Weistum
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Bei den so genannten Weistümern handelt es sich um ländliche Rechtsquellen des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. Genauer: Seit dem 11. Jahrhundert überlieferte Aufzeichnungen von gewohnheitsrechtlichen Rechtssätzen des bäuerlichen Lebens.
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[Bearbeiten] Vorkommen
Es sind ca. 3000 Weistümer bekannt, die vor allem im Südwesten Deutschlands oder als Holtinge in Nordwestdeutschland vorkommen. In anderen Regionen Deutschlands heißen sie auch Dingrodel, in Österreich Taidinge und in der Schweiz Offnungen.
[Bearbeiten] Entstehung
In einer überwiegend schriftlosen ländlichen Rechtskultur des Mittelalters wurde Recht auf der Grundlage des mündlich tradierten Gewohnheitsrechts gesprochen. Im Rahmen der "Jahrgedinge" genannten Gerichtstermine in den ländlichen Gemeinden versammelten sich die bäuerlichen Gerichtsschöffen unter Vorsitz des Gerichtsherrn, um Recht zu sprechen. Die Rechtsgrundlage, auf der seitens der Schöffen Recht gesprochen wurde, musste zu diesem Zweck jeweils "geschöpft" oder "geweist" werden: aus dem überkommenen Recht. Zu diesem Zweck wurden den Schöffen hypothetische Fragen gestellt, wie sie in dem jeweiligen Rechtsfall entscheiden würden. Fragen und Antworten wurden seit dem 11. Jahrhundert zunehmend aufgeschrieben. Diese Aufzeichnungen stellen die Weistümer (auch: Holtinge, Dingrodel, (Bann-)Taidinge) dar. Über die Jahrhunderte hinweg wurde dem mündlich überlieferten Recht zunehmend weniger Glauben geschenkt. An die Stelle einer in vielerlei Hinsicht lebendigen, volksnahen Rechtstradition trat mehr und mehr die aus römischer Rechtstradition herrührende obrigkeitliche Rechtsetzung mit ihrer schriftlichen Fixierung.
Siehe auch: Markgenossenschaft
[Bearbeiten] Literatur
[Bearbeiten] 1. Quellen
- Hans J. Domsta: Die Weistümer der jülichschen Ämter Düren und Nörvenich und der Herrschaften Burgau und Gürzenich, Düsseldorf 1983
- Franz, Günther (Hrsg.): Quellen zur Geschichte des Bauernkrieges, München 1963.
- Grimm, Jacob (Hrsg.): Weisthümer, 6 Bde. und Registerband von Richard Schröder, Göttingen 1840-1878, Neudruck, Darmstadt 1957.
[Bearbeiten] 2. Forschungsliteratur
- Blickle, Peter (Hrsg.): Deutsche ländliche Rechtsquellen, Stuttgart 1977.
- Werkmüller, Dieter: Über Aufkommen und Verbreitung der Weistümer, Berlin 1972.