Aegis-Kampfsystem
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AEGIS (Airborne Early Warning Ground Environment Integration Segment) ist ein elektronisches Warn- und Feuerleitsystem auf Kriegsschiffen der US Navy.
Es wurde im Laufe der 1980er Jahre als Antwort auf die Bedrohung von Kriegsschiffen durch neue Waffensysteme (wie z. B. Exocet) und insbesondere gegen das Konzept der Flugkörper-Sättigungsangriffe des Warschauer Paktes eingeführt. Dieses bestand in der Methode, die Abwehrkapazitäten westlicher Kriegsschiffe durch gleichzeitigen Angriff mit zahlreichen luft- und seegestützten Flugkörpern zu überwältigen. Aegis (benannt nach dem schützenden Schild Aigis aus der Griechischen Mythologie) besteht aus einem via EDV vernetzten System von Sensoren, Datenbanken und Feuerleitsystemen.
Den Kern bildet ein Komplex aus SPY-1 phasengesteuerten Radargeräten, d. h. vier in 3, 6, 9 und 12 Uhr-Position ausgerichteten flachen Radarantennen, die eine kontinuierliche Überwachung des Luftraumes um das Aegis-Schiff ermöglichen. Das AN/SPY-1 Radar ist ein passiv phasengesteuertes System mit elektronischer Strahlschwenkung und agilem Strahl, das in Millisekunden von einem Ziel zum anderen wechselt. Die agilen Strahlen machen das SPY-1 zu einem Multifunktionsradar, das heißt, verschiedene Ziele werden gleichzeitig geortet, verfolgt und bekämpft, weil die Strahlen ihr Ziel kontinuierlich millisekundenschnell ändern. Der Zeitraum zwischen der ersten Ortung des Ziels und dem Start der Abfangrakete beträgt unter 15 Sekunden.
Die mittels Link 16 und Link 11 vernetzten Datenverarbeitungssysteme ermöglichen es, in Echtzeit tausende von Zielen zu verfolgen und die von ihnen ausgehende Bedrohung zu analysieren, der Schiffsführung auf dieser Grundlage Bedrohungsanalysen und Entscheidungsvorlagen zu liefern und/oder dutzende dieser Ziele nach Reihenfolge ihrer Priorität ggf. auch vollautomatisch mit der Hauptwaffe Standard Missile (SM) 2 zu bekämpfen. Dabei kann Aegis mittels Datenvernetzung nicht nur alle geeigneten Waffensysteme des eigenen Schiffes, sondern über C3 (Command-Control-Communication)-Vernetzung auch die anderer Schiffe des Verbandes einsetzen. Diese Fähigkeit wurde in jüngster Zeit unter der Bezeichnung co-operative engagement capability (CEC), speziell zur Abwehr ballistischer Flugkörper in die US Navy eingeführt. CEC wird im Rahmen der Network Centric Warfare-Doktrin eingeführt.
Die CEC ermöglicht es, dass jede Kampfeinheit über ein allumfassendes Bild der Lage verfügt, mittels der Fusion und Verarbeitung der Informationen von allen anderen Einheiten. Was eine Einheit der Gruppe sieht, ist unmittelbar auch für alle anderen sichtbar. Dadurch können Ziele viel schneller entdeckt und bekämpft werden.
Die Vernetzung verschiedener Plattformen (Schiffe, U-Boote, Flugzeuge, Satelliten) ermöglicht eine ungeheure Effizienzsteigerung der Operationen. Seeschlachten können somit schneller geführt und entschieden werden. Aegis ist in verschiedenen Varianten auf den amerikanischen Kreuzern der Ticonderoga-Klasse sowie den Zerstörern der Arleigh-Burke-Klasse installiert. Außerhalb der USA wird das System von japanischen Kongo-Klasse-Zerstörern und spanischen Alvaro-de-Bazán-Klasse-Zerstörern benutzt.
Aegis wurde der breiten Öffentlichkeit bekannt, als die USS Vincennes versehentlich einen ohne IFF-Kennung fliegenden iranischen Airbus automatisch abschoss, der vom System als F-14 Tomcat identifiziert wurde. Damit demonstrierte Aegis einerseits seine Effektivität, aber gleichzeitig auch die Fehlergefahr vollautomatischer Kampfführungssysteme, die jedoch aufgrund der immer kürzeren verbleibenden Reaktionszeiten auf mögliche Angriffe im Sekundenbereich im modernen maritimen Kampfgeschehen zunehmend alternativlos sind.