europa selten geworden. In Afrika treten hingegen vier Arten von Wanderheuschrecken auf: die 'Afrikanische Wüstenheuschrecke' (Schistocerca gregaria), die 'Afrikanische Wanderheuschrecke' (Locusta migratoria), die 'Rote Heuschrecke' (Nomadacaris septemfasciata) sowie die 'Braune Heuschrecke' (Locustana pardalina). Die in Afrika häufigste und gefährlichste Art ist die Wüstenheuschrecke. Ihr Vorkommen reicht von Nordafrika und Südeuropa bis in die Steppen Kasachstans und nach Indien.

[Bearbeiten] Phasen / Formen

Wanderheuschrecken kommen in zwei Formen vor, und zwar als weitgehend ortstreue, einzeln lebende Tiere (solitäre Phase) und als umher ziehende Schwarmtiere (gregäre Phase). Die beiden Phasen unterscheiden sich sowohl im Verhalten und in der Färbung als auch morphologisch (z. B. Verhältnis Flügellänge zu Länge des Sprungbeins). Die morphologischen Unterschiede zwischen den solitär lebenden und den schwärmenden Heuschrecken ist so groß, dass sie bis in die 1920er-Jahre unterschiedlichen Arten zugeordnet wurden. Solitäre Heuschrecken haben im Gegensatz zu gregären eine größere Vermehrungsfähigkeit, leben unauffällig in meist abgelegenen Gebieten und sind nicht von wirtschaftlicher Bedeutung; gregäre dagegen halten sich in Gruppen auf, weisen ein charakteristisches Nachahmungsverhalten und eine synchrone Entwicklung auf und wandern schließlich aus ihren Rückzugsgebieten gemeinsam aus.

[Bearbeiten] Lebensweise am Beispiel der 'Afrikanischen Wüstenheuschrecke'

Im Gegensatz zu anderen Heuschreckenarten legen die Weibchen der 'Afrikanischen Wüstenheuschrecke' nicht einmal, sondern mehrmals im Jahr ihre Eier. Die Embryonalentwicklung dauert bei einer Temperatur von 36 °C etwa 20 Tage. Der Schlupf der Tiere erfolgt nur bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit, im allgemeinen also während oder nach einem Regen. Nach dem Schlupf durchlaufen die Heuschrecken fünf Larven- und Nymphenstadien (Nymphe (Zoologie)), von denen jedes durch eine Häutung der Tiere abgeschlossen wird. Während das erste Stadium (wurmförmige Larve) fünf Tage in Anspruch nimmt, dauern alle weiteren etwa sechs Tage. Nach der letzten Häutung benötigen die Heuschrecken noch etwa 16 bis 18 Tage zur Geschlechtsreife.

Die einzeln (solitär) lebenden Tiere sind an das trockene Klima von Halbwüsten angepasst. Begünstigen die ökologischen Bedingungen wie hohe Temperatur, lockere Bodenbeschaffenheit und Regen die Eientwicklung und übersteigt die Dichte - also die Individuenzahl pro Fläche - ein bestimmtes Maß, werden Nachkommen hervorgebracht, die sich von der Ausgangspopulation sowohl äußerlich als auch im Verhalten unterscheiden. Nach wenigen Generationen hat sich so die typische Wanderform gebildet (gregäre Phase), deren Individuen größer und dunkler sind und über größere Flügel verfügen. Bei der 'Afrikanischen Wüstenheuschrecke' liegt die Vorzugstemperatur für den Übergang von einer Phase zur anderen zwischen 20 und 30 °C. Massenwanderungen als Ausdruck höchster Aktivität finden nur zwischen 27 und 40 °C statt. Das Schwarmverhalten wird neuester Forschung zufolge ausgelöst, wenn die Tiere häufig Berührungsreize von Artgenossen an ihren Hinterfüßen empfangen, wenn sie also in dichter Menge umherlaufen. Die Umwandlung selbst von einer Phase zur anderen wird wahrscheinlich durch ein oder mehrere Gregarisierungpheromone gesteuert (Pheromone = Lockstoffe bei Insekten, die der chemischen Kommunikation dienen).

Bei Heuschrecken geht man aufgrund von Verhaltensversuchen von folgenden Pheromontypen aus:

  • Gregarisierungspheromone, die den Übergang von der solitären zur gregären Phase bewirken
  • Solitarisierungspheromone, die den Übergang von der gregären zur solitären Phase bewirken
  • Reifungspheromone, die die rasche Reifung der Tiere bewirken
  • von Männchen produzierte Pheromone, die die Eiablage stimulieren
  • Sexualpheromone
  • Aggregationspheromone, die das „Zusammenrotten“ der Heuschrecken unterstützen.

[Bearbeiten] Bekämpfung

Um das Anwachsen der Heuschreckenpopulationen zu unterbinden, setzt man Insektizide wie Organophosphate (z. B. Malathion), Carbamate (z. B. Bendiocarb) und synthetische Pyrethroide (z. B. Deltamethrin) ein, so dass die Zahl der Larven reduziert wird. Intensiv wird auch nach biologischen Heuschreckenbekämpfungsmitteln (wie Pheromonen) geforscht. Die Vorteile liegen auf der Hand: Pheromone lassen eine artspezifische Bekämpfung der Heuschrecken zu, schädigen nicht die natürlichen Feinde der Heuschrecken und führen allenfalls zu geringen Umweltbelastungen.


[Bearbeiten] Bilder

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Literatur

  • Martin Battran: Wanderheuschrecken - eine ständige Bedrohung Afrikas. Naturwissenschaftliche Rundschau 58(7), S. 357-362 (2005), ISSN 0028-1050
  • R. F. Chapman, A biology of locusts. The Institute of Biology's Studies in Biology no. 71, E. Arnold (Pub.), London 1976
  • V. M. Dirsh, Genus Schistocerca, Series Entomologica 10, Dr. W. Junk B. V. Publishers (1974)
  • H. Weidner: Die Wanderheuschrecken. Die Neue Brehm Bücherei, Heft 96, Akad. Verlagsgesellschaft Geest und Portig K.-G., Leipzig 1953
  • D. H. Whitman: Grasshopper Chemical Communication in "The biology of grasshoppers" (1990) Kap. 12, 357
Andere Sprachen
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